„Erfolg beginnt im Kopf“ – psychologische Talentförderung im Fußball

von Dipl. Psychologin Johanna Belz von der Deutschen Sporthochschule Köln

Im Jahre 2002 strukturierte der DFB sein Talentförderungsprogramm komplett um und bezog den Aspekt der psychologischen Förderung mit ein. Seit jener Zeit nennt der DFB den psychologischen Aspekt einen „Grundpfeiler“ der hauseigenen Talentförderung, mit dem Ziel „starke Spieler mit einer starken Persönlichkeit“ ausbilden zu wollen. Aber was genau bedeutet es, „starke“ Spieler im Fußball auszubilden?

Es ist kein Geheimnis, dass Fußballspieler eine gute Kondition haben, gut dribbeln und präzise schießen sollten. Der Einbezug von psychologischen Faktoren in den Prozess der Talentförderung hat im Fußball dagegen erst vor wenigen Jahren Aufmerksamkeit erfahren.

In der Wissenschaft ist schon seit langem anerkannt, dass psychologische Kernkompetenzen ebenso zum sportlichen Erfolg beitragen, wie körperliche Eigenschaften dies tun. Vor allem die sogenannte volitionale Fähigkeit wird als eine wichtige psychologische Kompetenz im Leistungssport begriffen. Volitionale Fähigkeiten zu besitzen bedeutet, dass Sportler in der Lage sind, sich und ihr Handeln selbst zu regulieren und trotz Widerständen und Schwierigkeiten ihre Handlungen aufrechthalten können, bis sie ihr Ziel erreicht haben. Diese Fähigkeit ist für jene Fußballer besonders wichtig, die auf hohem Wettkampfniveau konkurrieren, die den Anforderungen von intensiven Trainingsstunden und anstrengenden Reisen ausgesetzt sind und die mit kritischer Berichterstattung in den Medien umgehen müssen. Aus diesem Grund ist es im Rahmen der Talentförderung wichtig, ebendiese Willensstärke und mentale Widerstandsfähigkeit von jungen Spielern zu beobachten (beispielsweise mithilfe des Fragebogens „Volitionale Komponenten im Sport“ auf der Homepage des Bundesinstituts für Sportwissenschaften). Ist diese mentale Fähigkeit noch ausbaufähig, so sollten die jeweiligen Spieler und deren Trainer diese Kompetenz ebenso in den Trainingsprozess einbeziehen, wie Kondition, Technik und taktische Aspekte des Spiels. Willensstärke kann beispielsweise auf dem Fußballplatz trainiert werden, indem herausfordernde Spielsituationen, wie z.B. Unterzahlsituationen, das Aufarbeiten von Tor-Rückstanden, oder der Umgang mit sehr enger Manndeckung, trainiert werden. Darüber hinaus können Spieler oder Vereine auch professionelle Hilfe bei der Stärkung dieser oder anderer sportpsychologischer Kompetenzen in Anspruch nehmen: Mentaltalent, ein Projekt der Deutschen Sporthochschule Köln, bietet in diesem Zusammenhang beispielsweise Unterstützung in Form von Einzelbetreuung, Team-Workshops oder Vorträgen in Internaten und Nachwuchsleistungszentren an.

Junge Sportler sind heutzutage einer Vielzahl von Anforderungen aus unterschiedlichen Bereichen ausgesetzt, sei es seitens der Schule, des Vereins oder des Privatlebens. Aus diesem Grund ist die wahrgenommene soziale Unterstützung ein wichtiger Faktor im anspruchsvollen Leben junger Fußballer. Werden die Spieler von ihren Familien und Freunden unterstützt? Lassen sich die Schulaufgaben mit der Fußballkarriere vereinbaren und gibt es im Schulalltag und Privatleben eine Akzeptanz für die vollen Terminkalender der jungen Sportler? Diese von den Spielern wahrgenommene soziale Unterstützung ist eine wertvolle Ressource für eine erfolgreiche Karriere im Fußball und sollte von Trainern und Vereinen Aufmerksamkeit erfahren und bei Bedarf gestärkt werden, beispielsweise durch verstärktes Einbeziehen von – weitestgehend inaktiven – Eltern in die sportliche Karriere des Kindes.

Abschließend kann gesagt werden, dass mittlerweile viele Fußball-Verbände, -Vereine und Spieler die Überzeugungen des DFB bezüglich der Notwendigkeit psychologischer Talentförderung im Fußball teilen: egal wie talentiert ein Fußballspieler auch sein mag, ohne ein unterstützendes soziales Umfeld und die Förderung mentaler Kompetenzen wird der Sportler sein Leistungspotential nie vollständig ausschöpfen können.

Literatur
Elbe, A.-M., Szymanski, B., & Beckmann, J. (2005). The development of volition in young elite athletes. Psychology of Sport and Exercise, 6, 559-569.
Kleinert, J., Tomberg, D., & Steinbacher, A. (2006). Psychosoziale Aspekte der Talentförderung im Profifußball. Eine qualitative Analyse des Talentmodells Schalke 04. In K. Weber, D. Augustin, P. Mayer & K. Roth (Hrsg.), Wissenschaftlicher Transfer für die Sportpraxis der Sportspiele (S. 117-121). Köln: Sport und Buch Strauß.