Mit Ablenkungsmanövern den Druck von der Mannschaft nehmen

José Mourinho ist genauso erfolgreich wie umstritten. Aber es gibt eine Kategorie, in der Mourinho unumstritten weltweit die Nummer 1 ist: Kein anderer Trainer kann derart vehemente Ablenkungsmanöver initiieren, um den Druck von seinem Team zu nehmen. Grundsätzlich sind Ablenkungsmanöver aber nicht nur für José Mourinho ein gutes Stilmittel. Als Trainer sollten Sie einige Tricks kennen, mit denen Sie Ihre Mannschaft aus dem Fokus nehmen können. Ein Ablenkungsmanöver ist immer dann wichtig, wenn Sie das Gefühl haben, dass einige Spieler vor einem wichtigen Spiel nicht mit der Erwartungshaltung des Umfeldes umgehen können.

Hier ein paar Vorschläge für wirkungsvolle Ablenkungsmanöver:

1) Attackieren Sie öffentlich Ihren Gegner auf eine derart unfaire Weise, dass selbst der schläfrigste Lokaljournalist einen Adrenalinschub bekommt!
2) Zetteln Sie einen Krach mit dem gegnerischen Trainer an, beispielsweise in dem Sie seine Kompetenz mit süffisanten Worten anzweifeln!
3) Attackieren Sie öffentlich die Medien!
4) Attackieren Sie öffentlich den Verband! („Unverantwortliche Spielansetzung“)
5) Attackieren Sie die Vereinsstadt („Keine Unterstützung“, „Viel zu hohe Kosten etc.“)

Bei einem Ablenkungsmanöver geht es in erster Linie darum, dass Sie die gesamte Aufmerksamkeit des Umfeldes auf sich lenken. Das setzt natürlich voraus, dass Sie auch dazu in der Lage sind, die den dadurch entstehenden Druck auszuhalten. Als Trainer haben Sie aber wahrscheinlich deutlich mehr Lebenserfahrung als Ihre Spieler, so dass Sie vermutlich ohne übermäßigen Stress eine Woche unter Beobachtung durchstehen. Viel länger dauert ein Ablenkungsmanöver gewöhnlich nicht, denn der Abstand zwischen zwei Spielen ist nun einmal im Regelfall genau einer Woche. Sie sollten auch nicht zu früh mit dem Ablenkungsmanöver beginnen, damit die Wirkung nicht verpufft, bevor die heiße Phase der Vorbereitung beginnt.

Mit einem Ablenkungsmanöver die Köpfe der Spieler frei machen

Wenn die Spieler bemerken, dass plötzlich nur noch Sie das Thema sind, denken auch die Spieler nur noch über Sie nach. Das ist ein ganz simpler psychologischer Effekt, der von Spezialisten wie José Mourinho überragend gut eingesetzt wird. In Deutschland gibt es wenige Trainer im Profibereich, die Ablenkungsmanöver einsetzen. Allerdings gab es mit Uli Hoeneß einen Manager beim FC Bayern, der in kritischen Phasen und vor schwierigen Spielen mit einem einzigen Interview die gesamte Öffentlichkeit aufbringen konnte. Das funktionierte sogar dann noch, als die meisten Journalisten längst verstanden hatten, dass es sich um ein ganz bewusstes Ablenkungsmanöver handelte. Selbst wenn das Umfeld die ganze Zeit darüber debattiert, ob ein Wutausbruch ein gewolltes Ablenkungsmanöver war, entsteht immer noch der gewünschte Effekt: Das Umfeld und die Medien diskutieren über den Trainer und nicht über die Spieler.

Weihen Sie niemanden in Ihren Plan ein

Wenn Sie ein netter Mensch sind, dann haben sie wahrscheinlich das Bedürfnis, zumindest den Vereinsverantwortlichen oder Ihren Spielern zu sagen, dass der kommende Ausbruch nur ein Ablenkungsmanöver ist. Verwerfen Sie diesen Gedanken gleich wieder! Ein Geheimnis ist kein Geheimnis mehr, in dem Moment, in dem Sie es mit einer anderen Person teilen. Wenn ein Dritter verrät, dass die ganze Aufregung unnötig ist, weil Sie nur Theater spielen, stehen sie blamiert und bloßgestellt da.

Gegen Sie niemals zu, dass es ein Ablenkungsmanöver war!

Sicher haben Sie das Bedürfnis, nach einem erfolgreichen Ablenkungsmanöver die ganze Sache aufzuklären. Das können Sie machen, aber dann ist der Trick „Ablenkungsmanöver“ endgültig und für alle Zeiten für Sie gestorben. Von José Mourinho können Sie lernen, dass es durchaus ein Vorteil sein kann, wenn der Rest der Welt Sie für einen ganz „besonderen“ Trainer hält. Bei Mourinho weiß man nie, ob er eine Attacke ernst meint, oder ob er sich gerade kühl und strategisch verhält. Zur Glaubwürdigkeit eines Trainers, der auf Ablenkungsmanöver setzt, gehört die Undurchschaubarkeit dazu. Und diese können Sie sich nur erhalten, indem Sie Ihr Geheimnis für sich behalten.

Ablenkungsmanöver sind nicht ungefährlich

Wenn Sie bei einem Ablenkungsmanöver Attacken reiten, die jenseits des guten Geschmacks sind, dürfen Sie nicht erwarten, dass danach die attackierten Personen oder Institutionen Ihnen leichtherzig verzeihen. José Mourinho wird wahrscheinlich nie Trainer beim FC Barcelona werden, nachdem er diesen Club, seinen Trainer und seine Spieler auf unsägliche Weise mehrfach attackiert hat. Ebenso wenig sollten Sie auf Verständnis bei Vereinsverantwortlichen der Konkurrenz hoffen, wenn Sie sich wie die Axt im Walde benehmen. Es sei denn, Sie sind mit Ihrer Methode extrem erfolgreich. Dann finden Sie, auch das zeigt das Beispiel Mourinho, immer wieder einen neuen Club.

Bleiben Sie sich treu: Ablenkungsmanöver nicht um jeden Preis

So aufregend und effektiv das skizzierte Vorgehen auch sein mag: Es ist nicht gesagt, dass Sie der richtige Typ für diese Vorgehensweise sind. Es gibt sehr erfolgreiche Trainer, die es auf ganz andere Weise schaffen, den Druck von Ihren Spielern zu nehmen. Es gibt glücklicherweise im Fußball und insgesamt im Sport viele verschiedene Wege, um ans Ziel zu gelangen. Das Ablenkungsmanöver ist eine extreme Variante für Trainer, die nicht davor zurückscheuen, die eigene Person als Abwehrschild vor ihre Mannschaft zu stellen.