Spielnah trainieren – warum üben noch immer so wenige Trainer spielnah?

Bei der Gestaltung des Trainings genießt ein Coach viele Freiheiten, doch hierbei muss man auf zahlreiche Umstände Rücksicht nehmen, denn während viele Trainer vorrangig Strategien sowie Techniken vermitteln wollen und dabei meist auf ein ausgedehntes Grundlagentraining setzen, möchten die meisten Spieler spielnah trainieren. Viele Inhalte können durch spielnahe Trainingsübungen ausgezeichnet vermittelt werden. Dabei haben die Spieler während des Trainings ebenfalls deutlich mehr Spaß und sind wesentlich motivierter. In diesem Artikel erfahren Sie, was genau eine spielnahe Trainingsgestaltung ist, worin dabei die wesentlichen Vor- sowie Nachteile liegen, welche Ziele damit verfolgt werden und bei welchen Trainingsinhalten eine spielnahe Gestaltung wenig bzw. viel Sinn macht. Abschließend erfahren Sie mehr über erfolgreiche spielnahe Trainingsübungen.

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Was ist spielnahes Training?

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Im Fußball werden zahlreiche unterschiedliche sportliche Fähigkeiten und Qualifikationen benötigt. In einem gewöhnlichen Training wird versucht, die Spieler auf sämtliche Herausforderungen, die auf sie zukommen, gezielt zu trainieren. Für die meisten Spieler ist hierbei ein Training der Beweglichkeit sowie der Sprintfähigkeit von großem Vorteil. Dabei durchläuft der Fußballer ein ähnliches Training wie ein Dauerläufer oder ein Sprinter. Hierbei werden jedoch lediglich die körperlichen Fähigkeiten verbessert und der Spieler erlangt dadurch keinerlei Spielerfahrung.

Obwohl diese Fähigkeiten für den Fußball dringend benötigt werden, handelt es sich dabei nicht um ein Training, dass sich besonders nah am Spiel orientiert. Ein spielnahes Training weist für den Fußballer einen besonders hohen Bezug zum Wettkampf selbst auf und verzichtet dabei weitestgehend auf isolierte Trainingsmethoden. Hierbei können sowohl ganze Spiele als auch einzelne Spielsequenzen nachgestellt werden, um den Spielern als Training zu dienen.

Was sind die Vorteile von spielnahen Trainingsinhalten?

Spielnahe Trainingsinhalte haben dabei einige große Vorteile für das Training der Fußballer. Ein jeder Trainer sollte nicht nur die Entwicklung der Leistung seiner Spieler im Blick behalten, sondern ebenfalls auf deren Motivation achten. Insbesondere im Amateurbereich werden die Spieler durch ein abstraktes Training sehr stark demotiviert. Obwohl ein Lauftraining sehr positive Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Fußballer im Spiel besitzt, wollen viele Amateurfußballer im Training lieber tatsächlich Fußball spielen. Hierbei helfen spielnahe Trainingsinhalte, die Motivation der Spieler auf einem hohen Level zu halten, sodass diese einen großen Nutzen aus dem Training ziehen können. Aber auch bei Profisportlern führt eine spielnahe Trainingsgestaltung zu einer höheren Motivation und dadurch zu größeren Trainingserfolgen.

Ein weiterer großer Vorteil besteht darin, dass spielnahe Trainingsübungen die Fußballer auf spezielle Situationen vorbereiten und dadurch deren Leistungen in Wertungsspielen steigern, in denen diese Situationen auftreten. Wird beispielsweise der Torschuss ausgiebig trainiert, so steigert sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Torchance tatsächlich wahrgenommen werden kann. Auch andere Trainingsmethoden führen zu einem gesteigerten Spezialwissen der Spieler und verbessert deren Leistungen auf dem Rasen.

Außerdem stellen spielnahe Trainingsübungen eine ausgezeichnete Möglichkeit dar, um Strategien und Taktiken nicht nur theoretisch zu vermitteln, sondern auch deren praktische Anwendung zu trainieren. Den Fußballern wird dadurch ermöglicht, komplizierte Strategien, die nur umständlich erklärt werden können, am eigenen Körper zu erleben und dadurch vollständig zu verinnerlichen. Darüber hinaus wird ein hohes Maß an Spielerfahrung durch diese Übungen gewonnen. Die Spieler erfahren, wie sie in den unterschiedlichsten Situationen auf das Verhalten des Gegners reagieren können.

Was sind die Nachteile von spielnahen Trainingsübungen?

Neben den zahlreichen Vorteilen besitzt die spielnahe Trainingsgestaltung ebenfalls einige Nachteile, die beachtet werden sollten. Es bietet sich nicht an, das gesamte Training auf spielnahe Übungen zu stützen, da Sie als Trainer dadurch sehr ineffizient vorgehen. Obwohl einige Trainingsinhalte besonders gut durch spielnahe Trainingsübungen vermittelt werden können, machen diese Übungen bei anderen Inhalten nur wenig Sinn.

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Unter anderem kann durch spielnahe Trainingsübungen keine effektive Steigerung der körperlichen Belastbarkeit erreicht werden. Diese Trainingsmethoden erzielen außerdem keine effektive Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Fußballer. Soll beispielsweise die Schusskraft gezielt verbessert werden, so müssen jene Muskelgruppen trainiert werden, die für die Schusskraft relevant sind. Natürlich kann diese ebenfalls durch das Erlernen von professionellen Schusstechniken verbessert werden, aber letztlich handelt es sich beim Fußball ebenfalls um eine Leistungssportart. Daher ist für den Erfolg im Fußball ebenfalls die körperliche Leistungsfähigkeit der Spieler entscheidend.

Im Endeffekt kann eine besonders spielnahe Trainingsgestaltung zu einem starken Abfall der Disziplin führen. Diese Form des Trainings bereitet den Spielern großen Spaß. Sie ist deutlich abwechslungsreicher und vergnüglicher als ein gezielter Muskelaufbau oder eine Steigerung der Kondition. Wird das Training mit zu vielen spielnahen Übungen gestaltet, so könnte die Motivation der Spieler schnell verschwinden, wenn wieder Trainingsübungen auf dem Plan stehen, die nicht besonders spielnah sind. Die Spieler geben sich dadurch bei dem Training wesentlich weniger Mühe und weisen eine verminderte Konzentration auf. Hieraus können unter anderem auch ernsthafte Verletzungen folgen.

Welche Ziele verfolgt ein spielnahes Training?

Ein spielnahes Training verfolgt vor allem das Ziel, die Spieler auf spezielle Spielsituationen vorzubereiten oder die Motivation der Spieler im Training zu steigern. Eine gelegentliche Durchführung von spielnahen Übungen macht das Training abwechslungsreicher und sorgt dadurch dafür, dass die Spieler ihr Training mit mehr Begeisterung angehen. Dabei sollen spielnahe Übungen vor allem das Verständnis der theoretischen Konzepte sowie die praktischen Techniken der Spieler verbessern.

Welche Trainingseinheiten kann man spielnah trainieren ?

Vor allem Trainingsinhalte, die einen hohen theoretischen Anteil besitzen, sollten immer spielnah geplant werden. Viele Spieler haben Schwierigkeiten damit, einer Eröffnung zu folgen, wenn diese lediglich auf einem Blatt Papier theoretisch besprochen wurde. In diesen Situationen verspricht eine praktische Aufstellung der Eröffnung auf dem Rasen deutlich höhere Trainingserfolge. Hierbei können sich die Spieler einen deutlich besseren Überblick über das Spielfeld verschaffen und die Vor- sowie Nachteile einer Eröffnung besser erkennen. Das gleiche gilt für das Einstudieren neuer Angriffs- sowie Verteidigungsstrategien. Mögliche Einwände der Spieler können dadurch in Form eines praktischen Beispiels widerlegt werden.

Darüber hinaus sollten sämtliche Trainingsinhalte spielnah trainiert werden, die auf mehrere Kernkompetenzen zurückgreifen. Für den erfolgreichen Angriff auf ein Tor ist nicht nur die Sprintgeschwindigkeit, sondern ebenfalls die Beweglichkeit und die Technik des Spielers von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus sollte er über die notwendige Kondition verfügen, um den Angriff ausführen zu können. Hier kommen zahlreiche unterschiedliche Kernkompetenzen zusammen, weshalb Sie sich bei der Planung dieser Trainingsinhalte auf spielnahe Übungen konzentrieren sollten.

Bei welchen Trainingsinhalten macht eine spielnahe Trainingsgestaltung wenig Sinn?

Eine spielnahe Trainingsgestaltung macht hingegen wenig Sinn, wenn Sie eine bestimmte Kompetenz Ihrer Spieler stärken wollen. Ist es notwendig, dass die Spieler über eine höhere Kondition verfügen, so sollten Sie diese Trainingsinhalte keinesfalls spielnah trainieren. Obwohl es in jedem Fußballspiel auch auf die Kondition der Spieler ankommt, ist es deutlich effizienter, wenn Sie die Kondition der Spieler gezielt trainieren. Das Gleiche gilt für die Steigerung der Schusskraft, Laufgeschwindigkeit oder Beweglichkeit.

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Weiterhin kommt es zu einigen Spielsituationen im Fußball verhältnismäßig selten. Hierzu zählt unter anderem das Spielen unter Gegendruck. Aber auch ein 11-Meter-Torschuss findet in tatsächlichen Spielen nur relativ selten statt. Diese Teilbereiche des Fußballs sollten daher ebenfalls mit speziellen Übungen trainiert werden. Diese können sich durchaus stark vom tatsächlichen Fußball unterscheiden. Wichtig ist hierbei lediglich, dass Sie die Verhaltensweise Ihrer Spieler unter besonderen Bedingungen trainieren.

Übungen für ein spielnahes Training

Spielnahe Trainingsübungen sollten daher mit Bedacht in ein umfassendes Trainingsprogramm der Spieler integriert werden. Diese Inhalte sollten weder zu oft noch zu selten mit den Spielern trainiert werden. Nachfolgend erfahren Sie mehr über besonders effektive spielnahe Trainingsübungen, die sich in den letzten Jahren als erfolgreich bewährt haben.

Das spielnahe Taktiktraining für Abwehrspieler

Diese Übung wird besonders häufig im Junioren-Leistungsfußball sowie im Seniorenbereich eingesetzt. Das liegt vor allem daran, dass in diesen Bereichen vorrangig auf das unmittelbare Verhalten im nächsten Spiel geachtet wird. Diese Übung orientiert sich daher vor allem an Verhaltensweisen, die besonders häufig im Spiel vorkommen und hilft dabei, das Taktikverhalten zu verbessern.

Bevor Sie diese Übung durchführen, müssen Sie das Spielfeld vorbereiten. Hierfür ist eine Begrenzung des Spielfeldes auf eine verminderte Breite sowie Länge notwendig. Der Übungsbereich darf lediglich in der Breite bis zum Strafraum und in der Länge bis zum Anstoßkreis reichen. Darüber hinaus werden zwei Großtore für diese Übung benötigt. Diese werden im Tor und auf dem Anstoßkreis aufgestellt. Letztlich müssen die Spieler ausgewählt werden, die an dieser Übung teilnehmen werden. Dabei handelt es sich in der Regel um zwei Torhüter, die Innenverteidiger, drei Sechser und zwei Stürmer.

Für diese Übung müssen Sie anschließend zwei gegnerische Teams bilden. Das verteidigende Team verfügt über einen Torwart, einen Sechser und die Innenverteidiger. Das angreifende Team besteht aus einem Torwart, zwei Stürmern und zwei Sechsern. Hierbei ist lediglich einer der beiden aktiv und der andere pausiert. Zu Beginn der Übung spielt der Torwart des angreifenden Teams seinen aktiven Sechser an. Gemeinsam mit den beiden Stürmern muss dieser nun das gegnerische Tor angreifen und zum Torabschluss kommen. Die andere Mannschaft hingegen muss den Angriff abwehren und in Ballbesitz gelangen. Nach jeder Runde tauschen aktiver und pausierender Sechser die Rollen.

Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Variationen der Übung. Möchten Sie lediglich das Angriffs- und insbesondere das Abwehrverhalten Ihrer Spieler trainieren, so ist die Übung nach der Balleroberung abgeschlossen. Hierbei können Sie auf den Torhüter der angreifenden Mannschaft verzichten und stattdessen den pausierenden Sechser für das Anspiel einsetzen. Soll hingegen ebenfalls das Wechselspiel trainiert werden, so muss das verteidigende Team anschließend einen erfolgreichen Angriff auf das gegnerische Großtor kontern. Darüber hinaus können Sie diese Übung ebenfalls variieren, indem Sie regeln, ob die abwehrende Mannschaft erst nach oder bereits vor dem Anspiel aktiv werden darf.

Die Spielform Busy

Immer wieder wird auf den Trainingsplätzen die Spielform „Busy“ als besonders effektive spielnahe Übung angeboten. Hierbei werden die Spieler in zwei unterschiedliche Teams eingeteilt. Bei der Gestaltung der Anzahl der Spieler sowie der Größe des Spielfeldes werden dem Trainer in dieser Übung große Freiheiten eingeräumt. Die Besonderheit dieser Übung besteht darin, dass für das ballbesitzende Team zusätzliche Anspielstationen bereitgestellt werden. In der Regel werden hierfür an den Seitenlinien zusätzliche Spieler platziert.spielnah trainieren

Diese Übung hat sich in der Vergangenheit als besonders effektiv bewährt, da Sie als Trainer absolute Kontrolle über die Intensität der Übung haben. Wenn Sie die Größe des Spielfeldes und die Anzahl der Spieler festlegen, bestimmen Sie über die Aggressivität des resultierenden Spiels. Der Ablauf der Übung wird immer schneller und es fallen dabei deutlich mehr Torabschlüsse, wenn Sie die Anzahl der Anspielstationen erhöhen, diese links und rechts neben dem Tor platzieren oder das Spielfeld verkleinern. Da die Angreifer dazu angehalten werden, den Ball besonders zügig in das gegnerische Tor zu bekommen, entsteht ein hoher Druck für die Abwehrspieler. Diese lernen in dieser Übung, wie sie mit hohem Druck umgehen müssen. Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass genügend Bälle am Spielrand zur Verfügung liegen, damit diese nach einem Torerfolg, Seitenaus oder Toraus sofort wieder ins Spiel gebracht werden können.

Die optimale Spieleranzahl ist hierbei immer von der Feldgröße abhängig. Wenn diese Übung zum ersten Mal in einer Mannschaft angewendet wird, so bietet sich eine Feldgröße von einem halben Fußballfeld sowie eine Spieleranzahl von vier gegen vier an. Zusätzlich muss lediglich ein Torwart eingesetzt werden. Besonders wichtig ist bei dieser Übung, dass Sie die Spieler stets dazu auffordern, besonders viel miteinander zu kommunizieren. Gleichzeitig sollen die Spieler immer schneller zu einem Torerfolg gelangen und dabei so oft wie möglich die zusätzlichen Anspielstationen nutzen. Achten Sie insbesondere darauf, dass es zu keinerlei Ruhephasen in dieser Übung kommt.

Die Tschechenrolle

Außerdem hat sich der Einsatz der Tschechenrolle im Training bewährt. Diese Übung können Sie mit neun Spielern durchführen. Die Größe des Spielfeldes variiert dabei abhängig von dem Leistungsstand der Spieler. Hierbei wird jedoch in jeder Spielfeldhälfte ein Tor aufgestellt. Unterteilen Sie die neun Spieler in drei Teams mit je drei Spielern. Eines der Teams verbleibt passiv am Spielrand und besitzt einen Ball. Die anderen beiden Teams werden in ein angreifendes und ein abwehrendes Team unterteilt. Während das angreifende Team über alle drei Spieler verfügen darf, muss ein Spieler des abwehrenden Teams inaktiv am Spielfeldrand stehen.

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Das angreifende Team versucht nun, den Ball in das Tor des verteidigenden Teams zu schießen. Gelingt dies oder wird der Ball vom verteidigenden Team ins Aus geschossen, so wird das angreifende Team inaktiv und der dritte Spieler des verteidigenden Teams darf gemeinsam mit den beiden Verteidigern einen Torangriff auf das gegenüberliegende Tor durchführen. Dieses wird von zwei der Spieler des dritten Teams verteidigt. Immer nach Ballverlust oder Torerfolg rotieren die drei Teams in ihren Rollen als inaktiv, angreifend und verteidigend. Hierbei ist es wichtig, dass Sie als Trainer stets eine Erhöhung der Geschwindigkeit von Ihren Spielern einfordern.

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Bildquelle: Jorge Felix Costa / Shutterstock.com
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