Taktisches Meisterstück in Manchester

Im Champions League-Spiel beim englischen Meister Manchester City war es überraschenderweise die Borussia aus Dortmund, die die Akzente setzte und am Ende mit dem 1:1 unzufrieden sein musste. Für die Zuschauer war das Spiel höchst attraktiv, und das, obwohl (besser: gerade weil) Dortmund in taktischer Hinsicht über weite Strecken ein Meisterstück ablieferte.

Im Vergleich zum Ligaspiel gegen Mönchengladbach begann Robert Lewandowski im Sturm der Borussia, dahinter agierten im 4-2-3-1 Reus, Blaszczykowski und Götze offensiv, während Gündogan und Bender die Sechser bildeten. In der Viererkette spielten wie gewohnt Piszczek, Subotic, Hummels und Schmelzer, während Weidenfeller das Tor hütete. In den ersten 15 Minuten musste Letzterer schon einige Male zur Stelle sein, weil Man City mit Aguero, Dzeko und Silva stark begann und Dortmunds Offensive noch nicht das von Klopp geforderte Pressing gegen den Ball hinbekam. Als das gelang und vor allem Götze, aber auch Blaszczykowski, Bender und Gündogan die Angriffswellen der Citizens mehr und mehr unterbinden konnten, schafften es die Dortmunder immer öfter, mittels ihres überragenden Umschaltspiels gefährlich vor das von Joe Hart bestens gehütete Tor zu kommen.

Erste Chancen vor allem durch Götze vereitelte der Keeper gekonnt, bevor City wieder einige Male gefährlich vor das Tor kam. Das gelang jedoch nur dann, wenn die Dortmunder dem Gegner gestattete, sich durch das Mittelfeld zu kombinieren und Silva zu suchen, der die eigenen Stürmer blendend in Szene zu setzen wusste. Weidenfeller musste des Öfteren in höchster Not klären.

Dortmund verteidigt meist schon sehr hoch

Es war deutlich zu sehen, wie die Borussia taktisch davon abhängig ist, den Gegner schon im Spielaufbau zu bedrängen. Durch das hohe Verteidigen nämlich waren die beiden Sechser und die Viererkette oft gezwungen, auch bei gegnerischem Ballbesitz bis fast zur Mittellinie aufzurücken, was immer dann gefährlich wurde, wenn City sich bis auf die Höhe des Mittelkreises durch die Offensive der Borussia zu kombinieren wusste. Dann nämlich rückten die hellblau gekleideten Gastgeber mit ihren schnellen Leuten auf, was zur Folge hatte, dass es häufig zu Situationen kam, in denen vier oder fünf City-Spieler auf vier oder fünf gelbe Dortmunder zuliefen. Besonders auffallend war, dass Robert Lewandowski, der sowieso nicht seinen besten Tag erwischte, an vorderster Front zu wenig tat, um die Räume zu verengen, in die – meist Kompany – die Bälle stecken konnte.

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Das änderte sich in den zweiten 45 Minuten grundlegend. Dortmunds Mittelfeld gelang es mehr und mehr, den Raum für Manchester sehr eng zu machen, was dazu führte, dass besonders Götze und Blaszczykowski viele Bälle eroberten und in die freien Räume auf dem rechten Flügel vorstießen. Hart musste einige Schüsse entschärfen; lediglich Marko Reus gelang es zunächst nicht, Pässe abzufangen, obwohl er sich im Raum gut verschob und den Gegner zumindest zu Querpässen zwang. Das führte dazu, dass die Gastgeber mehr und mehr verzweifelten und gar nicht mehr vor das Dortmunder Tor kamen. Nach einer Stunde und zahlreichen guten Einschussmöglichkeiten machten die Gäste ernst. Zunächst vertändelte Götze einen Konter, doch setzten er und Blaszczykowski sofort nach und zwangen Rodwell zu einem Rückpass in höchster Bedrängnis. Reus hatte den Braten gerochen und stach in die schlecht getimte Rückgabe, ließ Kompany stehen und vollendete zum 1:0. Ein Tor, das die taktische Weiterentwicklung des Meisters, wie von Klopp inszeniert, in Vollendung zeigte.

Taktisch und technisch auf sehr hohem Niveau

Von Manchester kam weiter nichts, die Ideenlosigkeit war greifbar, die Borussia setzte nach und zwang City zu langen Bällen, die für Hummels und Subotic keine Gefahr darstellten. Weidenfeller blieb beschäftigungslos, und an vorderster Front verteidigten die Dortmunder nun beinahe am gegnerischen Strafraum. Nur drei Minuten nach dem 1:0 steckte Lewandowski toll auf Reus durch, Hart konnte gerade noch so zur Ecke klären. Dann zog Gündogan einen Schlenzer aus 18 Metern in Richtung Kreuzeck – wieder parierte Hart. Und nach einem Konter aus dem Bilderbuch servierte Gündogan von der rechten Außenlinie maßgerecht für Lewandowski, der die hundertprozentige Chance zum 2:0 allerdings ausließ. Es kam, wie es fast kommen musste, ein umstrittener Elfmeter reichte City, um kurz vor Schluss noch zum Ausgleich zu kommen. In der Nachspielzeit drängten dann – nein, nicht die Gastgeber – die Borussen auf das 2:1 und hatten sogar noch zwei recht gute Gelegenheiten, die Hart jedoch entschärfen konnte.

Wie schon gegen Amsterdam mussten sich die Dortmunder bei Weidenfeller bedanken, dass sie nicht früh in Rückstand gerieten. Doch als es gelang, die taktischen Vorgaben nahezu eins zu eins umzusetzen, war zu erkennen, dass sich die Schwarz-Gelben weiterentwickelt haben. Das Pressing gegen den Ball wurde in beinahe idealer Weise ausgeübt, das technische Niveau ist ausreichend hoch, um auch gegen eine Mannschaft vom Schlage Manchester City feine Kombinationen zu produzieren. Wenn Dortmund diese Fähigkeiten auch gegen Real Madrid abruft, ist keinesfalls gesagt, dass die Spanier als Sieger vom Platz gehen. Lediglich die Chancenverwertung sollte gegen die von Sergio Ramos angeführte Hintermannschaft deutlich besser sein. Dass Dortmund taktisch in diesem Jahr besser auf die Champions League eingestellt ist, hat das für Manchester City am Ende sehr schmeichelhafte 1:1 am 3.10. ausreichend gezeigt.