Der Ausputzer ist nicht tot – Ein antikes taktisches Mittel für Notsituationen

Der Ausputzer bekleidet eine Position, die es im modernen Fußball nicht mehr gibt. Bereits in den 1970er Jahren galt der Ausputzer angesichts des modernen Liberospiels eines Franz Beckenbauers als antiquiert. In Deutschland hat sich der Ausputzer dennoch erstaunlich lange gehalten. Mindestens bis Ende der 1990er Jahre gab es noch diverse deutsche Profi-Mannschaften, die zumindest phasenweise mit einem Ausputzer spielten. Da aber mittlerweile in der Abwehr die Viererkette Standard ist und allenfalls eine Dreierkette als Alternative infrage kommt, gibt es für den klassischen Ausputzer zumindest im Profifußball keine Verwendung mehr.

Was genau ist eigentlich ein Ausputzer?

Ein Ausputzer ist ein Abwehrspieler, der hinter der Manndecker-Reihe spielt, um vertikale Vorstöße und Pässe abzufangen. Der Ausputzer unterscheidet sich vom Libero vor allem dadurch, dass er überhaupt keine offensiven Aufgaben übernimmt. Die meisten Ausputzer, die es früher in der Bundesliga gab, konnten nicht besonders viel zum Spielaufbau beitragen. Das war die Aufgabe der Mittelfeldspieler, die sich den Ball sehr tief in der eigenen Hälfte holten. Vor allem aber blieb der Ausputzer immer auf der letzten Feldspieler-Position, um in jeder Situation als Absicherung für die Vorderleute agieren zu können.

Warum gibt es keine Ausputzer mehr im modernen Fußball?

Im modernen Fußball kann es sich keine Mannschaft leisten, einen Spieler als Absicherung hinter die Abwehr zu stellen. Dadurch wird nämlich im Mittelfeld eine Unterzahl provoziert, die dem Gegner einen klaren Vorteil bietet. Gewissermaßen spielt allerdings der Torwart zumindest in manchen Situationen die Rolle des Ausputzers, zum Beispiel beim Abpassen von Steilpässen. Allerdings kann ein Torwart die Rolle des Ausputzer es nicht perfekt ausfüllen, da er im Regelfall einen zu hohen Abstand zur Abwehrkette hat und nur situativ das Tor bzw. den Strafraum verlassen kann.

Was muss ein Ausputzer können?

Ausputzer hatten früher immer den Ruf, keine besonders guten Fußballer zu sein. Im Vergleich mit einem guten Libero mag diese Bewertung stimmen, aber das gilt vor allem für die offensiven und spielerischen Qualitäten. Ein Ausputzer muss aber gleichwohl dazu in der Lage sein, das Spiel sehr gut zu lesen. Nur mit einem guten Raumgefühl und einem guten Spielverständnis ist es möglich, gegnerische Angriffe wirkungsvoll zu unterbinden. Sehr viel hängt davon ab, dass der Ausputzer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Zudem ist eine gewisse Schnelligkeit ein großer Vorteil, da einer Ausputzer naturgemäß häufig in Laufduelle mit Stürmern gerät.

Der Ausputzer als taktisches Mittel im Amateurbereich

Vermutlich spielen Sie in Ihrer Mannschaft längst mit einer Viererkette. Mittlerweile ist die moderne Abwehrorganisation bis weit in die unteren Amateurklassen hinein etabliert. Dennoch gibt es Situationen, in denen Sie mit der Umstellung auf eine Abwehr mit Ausputzer einen entscheidenden Vorteil bekommen können. Das gilt insbesondere für Spielphasen, in denen Sie um jeden Preis einen Torerfolg des Gegners vermeiden müssen. Typischerweise ist das die Schlussphase, wenn Sie mit einem Tor vorne liegen oder aber ein Unentschieden verteidigen möchten. Wenn Ihre Mannschaft dann auch noch jegliche Offensivkraft vermissen lässt, weil der Druck des Gegners zu stark wird, ist die Zeit des Ausputzers gekommen.

Grundsätzlich ist es nicht schwierig, aus einem modernen Spielsystem in ein Ausputzer-System zu wechseln. Selbstverständlich sollten Sie diesen Übergang im Training einstudieren. Am besten nehmen Sie einen Offensivspieler mit gutem Spielverständnis als Ausputzer, denn dann müssten Sie im Defensivbereich überhaupt keine personellen Umstellungen vornehmen. Die beiden Innenverteidiger agieren fortan als Manndecker mit klarer Zuordnung und die defensiven Mittelfeldspieler positionieren sich sehr tief, um entstehende Lücken in der Mitte sofort zu schließen. Die Offensivspieler sind dafür zuständig, den Spielaufbau zu stören. Der Torwart kann sich ganz auf seine ursprüngliche Aufgabe besinnen. Auch dadurch senken Sie das Gegentor-Risiko.

Die Grenzen des Ausputzer-Systems

Wenn Sie gegen eine modern agierende Mannschaft spielen, ist das Ausputzer-System nur für einen sehr kurzen Zeitraum eine interessante Alternative. Für die letzten 10 Minuten eines Spiels funktioniert das Ausputzer-System sehr gut. Ein ganzes Spiel lang können Sie aber nur mit Ausputzer spielen, wenn die andere Mannschaft ein ähnliches System spielt. Dann heben sich die Schwächen gegeneinander auf. Eine der größten Schwächen des Ausputzer-Systems ist die fehlende Offensivkraft gegen Mannschaften, die mit moderner Raumdeckung spielen. Durch die kontinuierliche Unterzahl entsteht ein großer Druck, dem Ihre Mannschaft nicht lange standhalten kann, zumal es schwierig ist, Offensivaktionen durchzuführen.

Einen Gegner mit dem Ausputzer überraschen

Ein Spielsystem mit Ausputzer sorgt in der heutigen Zeit für Aufsehen. Der Überraschungseffekt gespielt Ihnen in die Karten, denn die gegnerische Mannschaft weiß wahrscheinlich überhaupt nicht, wie sie gegen einen Ausputzer spielen muss. Auch der Trainer des Gegners wird kaum dazu in der Lage sein, innerhalb der kurzen Zeit, die ihm zur Verfügung steht, vernünftige Anpassungen durchzuführen. Auch wenn der Ausputzer in der heutigen Zeit ein denkbar schlechtes Image hat, sollten Sie einmal darüber nachdenken, ob Sie dieses vermeintlich antiquierte taktische Mittel nicht doch gelegentlich einmal einsetzen sollten. Ein Versuch ist es auf jeden Fall wird.

Umstellung auf Ausputzer-System – So könnte die Formation aussehen

 

Der Ausputzer ist nicht tot - Ein antikes taktisches Mittel für Notsituationen