Ein echter Knipser fehlt

Nach dem 1:1 im Heimspiel gegen Finnland spekuliert die Fußballwelt über ein mögliches Ende der spanischen Dominanz. Doch ein wenig Zurückhaltung wäre angebracht.

Denn das Ergebnis drückte den Spielverlauf in Gijon nicht einmal annähernd aus. Die Spanier erspielten sich Chance um Chance, doch auch die klarsten ließen die Spieler von Vicente del Bosque liegen – bis die Finnen den einen Konter fanden, der zum späten Ausgleich durch Pukki führte. Del Bosque machte das fehlende Glück als Ursache aus, allerdings liegt der wahre Grund wohl tiefer. Denn ohne Xaví, Herz und Seele des FC Barcelona, scheint in der Nationalauswahl nicht viel zusammenzulaufen.

Del Bosque schickte sieben Spieler des katalanischen Clubs auf den Rasen, die Spanier drängten die Finnen mit Mann und Maus in deren eigenen Strafraum. Schon bald wurde klar, wo der Unterschied liegt zwischen der „Furja Roja“ und dem designierten spanischen Meister liegt: der Nationalelf fehlt ein echter Knipser, wie ihn Barça in Lionel Messi hat. Es war bezeichnend, dass erst Abwehrspieler Sergio Ramos den finnischen Riegel nach 48 Minuten knacken konnte. Das für die Finnen extrem glückliche 1:1 bedeutet für die Gruppe I Spannung pur – und zwar schon am Dienstag, wenn es im Stade de France zur Partie des Tabellenführers Frankreich (zehn Punkte) gegen Spanien (acht Zähler) kommt.

Motivierte Spanier sind immer noch kaum aufzuhalten

Beim Hinspiel im vergangenen Oktober konnten die Franzosen übrigens schon einen Punkt aus Madrid entführen. Gewinnen „Les Bleus“ ihr Heimspiel, führt für Spanien wohl kein Weg mehr an der Relegation für die WM vorbei. Doch die Spekulationen um ein Ende der spanischen Dominanz im Weltfußball sind womöglich verfrüht. Bei einem Sieg in St. Denis würden sich die Iberer die Tabellenführung mit einem Streich zurückholen. Und Frankreich konnte beim eher mühsamen 3:1 in Paris gegen Georgien nicht besonders überzeugen.

Erst vor zwei Wochen hatten Fußballzeitschriften allerorts gemutmaßt, dass nach dem 0:2 des FC Barcelona im Hinspiel des Achtelfinals der Champions League beim AC Milan die Ära von Barça beendet sei. Dann ließen die Katalanen einen echten Knüller folgen, indem sie Milan im Rückspiel mit 4:0 demütigten. Das lehrt eins: Zurückhaltung wäre durchaus angebracht. Wenn die Spanier durch das 1:1 gegen Finnland nun extrem motiviert in Paris aufliefen, es dürfte sich niemand wundern. Und zu was eine motivierte „Furja Roja“ imstande ist, wissen nicht nur die Italiener seit dem EM-Finale. Allerdings müssen die Spanier auf Jordi Alba verzichten, der mit einer Zerrung ausfällt.