Ein paar Gedanken zum effektiven Coaching an der Seitenlinie

In der Trainerausbildung spielt das Coaching an der Seitenlinie allenfalls eine untergeordnete Rolle. Das mag daran liegen, dass allgemein die Vorstellung besteht, dass das Coaching an der Seitenlinie im Fußball nicht besonders gut funktioniere. Dabei hat ein Trainer durchaus die Möglichkeit, von außen Einfluss auf seine Mannschaft zu nehmen. Dabei gibt es verschiedene Methoden, die Sie einsetzen können. Da die meisten Trainer sich an der Seitenlinie weder strategisch noch klug verhalten, können Sie durch effektives Coaching an der Seitenlinie in engen Spielen den entscheidenden Vorteil erzielen.

Nur die Wirkung auf die Spieler bzw. die Mannschaft zählt

Bei allen Überlegungen zum Coaching während des Spiels steht immer die Wirkung auf die Mannschaft bzw. einen einzelnen Spieler im Vordergrund. Das muss Ihr Leitfaden sein. Es nutzt überhaupt nichts, wenn sie wahnsinnig kluge Entscheidungen treffen, aber diese nicht bei ihren Spielern ankommen. Deswegen müssen Sie vielleicht sogar auf die eine oder andere Idee verzichten, weil sie nicht mit der nötigen Wirkung umsetzbar ist. Noch besser ist es allerdings, wenn Sie Ihre Entscheidungen im Training vorbereiten. Dann genügt in manchen Situationen vielleicht ein einfaches Zeichen, um zu Ihrer Mannschaft durchzudringen.

Eine einfache Seitenlinien-Strategie für jedes Spiel

Bei den bekannten Fußballsimulationen auf Spielkonsolen und Computern haben die Spieler in der Regel bis zu vier verschiedenen taktische Varianten, die sie während des Spiels verwenden können. Um von einer Variante zu einer anderen zu wechseln reicht am Computer schon ein Knopfdruck aus. Wenn Sie mit Ihrer Mannschaft konsequent vier verschiedene Strategien entwickeln und trainieren, können Sie im Spiel jederzeit die passende Strategie vorgehen. Mit einem einfachen Zeichen oder einem Zuruf können Sie beispielsweise ihrem Kapitän signalisieren, welche Strategie die Mannschaft spielen soll. Wie diese Strategien aussehen könnten, zeigt folgendes Beispiel:

1)    Tief stehen und auf Konter spielen
2)    Möglichst hohes Forechecking und Gegenpressing
3)    Ballbesitz als oberste Priorität
4)    Alle Mann in die Abwehr: Unbedingt ein Gegentor verhindern!

Selbstverständlich können Sie diese Strategien auch anders auswählen. Aber ganz wichtig ist, dass Sie mit vier verschiedenen Strategien eine hohe Flexibilität im Spiel erreichen. Wenn Ihre Mannschaft die Strategien verinnerlicht hat, funktioniert die Umstellung reibungslos. Allerdings ist es sinnvoll, die grundlegenden Strategien nicht ständig zu ändern. Jeder Spieler muss ganz genau wissen, welche Rolle er bei jeder Strategie spielt. Beim American Football bekommen die Spieler ein Playbook, in dem schriftlich und grafisch jeder Spielzug aufgeführt ist. Ein Strategiebuch für Ihre Spieler wäre sicher nicht die schlechteste Idee.

Die rechte Hand des Trainers auf dem Platz

Damit die Umstellung auf eine andere Strategie während des Spiels funktioniert, brauchen Sie auf dem Platz mindestens einen Spieler, der die Mannschaft führt. Das kann der Kapitän sein, aber prinzipiell ist auch jeder andere Spieler, der aufgrund seiner Positionen seiner Persönlichkeit die Umstellung dirigieren kann, für diese Aufgabe geeignet. Ganz wichtig ist, dass Sie diesem Spieler sehr viel Vertrauen entgegen bringen, denn er muss selbstständig auf dem Platz agieren, nachdem er von Ihnen eine Anweisung bekommen hat. Dabei sind auch Fehler möglich und diese Fehler sollten Sie in der Regel großzügig verzeihen.

Emotionen sind unterhaltsam, aber selten effektiv

In der Bundesliga kann man jedes Wochenende Trainer beobachten, die an der Seitenlinie völlig durchdrehen. Das mag gut für die Nerven und die Gesundheit sein, aber für eine Mannschaft ist ein Trainer, der ganz gezielt von außen Einfluss nimmt, wesentlich besser. Natürlich dürfen Sie gelegentlich auch einmal Emotionen zeigen, aber wie wollen Sie ihren Spielern erklären, dass Sie sich auf das Spiel konzentrieren sollen, wenn Sie selbst ständig mit dem Schiedsrichter im Clinch sind? Der Trainer hat eine ganz wichtige Vorbildfunktion für seine Spieler, aber auch für das restliche Umfeld.

Vertrauen Sie Ihren Spielern!

Es gibt Trainer, die laufen Ihren Spielern an der Seitenlinie hinterher, wenn Sie der Meinung sind, dass die Spieler einen Fehler gemacht haben bzw. sich gerade falsch verhalten. Das sieht nicht nur lächerlich aus, es führt auch zu nichts. Der Spieler sind danach nur komplett verunsichert und werden wahrscheinlich nicht besser spielen als vorher. Wenn Sie einem Spieler etwas sagen sollen, nutzen Sie dazu eine Spielunterbrechung und rufen sich den Spieler heran. Zudem gibt es noch die Halbzeitpause, in der Sie einem Spieler einen wichtigen Tipp geben können. Wenn Sie während des Spiels ständig Spieler anschreien, um zu ihnen vorzudringen, machen Sie sich vor allem selbst lächerlich. Die gewünschte Wirkung erzielen Sie damit aber nicht.

Das oberste Ziel muss es sein, die Mannschaft so gut auszubilden, dass strategische Veränderungen von der Mannschaft selbst erkannt und umgesetzt werden. Viele Trainer lassen das aber nicht zu, weil sie Angst zu einem Kontrollverlust haben. Diese Trainer verstehen aber nicht, dass der größte Erfolg, den ein Trainer haben kann, eine Mannschaft ist, die während des Spiels überhaupt keinen Trainer mehr braucht. Als Beispiel sei zum Schluss der legendäre Walerij Lobanowskyj genannt, der als Trainer der UdSSR und von Dynamo Kiew zahlreiche Erfolge feiern konnte. Lobanowskyj schlich vor dem Spiel in aller Ruhe zur Trainerbank, setzte sich hin und saß dort bis zur Halbzeit. Nach der Halbzeit wiederholte sich dieser Vorgang. Hätte man es nicht besser gewusst, man hätte glauben können, dass da ein unbeteiligter Rentner versehentlich auf der falschen Bank Platz genommen hat.