Mit schwerer Last in die Rückrunde

Die ersten Wochen des neuen Jahres gehen für den FC Schalke 04 so weiter, wie die letzten Wochen des alten Jahres aufgehört haben: betrüblich. In den letzten sechs Ligapartien gab es nur zwei Punkte für Königsblau, woraufhin der Publikumsliebling – Trainer Huub Stevens – gehen musste. Und auch für seinen Nachfolger Jens Keller brachte das letzte Pflichtspiel 2012 im Pokal nichts ein. Kellers Debüt ging vor heimischer Kulisse mit 1:2 an Mainz 05. Und die Hiobsbotschaften für den immerhin im Achtelfinale der Champions League stehenden Club reißen nicht ab.

Denn unmittelbar nach der Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs erklärte einer der Leistungsträger, Nationalspieler Lewis Holtby, dass er seinen im Sommer endenden Vertrag in Gelsenkirchen nicht verlängern werde. Derzeit ist allerdings noch offen, ob Holtby schon im Januar wechselt oder den Schalkern wenigstens noch bis Ende Juni dieses Jahres erhalten bleibt. Und auch der 24-jährige Kapitän Benedikt Höwedes will sich noch nicht so recht festlegen, ob er dem FC Schalke über die aktuelle Saison hinaus erhalten bleibt. Als ob das noch nicht genügen würde: Auch um die Trainerfrage ranken sich beim Revierclub nach wie vor einige Legenden.

So steht die Frage im Raum, ob Jens Keller überhaupt die Chance bekommt, auch im Spieljahr 2013/14 Übungsleiter bleiben zu dürfen. In den vergangenen Tagen machte auf Schalke immer wieder der Name von Bruno Labbadia die Runde. Denn auch der Kontrakt des Hessen beim VfB Stuttgart läuft aus, und Labbadia zögert und zögert, ob er das vom VfB unterbreitete Angebot einer Verlängerung unterzeichnen soll. Hintergrund ist folgender: Labbadia einerseits und Schalkes Sportvorstand Horst Heldt andererseits werden derzeit nicht müde zu betonen, wie hoch die gegenseitige Wertschätzung ist. Im Klartext heißt das, dass der Stuttgarter Trainer womöglich darauf spekuliert, den Platz von Schalkes Keller (den Labbadia übrigens auch vor etwas mehr als zwei Jahren in Stuttgart abgelöst hatte) auf der Bank der Knappen einzunehmen.

Offene Spekulationen über Jens Kellers Nachfolger

Dass Heldt Labbadia gern haben würde, pfeifen die Spatzen von den Dächern – allerdings sollte Heldt womöglich nicht zu sehr nur auf dieses Pferd setzen. Die Stuttgarter Zeitung meldete in diesen Tagen aus dem türkischen Belek, wo der VfB momentan sein Trainingslager absolviert, dass sowohl Stuttgarts Präsident Gerd E. Mäuser als auch Manager Fredi Bobic in Gesprächen mit Labbadia zumindest Teilerfolge erzielt hätten. So wurde berichtet, dass „die Grundtendenz bei Labbadia nach dem Gedankenaustausch mit Mäuser pro VfB“ tendiere, was daran liegen könnte, dass die Schwaben in den bisher in Belek verbrachten Tagen beinahe täglich positive Neuigkeiten produzierten. So wurden die im Sommer auslaufenden Verträge einiger Leistungsträger still und leise verlängert: erst der Kontrakt mit Christian Gentner bis 2016, dann mit Tamas Hajnal bis 2014, mit Georg Niedermeier bis 2016 und schließlich mit Gotoku Sakai, ebenfalls bis 2016.

Trainingshilfen für die Saisonvorbereitung

 

Das könnten die von Labbadia geforderten Zeichen gewesen sein, dass es der VfB ernst meint, wichtige Spieler langfristig an sich zu binden. So oder so: Dass es Keller, kaum in Amt und Würden, wohl kaum gefällt, dass mehr oder weniger offen über einen möglichen Nachfolger spekuliert wird, macht die Arbeit in Gelsenkirchen für ihn auf jeden Fall nicht einfacher. Da hilft es auch nicht, dass in Ibrahim Afellay, Christoph Moritz und Kyriakos Papadopoulos drei Stützen des Teams noch länger verletzungsbedingt ausfallen. Zudem müssen die Schalker beim Auftakt zur Rückrunde gegen Hannover notgedrungen auf Mittelfeldmotor Jermaine Jones und Torjäger Klaas-Jan Huntelaar verzichten – beide sind gesperrt. Das Jahr könnte besser beginnen für Schalke.

Herbe Klatsche im Testspiel gegen die Bayern

Eine zusätzliche Bürde bedeutete die im Trainingslager in Doha gegen den ebenfalls dort stationierten FC Bayern ausgetragene Freundschaftspartie – mit 0:5 kamen die Schalker dabei unter die Räder. In seiner Verzweiflung wollte Jens Keller seiner ohnehin schon verunsicherten Truppe eine Taktik nach Dortmunder Vorbild verpassen, indem er seiner Mannschaft das so genannte Gegenpressing verordnete. Was Kellers Kapitän Höwedes mit den Worten kommentierte, so ein System sei „gegen die Bayern nicht spielbar“. (Was natürlich nicht stimmt, wie Borussia Dortmund in den letzten zweieinhalb Jahren immer wieder gegen München bewiesen hat.) Die Bayern jedenfalls führten Schalke phasenweise vor. Ein 0:5, und sei es auch in einem Testspiel, ist nicht eben dazu angetan, das Selbstvertrauen einer Mannschaft wesentlich zu fördern, im Gegenteil. Eine Woche vor der Partie gegen Hannover scheinen die Schalker weit davon entfernt zu sein, ihre Normalform auch nur halbwegs zu finden. Über allem schwebt in dieser Angelegenheit die Frage, wer in aller Welt darauf gekommen sein mag, eine mit sich selbst extrem beschäftigte Mannschaft im Test ausgerechnet gegen Bayern München antreten zu lassen. Immerhin musste man damit rechnen, dass ein solches Match wohl kaum dazu taugen würde, so etwas wie Aufbruchsstimmung auf Schalke hervorzurufen.

In der Tabelle der Bundesliga ist Schalke nach den sechs sieglosen Spielen und den teils empfindlichen Niederlagen in Leverkusen (0:2), in Hamburg und Stuttgart (je 1:3) und gegen den SC Freiburg (ebenfalls 1:3) auf Rang sieben abgerutscht. Der Kontakt zu jenen Plätzen, die zur erneuten Teilnahme an der Champions League berechtigen, ist erst einmal abgerissen, und hinter Schalke reihen sich punktgleich Mönchengladbach und der VfB ein, dahinter folgen mit je einem Punkt Abstand Hamburg, Hannover und Bremen. Wenn es Keller und seinem Team nicht sofort beginnt, in der Liga den Schalter umzulegen, kann es passieren, dass auch der Kontakt zu den Europa League-Plätzen bald weg ist. In diesem Fall müsste Keller um seine bis zum Saisonende festgeschriebene Anstellung schon vorzeitig fürchten. Was vermutlich bedeutet, dass sich die Sache mit Bruno Labbadia dann sowieso erledigt hat.