Neue Saison, altes Problem: Was tun gegen die Einsamkeit von Neuzugängen?

Fabian Pels & Rebecca Neundörfer, Psychologisches Institut der Deutschen Sporthochschule Köln

Der Zeitraum bis zum Ende der Transferperiode stellt eine Phase dar, in der es in fast jeder Mannschaft eine Fluktuation im Spielerkader wie im Betreuerstab gibt: Die einen verlassen eine Mannschaft, andere stoßen neu hinzu. Die Neuzugänge sind häufig vor eine schwierige Situation gestellt. Sie treffen auf viele ihnen unbekannte Menschen und sollen Teil einer bereits existierenden Gruppe werden. Manche haben außerdem im Zuge des Vereinswechsels ihr bisheriges privates und räumliches Umfeld verlassen müssen.

Diese neue Situation kann durchaus dazu führen, dass Neuzugänge sich einsam fühlen, obwohl sie – objektiv betrachtet – von zahlreichen anderen Menschen (z.B. Mitspielern) umgeben sind. Einsamkeit besteht darin, dass man subjektiv einen Mangel in den persönlichen Sozialbeziehungen wahrnimmt. Sie kann sich beispielsweise in Gefühlen von Niedergeschlagenheit und Leere, aber auch in Ärger äußern, und hat also einen Einfluss auf die psychische Gesundheit (Peplau & Perlman, 1982) und – auch aus diesem Grund – auf die Leistung.

Vor diesem Hintergrund ist es angemessen, Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass sich Neuzugänge einsam fühlen. Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderem all diejenigen, die dazu führen, dass ein Individuum seine Sozialbeziehungen positiv wahrnimmt. Aspekte einer positiven Wahrnehmung von Sozialbeziehungen sind zum Beispiel die Identifikation mit der Mannschaft sowie der Mannschaftszusammenhalt. Eine aktuelle Studie der Deutschen Sporthochschule Köln konnte Zusammenhänge zwischen Identifikation und Mannschaftszusammenhalt auf der einen und Einsamkeit auf der anderen Seite finden. Bereits an anderer Stelle wurde im Rahmen der Rubrik „Mentaltraining“ auf die grundsätzliche Wichtigkeit und Verbesserungsmöglichkeiten der Identifikation und des Mannschaftszusammenhalts eingegangen. Die dort vorgestellten Maßnahmen zur Verbesserung von Identifikation und Mannschaftszusammenhalt sollen an dieser Stelle wieder aufgegriffen, weiter konkretisiert und um zusätzliche Überlegungen ergänzt werden.

Bei der Frage danach, ob eine soziale Gruppe zu uns passt, orientieren wir uns an unseren eigenen Werten, Normen und Prinzipien. Wichtig ist es deshalb zunächst, gemeinsame Regeln über die Kommunikation innerhalb des Teams zu entwickeln, in denen jeder sich wiederfindet. Damit Kommunikation die Entwicklung eines Gemeinschaftsgefühls ermöglicht, ist es auch die Aufgabe des Trainers, als Vorbild voranzugehen und zum Beispiel mit dem kleinen Wörtchen „wir“ den Zusammenhalt nach außen zu tragen (Zucchermaglio, 2005). Eng verbunden damit ist auch das gemeinschaftliche Auftreten. Was während der Spielsituation als völlig normal betrachtet wird, nämlich in gleichen Trikots den Platz zu betreten, wird im Training oftmals nicht fortgeführt. Einheitliche Kleidung auch schon beim Training zu tragen, kann jedoch ein weiterer Schlüssel dazu sein, ein starkes „wir“-Gefühl zu erlangen.

Eine Gruppenaktivität, die das Gemeinschaftsgefühl fördert und aktiv in Bewegung setzt, ist das Erstellen einer Collage über die eigene Mannschaft. Jedes Teammitglied kann beispielsweise mittels eines Fotos auf der Collage repräsentiert werden und durch die Mitspieler mit seinen herausstechenden, individuellen Qualitäten charakterisiert werden. Das Wissen von unterschiedlichen, aber auch gemeinsamen Qualitäten und Denkweisen schafft untereinander Vertrauen und betont die Wichtigkeit jedes einzelnen Spielers. Zusätzlich angebrachte Fotos von gemeinsamen Aktionen aus der Saisonvorbereitung könnten dazu beitragen, dass Erinnerungen an spaßige Aktionen geweckt werden. Ein solches zusammengestelltes und vielschichtiges Bild ermöglicht es auch, dass die Spieler sich darüber bewusst werden, dass die Zugehörigkeit zu ihrer Mannschaft etwas Besonderes und Wertvolles ist. Zur Verdeutlichung der Besonderheit des eigenen Teams besteht auch die Möglichkeit, Unterschiede zu anderen Teams herauszuarbeiten und eine Art „Feindbild“ zu entwickeln, das Eigenschaften besitzt, die dem Charakter der eigenen Mannschaft entgegen stehen und keinesfalls innerhalb des eigenen Teams existieren sollten.

Literatur
Peplau, Letitia A. & Perlman, Daniel (1982): Perspectives on loneliness. In: Letitia A. Peplau und Daniel Perlman (Hg.): Loneliness. A sourcebook of current theory, research and therapy. New York: John Wiley & Sons, S. 1–18.
Zucchermaglio, C. (2005).Who Wins and Who Loses: The Rhetorical Manipulation of Social Identities in a Soccer Team. Group Dynamics: Theory, Research, and Practice 9 (4), S. 219–238.