Psychische Gesundheit – nicht nur im Leistungssport wichtig!

von Marion Sulprizio & Simon Borgmann (Psychologisches Institut der Deutschen Sporthochschule Köln)

Sebastian Deisler, Robert Enke, Markus Miller und Ralf Rangnick … – dies sind nur einige Namen, die im Zusammenhang mit psychischen Problemen im Profi-Sport stehen. Besonders in den letzten Jahren wurde in den Medien immer wieder über psychische Belastungen von Leistungssportlern berichtet und eine Förderung der psychischen Gesundheit gefordert. Doch was ist „psychische Gesundheit“? Warum ist sie nicht nur im Leistungssport wichtig? Und was wird wirklich dafür getan?

Psychische Gesundheit bezeichnet einen Zustand des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine individuellen Fähigkeiten ausschöpfen und die normale Lebensbelastung bewältigen kann. Im Leistungssport nehmen diese Lebensbelastungen jedoch einen höheren Stellenwert ein. Neben den hohen körperlichen Ansprüchen spielen die psychischen und sozialen Belastungen, wie z.B. Stress oder Druck durch die Medien eine große Rolle. Diese hohen Belastungen können zu einer potentiellen Gefährdung der psychischen Gesundheit der Sportler führen. Neben bestimmten Persönlichkeitseigenschaften wie z.B. Perfektionismus und Ehrgeiz, spielen auch fehlende physische, psychische und soziale Ressourcen eine Rolle bei der Entstehung von psychischen Erkrankungen.
Verschiedene Studien bestätigen die Gefahr von Leistungssportlern psychisch zu erkranken. Nach Thiel et al. (2012) leiden mindestens 20% der Leistungssportler zweitweise an depressiven Verstimmungen. In einer Umfrage des Fußballmagazins „kicker“ zu Beginn dieses Jahres fühlten sich 6,7 % der Spieler der 1. Bundesliga schon einmal in ihrer Karriere von einer Depression oder Burnout betroffen. Darüber hinaus fühlte sich fast jeder fünfte Spieler nicht ausreichend psychologisch betreut. Und auch bei einer Studie im Nachwuchsbereich gaben beinahe die Hälfte aller befragten Leistungskader-Fußballerinnen Schlafstörungen an, die ein Verhaltenskorrelat für psychische Störungen sein können.

Vereine zahlen für ihre Spieler große Summen und erhoffen sich daher eine bestmögliche Leistung ihres Teams. Dafür trainieren die Sportler täglich, um ihre physischen Eigenschaften zu verbessern und auf einem hohen Niveau zu halten. Neueste trainingswissenschaftliche Erkenntnisse zur Trainingslehre werden herangezogen und benutzt. Aber: Wo bleibt das „Training“ der psychologischen Fähigkeiten? Wie werden Ressourcen zum Umgang mit sozialen und psychischen Belastungen gestärkt, wie beispielsweise bei Druck durch Medien oder durch eigene Ansprüche nach Verletzungen? Sobald psychische Probleme auftreten und die psychische Gesundheit eines Sportlers dadurch gefährdet ist, kann er seine Fähigkeiten nicht optimal ausschöpfen. Einfach ausgedrückt heißt das, dass er nicht 100% Leistung auf dem Spielfeld bringen kann. Durch Erwartungen der Fans, Medien und des Vereins kann das zu einem Teufelskreis führen, wobei die psychischen Probleme größer werden und die Leistung weiter abnimmt. Der Druck und die ständige Beobachtung durch die Medien führen auch dazu, dass öffentliche Outings zum Thema depressive Erkrankung und Burnout immer noch eine Ausnahme sind. Viele Sportler befürchten eine negative, öffentliche Beurteilung und ein Ende ihrer Karriere.

Durch die Netzwerkinitiative MentalGestärkt (www.mentalgestaerkt.de) ist ein erster Schritt zum Umdenken erfolgt. MentalGestärkt will die psychische Gesundheit im (Leistungs-)Sport erhalten und fördern sowie psychische Probleme mindern. MentalGestärkt versteht sich als Ansprechpartner für Sportler, Trainer und Angehörige und vermittelt bei psychischen Problemen eine angemessene sportpsychologische Betreuung oder Psychotherapie. Außerdem werden im Sinne der Salutogenese besonders junge Sportler und Athleten in Workshops geschult, wie sie mit Stress, psychischen Belastungen oder Wettkampfangst umgehen können.

Die psychische Gesundheit von Athleten, egal ob Topniveau oder Kreisliga, muss stärker beachtet und Verantwortliche für dieses Thema sensibilisiert werden. Denn es gilt: Nur wer sich wohlfühlt und psychisch gesund ist, kann Bestleistungen bringen.