So trainiert der FC Barcelona (Teil drei)

Dass Barça seit ein paar Jahren den besten Fußball auf der Welt spielt, wird wohl niemand ernsthaft abstreiten können, außer Jose Mourinho vielleicht. Doch was führt dazu, dass die Katalanen so dominant sind? Einblicke in das Training des besten Clubs der Welt.

Im abschließenden Teil dieser kleinen Serie wollen wir, wie angekündigt, das technische Konzept beleuchten, mit dem Barcelona es schafft, absolut dominant zu agieren. Dazu muss man wissen, dass diese Dominanz auf der Philosophie des Clubs beruht, möglichst immer den Ball in den eigenen Reihen zu halten; eine Philosophie, die im Grunde seit der Ankunft von Johan Cruyff 1973 im Verein herrscht. Der einfache Gedanke dahinter: Wenn die Mannschaft selbst den Ball hat, fällt schon mal kein Gegentor, es ist denkbar einfach. Für das Offensivspiel ist es damit nicht getan. Die Taktik, den Ball stets zu kontrollieren und auch noch nach vorn gefährlich zu werden, setzt voraus, dass im Prinzip alle Spieler aller Mannschaftsteile technisch absolut beschlagen sind, da der Ball meist direkt zum Mitspieler gepasst werden muss und das alles fast immer auf engstem Raum, weil die Gegner sich weit in die eigene Hälfte zurückziehen.

Es ist in jedem Barça-Spiel zu beobachten, wie es den Spielern gelingt, diese Situationen zu lösen, das Geheimnis lautet: Dreiecke. Überall dort, wo zwei Spieler von Barcelona von zwei Spielern des Gegners attackiert werden, taucht wie aus dem Nichts ein dritter Barça-Spieler auf und bildet den dritten Eckpunkt des nun entstandenen Dreiecks. Weil sie technisch allesamt so beschlagen sind, schaffen sie es, per Direktspiel und mit der so hergestellten Überzahl das Problem zu lösen. Im nächsten Spielzug genau das gleiche Bild. Doch woher kommt die technische Beschlagenheit aller Akteure?

Wer was am Ball kann, ist willkommen

Alle Jungs, die mit dem Fußball beginnen, wollen nur eins: Tore schießen, die die Mannschaft zum Sieg führen. Andererseits lautet eine der Grundregeln nahezu jeder Ballsportart, dass die Offensive die Treffer markiert, die Defensive hingegen den Erfolg bringt. „Offense wins games, defense wins championships“, so das komplette Zitat. Also beginnen die Clubs, ihre Jugendspieler, die irgendwann einmal in der ersten Mannschaft reüssieren sollen, positionsgetreu auszubilden. Wer in der E-Jugend Außenverteidiger lernt, so die Philosophie, hat diese Position so verinnerlicht, dass er sich 15 Jahre später im Schlaf noch spielen könnte. Die Vereine gehen wie folgt vor: Die technisch beschlagenen Jungs spielen von Anfang an in der Offensive, die aus eher gröberem Holz geschnitzten Jungs müssen in der Verteidigung ran.

Der FC Barcelona verfolgt nun kein technisches Konzept, das dieser Prämisse grundlegend zuwider läuft. Und doch gibt es einen radikalen Unterschied. In der cantera, also in der Ausbildung, werden diejenigen, die technisch nicht hoch begabt sind, wieder nach Hause geschickt, seit Ewigkeiten geht das so in Barcelona. Die Jungs, die am Ball wirklich was drauf haben, sollen erst einmal ein paar Jahre in der Barça-Jugend spielen, wo sie durch das Training nach und nach von Rohdiamanten zu technisch feingeschliffenen Juwelen werden. Erst dann, im nächsten Schritt und im schon etwas fortgeschrittenen Alter (es gibt keine genauen Zahlen, ab wann, doch im Schnitt vermutlich mit elf bis dreizehn Jahren), werden einige der durchweg offensiv denkenden Jungs zu Defensivspielern umgeschult. Das erklärt, warum auch alle defensiven Akteure des FC Barcelona, ja sogar der Torwart, ziemlich außergewöhnliche Fähigkeiten im Umgang mit Ball besitzen.

Wer nicht ins Konzept passt, muss bald wieder gehen

Und so werden bei Barça die stets gleichen, sich nur in Nuancen verändernden Übungen trainiert, wie in Teil zwei beschrieben. Die Philosophie der technischen Überlegenheit und der Dominanz ist nichts, was Pep Guardiola oder Frank Rijkaard im Club eingeführt haben – sie haben sie nur weiter perfektioniert. Seit Rinus Michels 1970 in die katalanische Hauptstadt gekommen war, orientiert sich der Club am Leitbild des „totaal voetbal“, dessen Idee es ist, dass jeder Spieler im Prinzip alles können muss. Vor allem am Ball. Und mit diesem Leitbild werden schon die Jüngsten konfrontiert, die nach La Masia kommen. Und auch jene Profis, die Barcelona für das Profiteam hinzukauft, müssen diesem Ideal entsprechen. Wer es nicht erfüllt wie etwa Zlatan Ibrahimovic, muss eben nach einem Jahr wieder gehen – trotz seiner 16 Tore in 29 Punktspielen.