SpoWi-Ecke: Untersuchung des Kopfballtrainings

Die althergebrachte Behauptung, dass Kopfbälle zum Absterben von Gehirnzellen führen, wurde an einer Untersuchung in Regensburg genauer unter die Lupe genommen.

Petra Jansen und Cornelia Rieder führten mit Sportstudenten der Universität Regensburg eine Studie durch und untersuchten nicht nur die Auswirkungen von spezifischem Kopfballtraining, sondern auch dessen geschlechtsspezifische Wahrnehmung. Hierzu wurden zunächst 123 Probanden zur Durchführung angemeldet, wovon jedoch 32 Studierende wegen Kopfschmerzen, psychiatrischen/neurologischen Problemen, Kopfverletzungen, Alkoholkonsum oder absolviertes Kopfballtraining in den vorangegangenen drei Tagen ausgeschlossen wurden.

Somit blieben 91 Versuchspersonen, davon 61 Frauen und 30 Männer für die Untersuchung übrig, die nach Alter, Geschlecht und Intelligenz gemacht und in drei Gruppen eingeteilt wurden: Eine Kopfballtrainingsgruppe (35 Studierende), eine Passtrainingsgruppe (29 Studierende) und eine Wartekontrollgruppe (27 Studierende). Die Kopfballtrainingsgruppe erhielt 15-minütige Trainingseinheiten mit drei Übungsformen, die je paarweise absolviert wurden:

1. Zuwurf aus drei Metern – Kopfball aus dem Stand zurück; nach fünf Bällen Partnerwechsel
2. Wie 1., nur mit Kopfball im Sprung zurück
3. Kopfball nach einer Flanke

Jede der Übungen wurde fünf Minuten durchgeführt. Nach einem gemeinsamen Aufwärmprogramm absolvierte die Passtrainingsgruppe parallel dazu ebenso eine 15-minütiges Einheit zur Thematik Passen, während die Wartekontrollgruppe kein Training erhielt.

Unmittelbar nach dieser Trainingsphase mussten die Probanden Aufmerksamkeits- und Arbeitsgedächtnistests bewältigen und einen Fragebogen zu psychophysischen Symptomen, die auf Schädel-Hirn-Traumata hinweisen, ausfüllen.

Studie Kopfballtraining, Ergebnisse

Von der Kopfballkontrollgruppe klagten neun Personen über Kopfschmerzen nach, 12 sogar während dem Training. Acht Personen gaben Nackenschmerzen, drei gar Schwindel an. Bei der Passtrainingsgruppe wurden drei Studierende mit Kopfschmerzen nach, ein Proband mit Schmerzen während dem Training festgestellt. Nackenschmerzen gaben sechs Versuchspersonen an, Schwindel drei. In der Wartekontrollgruppe war kaum eine der Symptome anzutreffen.

Interessanterweise gaben fast nur weibliche Teilnehmerinnen die Schmerz- und Schwindelgefühle an. All die geschilderten Fälle trafen bis auf eine Ausnahme – ein männlicher Proband gab an, an Kopfschmerzen während des Trainings zu leiden und Nackenschmerzen wahrzunehmen – auf die Studentinnen zu. 50 Prozent der Studentinnen gaben demnach an, während des Trainings Kopfschmerzen zu verspüren, 36 Prozent der Teilnehmerinnen berichteten über Kopfschmerzen nach der Einheit.

Studie Kopfballtraining, Fazit

Ein 15-minütiges Kopfballtraining, wie es im Trainingsalltag gut eingebaut werden kann, zeigt laut der vorliegenden Untersuchung keine neurokognitiven Beeinträchtigungen. Weder in den Tests der Aufmerksamkeit, noch des Arbeitsgedächtnisses konnten signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen erhoben werden. Gegen den Einsatz gezielten Kopfballtrainings können demnach laut Jansen und Rieder prinzipiell kaum Einwände vorgebracht werden.

Vor Vorsicht mahnt jedoch die festgestellte Sensibilität der Teilnehmerinnen. Ob die selbstdiagnostizierten Schmerzen ihren Grund beispielsweise in geringerer Kopfballerfahrung oder auf geschlechtsspezifische Differenzen in der Anatomie beruhen, muss weiter eruiert werden. Außerdem sollte mit eingerechnet werden, dass laut dem Autorenduo die weiblichen Probanden ehrlicher in Selbsteinschätzung und –darstellung sind und dadurch Verzerrungseffekte eintreten können.

Exkurs:

Eine Untersuchung von Inga Koerte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität und der Harvard Medical School lieferte konkrete Hinweise auf Gehirnschädigungen. Die Studie untersuchte zwölf Fußballer einer deutschen Profimannschaft, die noch nie eine Gehirnerschütterung erlitten hatten, und stellte einer Kontrollgruppe von acht Hochleistungs-Schwimmern gegenüber.

„Unsere Untersuchungen haben nachgewiesen, dass es auch ohne akute Symptome wie eine Gehirnerschütterung zu Veränderungen des Gehirns kommen kann“, so Koerte, „die strukturellen Veränderungen, die wir bei den Fußballern festgestellt haben, sind denen eines Schädel-Hirn-Traumas ähnlich“.

Die Veränderungen des schwimmenden Gehirns in der weißen Substanz könne durch stoßartige Berührungen mit Schädelknochen entstehen, die aufgrund einer beim Kopfball-Spiel zwangsläufigen Schleuderbewegung erfolge, so die Untersuchungsleiterin.

Von Dominik Langenegger