Stevens coacht Schalke ins Achtelfinale

Dass der FC Bayern den Einzug ins Achtelfinale der Champions League schaffen würde, überraschte kaum jemanden. Dagegen ist es fast schon eine Sensation, dass Borussia Dortmund in der mit Abstand stärksten Gruppe schon vor dem letzten Spieltag als Gruppensieger feststeht, nach einem grandiosen 4:1-Erfolg bei Ajax Amsterdam. Und auch der FC Schalke 04 steht schon als einer der beiden Gruppenersten fest. Im Spiel gegen ein unangenehmes Olympiakos Piräus fuhren die Knappen einen umkämpften 1:0-Sieg ein.

Statistiker hatten es am Mittwochabend flugs ausgerechnet. Seit 1998 angeblich stehen drei deutsche CL-Teilnehmer schon vor dem abschließenden Spiel als Qualifikanten fest. Das ist natürlich eine tolle Bilanz, keine Frage, und möglicherweise ist es auch ein Ausdruck des Wiedererstarkens der deutschen Bundesliga. Während Dortmund in der „Todesgruppe“ auch von Real Madrids Starensemble nicht mehr einzuholen ist, kämpfen Bayern und Schalke am letzten Gruppenspieltag noch um den ersten Platz in ihren Gruppen, um im Achtelfinale den vermeintlich stärkeren Teams erst einmal aus dem Weg gehen zu können. Und beide Clubs haben es selbst in der Hand, mit einem Sieg für die bessere Ausgangsposition zu sorgen.

Einen Sieg, das war es auch, was der FC Schalke gegen Griechenlands Rekordmeister aus Piräus zu feiern gedachte und auch benötigte, um sicher in die erste K.O.-Runde im Februar einzuziehen. Und Schalke kam zu den drei Punkten, zwar erst spät durch einen Fernschuss von Christian Fuchs, aufgrund der Spielanteile und der Chancen allerdings verdient. 27 zu 7 Torschüsse wurden nach der Partie gezählt, auch der Ballbesitz war mit 61 zu 39 Prozent ungleich verteilt. Doch gewannen die Griechen 50 Prozent der Zweikämpfe, und genau das war es, was den Schalkern Probleme bereitete. Von der Taktik, die die Gäste anwandten, ganz zu schweigen.

Die Sechser der Griechen spielten eine Art der Manndeckung

Denn Olympiakos verteidigte extrem tief, was besonders zu Beginn und zwei frühen Chancen für Huntelaar und Holtby die Frage aufwarf, ob diese Taktik richtig sein sollte. Vor der Mittellinie griff Piräus nicht an, erst dahinter versuchten die beiden tief stehenden Sechser und die drei etwas offensiveren Mittelfeldspieler ein wenig gegen den Ball zu arbeiten. Weil insbesondere die Sechser Modesto und Greco sich dabei weit zurückfallen ließen, schafften es die Griechen, den Raum zwischen Mittelfeld und der ebenfalls tief stehenden Viererkette sehr eng zu machen – die Schalker mussten meist auf die Flügel ausweichen, von wo aus sie keine Torgefahr entwickelten. Außer ein paar Fernschüssen (lediglich der von Holtby nach zehn Minuten war gefährlich, er klatschte an die Latte) und Alibiflanken näherten sich die Königsblauen dem Tor der Gäste kaum.

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Auffallend war dagegen, wie Olympiakos verteidigte. Trainer Leonardo Jardim verordnete bereits den Sechsern, Manndeckung im defensiven Mittelfeld zu spielen, was diese im Prinzip ordentlich lösten. Dabei verstanden die beiden es auch, kreuzende Schalker Gegenspieler auf diesen Positionen geschickt zu übergeben und diesen nicht einfach hinterherzulaufen, was den Schalkern womöglich entscheidende Lücken im Raum verschafft hätte. Auf den Außenbahnen spielten die Gäste die Manndeckung konsequenter, was gerade dem sonst oft offensiven Schalker Außenverteidiger Christian Fuchs die Lust am Offensivspiel etwas raubte.

Stevens sah, wo er den Hebel ansetzen musste

Doch Schalke-Coach Huub Stevens hatte in der Halbzeit erkannt, wo der Schuh drückte, und er fand die richtigen Knöpfe, um das Offensivspiel seiner Truppe anzukurbeln. Zum einen rochierte Lewis Holtby noch mehr im offensiven Mittelfeld, ging hier und da in den Sturm, ließ sich etwas tiefer fallen und stellte der Manndeckung der Gäste auf diese Weise Aufgaben, die diese nicht immer lösen konnte. Wenn Holtby offensiver wurde, rückte Jermaine Jones von hinten nach, was den Schalkern nach einem Ballverlust oft die schnelle Rückeroberung einbrachte, Ähnliches galt für den nun ebenfalls höher stehenden Fuchs, der viele Bälle der Gäste abfing, die Konter einleiten wollten. Auf ähnliche Art und Weise agierte Benedikt Höwedes in der zweiten Halbzeit auf der rechten Bahn, wo er Jefferson Farfan so deutlich besser unterstützen konnte. Und auch Klaas-Jan Huntelaar wurde im Vergleich zur ersten Hälfte immer beweglicher, wich hier und da auf die Flügel aus und zerrte so seine Gegenspieler aus dem Angriffszentrum heraus, um dort Platz für die dann und wann nachrückenden Draxler und Holtby machen zu können. Auf diese Weise schaffte Stevens jene Freiräume, die seine Elf so dringend benötigte, während die Defensive der Gäste der nun wesentlich komplexeren Aufgabenstellung nicht mehr gerecht werden konnte.

Dass das Tor dann durch einen Fernschuss aus mittiger Position, 25 Meter vor dem Tor, fiel, war auch eine Folge von Stevens‘ taktischen Umstellungen – ohne diese hätte Fuchs nie und nimmer so viel Freiräume vor sich gehabt, um dort hinein zu stoßen. Der Schuss schien nicht gänzlich unhaltbar, doch hat das bei den Schalkern natürlich keinen gestört. Schließlich verdiente sich das Team den Sieg mit einer kompakten Leistung und der Fähigkeit, die taktischen Vorgaben des Trainers nach der Pause eins zu eins abzubilden und umzusetzen. Doch im Achtelfinale wird ein Gegner auf dem Platz stehen, der selbst nach vorn spielen möchte, der sich nicht fast komplett vor das eigene Tor zurückzieht – und genau das könnte dem FC Schalke entgegen kommen. Denn dann würde wohl von Anfang an mehr Raum vorhanden sein für das Angriffsspiel, und Stevens müsste nicht so tief in die taktische Trickkiste greifen wie gegen Olympiakos Piräus. Das Spiel war sicher kein Leckerbissen für Freunde des offensiven Spektakels, ließ allerdings in taktischer Hinsicht wenig Wünsche offen und war hier gerade nach der Pause höchst interessant zu beobachten.