Wissenswertes zur Spielanalyse

Als Trainer ein Spiel anzuschauen und es zu analysieren, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Trainer von Profimannschaften sind dabei gleichzeitig im Vor- wie auch im Nachteil im Vergleich zu Trainern von Jugend- und Amateurteams. Der Vorteil besteht darin, dass sie nach dem Spiel eine DVD von ihrem technischen Analysten ausgehändigt bekommen, auf der die entscheidenden Situationen zusammengeschnitten sind. Der Nachteil: In der Halbzeitpause müssen sie entscheidende Dinge ansprechen und zu ändern versuchen – ohne dieses technische Hilfsmittel. Immerhin kann der Profitrainer dabei auf seine Assistenten zurückgreifen. Um für die nächste Trainingseinheit zu planen, kann er sich in Ruhe die DVD anschauen und analysieren, welche Schlüsse er darauf zu ziehen hat.

Der Amateur- bzw. Jugendtrainer hat es da wesentlich schwerer. Ihm wird keine DVD nach dem Spiel gereicht, er muss alles, was während des Spiels passiert, mit eigenen Augen sehen – und dann auch noch deuten, analysieren und daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Wurde früher, als die DVD-Methode noch weit weg war, Ewald Lienen aufgrund seiner permanenten Schreibtätigkeit während einer Partie noch als „Zettel-Ewald“ belächelt, so empfiehlt es sich für einen Amateurtrainer in unseren Tagen, es Lienen nachzutun. So hat er später die entscheidenden Situationen eines Spiels, die er notiert hat, gleichzeitig auch noch besser vor dem geistigen Auge.

Dazu gehört, sich sowohl die taktischen Stärken als auch die Schwächen seiner Mannschaft zu notieren. Nichts ist schließlich wertvoller, als die Abwägung von Stärken und Schwächen. Ein guter Trainer wird daher stets darauf bedacht sein, die Trainingsarbeit dort anzusetzen, wo er den besten Hebel vermutet, wie sich die Stärken der Mannschaft taktisch so nutzen lassen, dass dadurch die Schwächen kaschiert werden oder zumindest an den Tand gedrängt. Ein Beispiel: Einem Team, das seine Stärken im Konter hat und damit viele Spiele gewinnt, ist nicht geholfen, wenn im Training Wert auf Ballbesitz und –kontrolle gelegt wird. Also muss die Analyse des Trainers lauten, dass die Mannschaft am ehesten erfolgreich ist, wenn zwischen der Eroberung des Balles und dem Torschuss nur wenige Sekunden liegen. Der Ansatz des Trainers für die Trainingseinheiten lautet also, kein extremes Forechecking am gegnerischen Strafraum trainieren zu lassen, nur um den Ball zu erobern (wie etwa der FC Barcelona das macht), sondern sich vielmehr etwas zurückzuziehen und abzuwarten, bis der Gegner mit vielen Spielern nach vorn geht. Dann müssen die Räume verdichtet und das schnelle Umschaltspiel aufgezogen werden, bei dem jeder Spieler seine Laufwege genau zu kennen hat.

Und noch ein Wort am Rande: Trainer können ruhig auch mal einen ihnen bekannten Zuschauer fragen, den Co-Trainer oder die Eltern eines Jugendspielers, die das Spiel anschauen, ob sie nicht einmal ein Spiel mit einer Kamera aufzeichnen können. Die dabei entstandene Datenmenge ist recht gering, sie kann mit jedem Rechner abgespielt werden. So kann ein Amateur- oder Jugendtrainer sich ein Spiel im Nachhinein auch noch einmal in ganzer Länge anschauen; möglicherweise hilft es ihm bei der Analyse. Oder es zeigt ihm, dass er mit dem, was er während des Spiels zu sehen meint, auf dem Holzweg ist. So oder so kann die Aufzeichnung nur hilfreich sein.