Saison 2013/14 Aufwärmprogramm Spiel: FC Bayern München gegen FC Augsburg

Das Aufwärmverhalten vor einem Spiel gehört zu den Aspekten, die im Sport generell und im Fußball spezifisch oftmals nicht die Beachtung finden, die sie eigentlich bekommen sollten.
Neben dem Aspekt der Aktivierung, Leistungsförderung und -gewöhnung steht bei einem professionellen Aufwärmen auch die Verletzungsprophylaxe im Fokus. Anhand von Beispielen aus der 45- bis 60-minütigen Erwärmung zweier Bundesligamannschaften soll ein Einblick in die Übungs- und Spielformen von Profis vor Spielbeginn gegeben werden.

Beide Teams traben unter dem gedämpften Applaus des Publikums auf den Rasen und die Spieler der Teams laufen in den ersten Minuten gemächlich zwei bis vier Querbahnen, herumliegende Bälle werden lässig mit dosierten Kurzpässen weitergespielt, meist versehen mit einem kleinen Spruch für den Mitspieler. Im Vordergrund stehen die Lockerung im physischen und psychischen Bereich sowie die Gewöhnung an das Geläuf und die Stadionatmosphäre.

Aufwärmen der Torhüter

Die Torwarttrainer schnappen sich bereits nach zwei Durchgängen ihre Keeper und absolvieren auf dem Seitenstreifen spezielle Sprung- und Dehnübungen, um ideal auf die später kommende Belastung vorzubereiten. Kleine Passformen mit dem Stammtorhüter, dann frontale Drop-Kick-Zuspiele auf den Körper zur Verbesserung der Hand-Auge-Koordination und schließlich geworfene und geschossene Bälle auf die Ecken runden die erste Phase des Torwartaufwärmtrainings ab.

Lauf ABC für Startelf

Währenddessen holen die beiden Fitnesstrainer die Feldspieler der Startelf zusammen, um mit dem Lauf-ABC gezielte bewegungsvorbereitende Übungen durchzugehen. Dazu gehören die bekannten Formen wie Kniehebeläufe, Sprungläufe, Anfersen, Überziehen, Hopserläufer, etc. Sehr detaillierte Beispiele hierzu finden Sie auch auf dieser Seite bei den Trainingsreporten des FC Bayern München im Video.


Für diese Laufschule wählte ein Team FCB die Form eines Sterns, wobei sich der Fitnesstrainer mittig postiert und die Spieler im Kreis um ihn postiert (in der Grafik Bereich „A“). Auf Kommando müssen bestimmte Bewegungsformen zur Kreismitte hin ausgeführt werden, den Weg zurück lassen die Trainer im Trab ausführen. Das zweite Team FCA wählt die Standard-Gassenaufstellung, wobei immer zwei Akteure nebeneinander stehen und die Laufübungen absolvieren.

Bestandteile dieses Lauf-ABCs sind neben koordinativen Elementen auch Schwunggymnastik und dynamisches Dehnen – lediglich die Torhüter verwenden zur Erweiterung der Bewegungsamplitude immer wieder statische Dehnelemente.

FCB: (FCA weiterhin mit Gassenaufstellung, auch bei den Sprints) – FCB wechselt zu der geschilderten Variation

Schnelligkeits- und Koordinationsübungen

Nach diesen aktivierenden Laufformen geht es also für die Start-Feldspieler weiter in die schnellkräftigen Bestandteile. Hierzu wurden auf dem Seitenstreifen zwei gegenüberliegende Hütchenreihen aufgebaut, der zweite Fitnesstrainer des Vereins übernimmt hier das Kommando.
Je fünf Spieler stehen hinter einer der Reihen, die Profis müssen frontal oder seitlich über die Hütchen sprinten und sich anschließend entweder auf der anderen oder auf derselben Seite wieder anstellen.

Hier werden laterale Überkreuzbewegungen, frontale und seitliche Beschleunigung und Abdruckverhalten trainiert, die Spieler bewegen sich gefühlt bei etwa 70 bis 80 Prozent des maximalen Schnelligkeitsniveaus.

Ersatzspieler mit 5 gegen 2

FCB und FCA

Die Ersatzspieler beider Teams spielen währenddessen leger auf der anderen Platzseite „5 gegen 2“ oder spielen lockere Flugbälle. Aus den vielköpfigen Trainerteams werden sie anscheinend nicht beachtet.

Passstafetten beider Teams

FCA
Die Startformationen hingegen beginnen nun mit Pass-Stafetten. Ein Team bevorzugt sehr einfache Spielformen und steckt ein Feld ab, in dem die Profis frei laufen und sich die Bälle zupassen. Bei den zehn Mann laufen hierbei zwei Bälle um, die Vorgaben variieren zwischen direkt, zwei Kontakte (Ballmitnahme und Pass), Spiel über den dritten Mann etc.

FCB


Das zweite Team setzt auf kompliziertere und vordefinierte Passformen (siehe Grafik). Die unten am Bildrand postierten Spieler passen auf einen der beiden im Zentrum stehenden Partner (1), dieser soll mit der Annahme aufdrehen und diagonal weiterspielen (2). Anschließend folgt ein kurzer Doppelpass zwischen diesen beiden Profis (3 und 4) und daraufhin das Anspiel zurück auf die Startposition der anderen Seite (5).
Bis auf die Aufdrehbewegung im Zentrum muss direkt weitergeleitet werden, alle Spieler laufen dem Ball nach und besetzen die neue soeben vakant gewordene Position. Es befinden sich zwei Bälle im Umlauf, so dass auch immer wieder peripheres Sehen und situative Reaktion plus Genauigkeit mit einbezogen werden.

Spielformen mit intensiven Zweikämpfen

4vs4plus2

Nach dieser ebenfalls etwa zehnminütigen Pass-Phase gehen die Teams über in Spielformen mit Zweikampfsituationen. Während die Mannschaft im abgesteckten Spielfeld schlicht fünf gegen fünf mit hohem Raum- und Gegnerdruck auf zwei Dribbeltore spielt FCA, wird beim gegnerischen Team FCB das klassische „4gegen4plus2“ ausgepackt. Hierfür markieren die Trainer ein 5mx10m-großes Viereck und sorgten so für hohen Gegnerdruck.

Immense Passschärfe und – genauigkeit werden hierdurch gefördert und gefordert. Je vier Spieler müssen den Ball gegen vier aus der Mitte Attackierende behaupten und wurden hierbei von zwei freien Akteuren unterstützt. Die Vier in Ballbesitz sollen sich außen linientreu anbieten und coachen sich gegenseitig intensiv.

Einer der beiden Freien agiert in der Spielfeldmitte und besetzte immer wieder die Passmöglichkeit in die kurze Diagonale, während der andere Freie angewiesen wird, mit auf den Linien für Anspielmöglichkeiten zu sorgen. Bei Ballverlust muss direkt gewechselt werden und das Team welches die Kugel verliert rückte in die Mitte zur Balljagd.
Als die beiden freien Mitspieler werden hierbei die beiden „Sechser“ eingesetzt, so dass diese die nötige Passsicherheit finden – allerdings müssen sie so in keinen Defensivzweikampf, der ja auch zum Anforderungsprofil für diese Spielposition zählt.

Torabschlüsse

FCA und FCB
Nach etwa fünfzehn Minuten in den Spielformen mit Zweikämpfen und Drucksituationen steht dann kurz vor Spielbeginn der Torabschluss an. Die Keeper, die mit ihren Trainern individuelle Übungen mit Schüssen, Würfen und Flanken auf das Gehäuse sowieso Abwürfen, Abschlägen und Abstößen vom Tor weg trainiert haben, sind nun warm und stellen sich den Torabschlüssen der Start-Feldspieler entgegen.

Hierbei wählen beide Teams den antiquierten Aufbau mit Pass von der Mittellinie auf einen 20m frontal vor dem Tor postierten Stürmer, der die Kugel zum Schuss ablegt. Diese Rolle als Wandspieler übernimmt ein Auswechselspieler, die Feldspieler schließen nach Pass auf diesen direkt oder mit zwei Kontakten auf das Tor ab.

FCB: Spezialisierungen (s.u.) – beim FCA bleiben alle Feldspieler geschlossen beim Torschusstraining

Die Innenverteidiger verlassen nach zwei, drei Torschüssen das Geschehen und üben gegenüberstehend und zuwerfend noch einige Kopfbälle, einige der Flügelspieler gehen zusammen und spielen diagonale Flugbälle auf die Spielfeldbreite.

So löst sich das Geschehen langsam auf, bis von den Trainerteams die Signale zum Aufbruch in die Kabine kommen und beide Mannschaften den Rasen verlassen, um kurz darauf zum Anpfiff wieder zu kommen.

Von Dominik Langenegger