SpoWi-Ecke: Soziales Faulenzen, beim 4:4 der DFB-Elf gegen Schweden

Ein Spiel der Nationalmannschaft, welches für enormen Gesprächsbedarf sorgte, fand im Herbst 2012 im Berliner Olympiastadion statt. Ein Spiel, in welchem die DFB-Elf bereits 4:0 führte und schließlich nach einem scheinbar unerklärlichen Leistungseinbruch gegen Spielende mit vier Gegentoren und folgerichtig einem 4:4-Remis endete.

Die deutschen Mannen hatten Schweden an die Wand gespielt und Weltklassekombinationen gezeigt, bevor der totale Einbruch kam. Die Beteiligten konnte sich diese Enttäuschung erst nicht erklären. Die sportwissenschaftliche und -psychologische Forschung hingegen schon.

Die Analyse

Der deutsche Bundestrainer Joachim Löw reflektierte die Partie nach einigen Wochen in der Frankfurter Rundschau wie folgt: „Die Mannschaft hat eine halbe Stunde lang auf Weltklasse-Niveau agiert – und dann sehe ich in der Videoanalyse Spieler bei uns, die sich eine halbe Minute lang gar nicht mehr bewegen“. Daniel Memmert, Bernd Strauss und Daniel Theweleit liefern in ihrem beeindruckenden Werk „Der Fußball Die Wahrheit (Süddeutsche Zeitung Edition)“ eine wissenschaftliche Erklärung hierfür, das „soziale Faulenzen“.

Das Phänomen des sozialen Faulenzen

Soziales Faulenzen (Social Loafing) wird in Situationen angetroffen, in welchen nicht die Leistung eines Einzelnen, sondern einer Gruppe von Interesse ist. Der dargebrachte Beitrag des Einzelnen ist hierbei nicht ohne weiteres transparent zu erkennen, so dass sich Individuen sozusagen in der Gemeinschaft verstecken, auf den Einsatz und die Kraft der anderen vertrauen und sich selber zurücknehmen.

Dieses Phänomen wurde in einer Untersuchung beim Seilziehen wissenschaftlich nachgewiesen. Ein Mensch zieht mit einem festgestellten maximalen Kraftaufwand alleine am Seil (100%). Wenn dieser nun Unterstützung durch einen Mitstreiter bekommt, also zwei Leute am Seil ziehen, reduzieren beide ihr Engagement im Vertrauen auf den anderen auf je 93 %. Bei einer Gruppengröße von drei Ziehenden sind es nur noch 85 und bei acht gar nur noch 49 %, wie Memmert, Strauss und Theweleit darlegen.

Selbst in der Vorbereitung auf eine Aufgabe und sogar der Glaube, dass es sich bei Aufgaben um eine Gruppenaufgabe handelt, senkt das eigene Engagement. Sobald ein Teammitglied einen Kollegen des sozialen Faulenzen verdächtigt, reduziert er ebenso seine Anstrengung – ein Verhalten, welches in einem Teufelskreis enden kann.

Fazit

In jeder Gemeinschaft wird es immer Gruppenmitglieder geben, die viel Einsatz zeigen und solche, die wenig investieren. Die Kunst des Trainers liegt darin aus diesen Einzelinteressen ein Kollektiv zu formen und die Individuen auf einen gemeinsamen Nenner zu bekommen. Im Idealfall sollten schließlich alle Beteiligten auf maximalen Erfolg hinarbeiten und so den größtmöglichen Einsatz bringen.

Der sportwissenschaftliche Wissensstand kann hierfür Hilfsmittel und Instrumente liefern. Durch die konstante und parallele Überwachung der Spieler-Pulsfrequenzen mit speziellen Teamausrüstungen oder im Hochleistungssport die Übersichten über gelaufene Kilometer, Anzahl der Sprints etc. können zurückgehaltene Reserven mobilisiert oder Defizite aufgedeckt werden. Der Trainer darf hier nicht lockerlassen und muss stets versuchen das Maximum aus den einzelnen Spielern zu aktivieren.

Von Dominik Langenegger