SpoWi-Ecke: Der Geburtsmonatseffekt

Der Geburtsmonatseffekt, der auch als Relativalterseffekt bekannt wurde, besagt, dass signifikant mehr Fußballspieler in der ersten Hälfte der Fußballsaison (also von etwa August bis Januar) geboren sind als in der zweiten Hälfte (etwa Februar bis Juli).

Die Untersuchung

Günther Bäumer führt in seiner Untersuchung Daten an, die den Jahren 1991 und 1996 entstammen, aber eine Übersicht überdie etwa 4.300 europäischen Hochleistungsfußballern aus den oberen Ligen Deutschlands, Englands und den Niederlanden zeigen. 59,8% aller dieser Spieler wurden zwischen August bis Januar geboren und nur 40,2% von Februar bis Juli.

Im Juniorenfußball, wenn der Jahrgang entscheidet, gibt es ganz ähnliche Statistiken mit früh im Jahr geborenen Kindern und Jugendlichen.

Erläuterung des Effektes

Seit 1985 ist dieser Effekt bekannt und wird untersucht. Von Barnsley/Thompson stammt dei Erklärung, dass bei gleichaltrigen Kandidaten, die für einen Verein zur Verfügung stehen, diejenigen ausgewählt werden, die körperlich reifer sind. Laut Bäumler sind dies in der Regel diejenigen, deren Geburtsdatum näher am Aufnahmestichtag liegt (bei Senioren der 31. Juli, bei Junioren der 1.1.).

Ergebnisse

Junge Talente für die höchsten Ligen werden in starkem Maße nach ihrer Spielstärke, wozu auch der körperliche (und ggf. auch geistige) Entwicklungsstand zählen, ausgewählt. Dass ein Spieler, der ein deutlich höheres ¨Realativalter¨ besitzt, also beispielsweise 18 Jahre und 11 Monate alt ist, tendentiell weiter entwickelt ist als der Spieler, der 18 Jahre und 2 Monate alt ist, wird hierbei vorausgesetzt.

Anhand einer Statistik von 1.773 Bundesligaspielern der Spieljahre 1994/95 bis 1996/97 erläutert Bäumer, dass hierbei ein gravierender Fehler in der Talentauswahl begangen wird.

Denn während bei den ganz jungen Talenten (18-21 Jahre) 71% der Spieler in der ersten Saisonhälfte geboren wurden, so sinkt dieser Prozentsatz auf 53% bei den Profis ab 26 Jahren. Das Talent eines Spielers kann unmöglich mit dem Geburtsmonat zusammen hängen – im Gegensatz dazu wurden offensichtlich junge Talente bevorzugt verpflichtet, wenn sie relativ älter und somit weiter entwickelt waren.

Viele dieser vermeintlich größeren Talente wurden dann aber aussortiert, da aufgrund der ausklingenden Reifung ihre überlegenen Entwicklungsvorteile ausgeglichen wurden und schließlich mit zunehmendem Alter das Talent den großen Entwicklungsvorsprung ausglich.

Forderungen

Um den Geburtsmonatseffekt bei Fußballspielern zu minimieren schlägt Bäumel einige Maßnahmen vor. Bei der Talenteinstufung soll ein dem Relativalter entsprechend steigender ¨Malus¨, der den Entwicklungsvorsprung berücksichtigt, eingerechnet werden. Außerdem sollen bei den Heranwachsenden die Teams nicht nach Jahrgangsstufen, sondern nach Leistungsstufen eingeteilt werden.

Fazit

61,2% der unter 22-jährigen Neuzugänge der Fußballbundesliga, die in der ersten Saisonhälfte geboren waren, wurden nach zwei Jahren wieder aussortiert. Bei den Neuzugängen ab 22 Jahren lag dieser Prozentsatz nur noch bei 46,8. Daher wird vermutet, dass sich unter den jungen Spielern mit hohem Relativalter eine große Anzahl befindet, deren Talent überschätzt wurde.

Für diese Fehleinschätzung mussten vermutlich viele talentiertere Spieler, die später geboren wurden, büßen, da sie keinen Kaderplatz oder Vertrag bekamen. Für jeden Trainer stellt dies eine prikäre Situation dar, denn eine Förderung der Talente mit geringem Relativalter kostet insbesondere im Jugendfußball oftmals den ein oder anderen Punkt.

Erfahrenere und weiter entwickelte Spieler können hier für kurzfristigen Erfolg sorgen, müssen laut der Untersuchung langfristig aber oft dafür büßen.

Viele Vereine haben den Geburtsmonatseffekt bereits erkannt und arbeiten hart, um jedem talentierten Spieler die bestmögliche Förderung zu ermöglichen. Denn vorsicht! Der Geburtsmonat oder -tag weist keine Korrelation zu Talent auf.

Von Dominik Langenegger

Schlagwörter: Sportwissenschaft, Fußball, Sport, Talent, Geburtsmonatseffekt, Relativalterseffekt, Jugendfußball, Dominik Langenegger, Bundesliga, Neuzugang