SpoWi-Ecke: Sportwissenschaftler Roland Loy analysierte über 3.000 Fußballspiele

Der Münchener Roland Loy prägt hinter den Kulissen die Fußballlandschaft in Deutschland wie kaum ein anderer. Bei der Weltmeisterschaft 1990 war der Sportwissenschaftler bereits mit 28 Jahren sportlicher Berater von Teamchef Franz Beckenbauer, später baute er die ran-Datenbank mit auf, analysierte für die UEFA und internationale Spitzenklubs Spiele und arbeitet als Berater bei ZDF-Fußballübertragungen.

2010 veröffentlichte Loy im Goldmann Verlag „Das Lexikon der Fußballirrtümer) und listete darin verschiedene landläufige Überzeugungen zum Fußballsport auf, die nicht der Realität entsprechen. Bereits zuvor erschien seine über eintausendseitige Dissertation „Taktik und Analyse im Fußball“. Denn Loy analysierte über 3 000 Fußballspiele, über 100 000 Zweikämpfe und 1 000 Elfmeter und kann daher viele vermeintliche Fußballweisheiten statistisch widerlegen.

You have to win Zweikampf

Die vermeintliche Erkenntnis, dass das Team mit der besseren Zweikampfbilanz den Sieg davon trägt, zählt laut Loy in die Fabelwelt. Denn laut seinen Untersuchungen gewann nur in rund 40 Prozent aller Spiele die Mannschaft, welches mehr Zweikämpfe gewann.

Ballbesitz, Ballbesitz, Ballbesitz

Der zunehmend populäre Meinung von Trainern wie Pep Guardiola oder Louis van Gaal, die ein ballbesitzorientiertes Spiel propagieren, hält der A-Lizenz-Inhaber Loy dagegen, dass in all seinen untersuchten Partien das Team, welches mehr Ballbesitz erreichte, nur in einem Drittel der Partien auch als Gewinner vom Platz ging.

”Zum Tor hin?”

Sollen Eckbälle nun so angeschnitten werden, dass sie zum Tor hin drehen, um ein Abfälschen zu erleichtern, oder sollen sie vom Tor weg angeschnitten werden, um dem Offensivabnehmer mehr Druck auf den Ball zu ermöglichen? Laut Loy führen sowieso nur 2,1 Prozent aller Ecken zu einem Treffer; dabei ist es auch noch egal, wie die Bälle bei der Hereingabe angeschnitten wurden! Übrigens fielen in den untersuchten Matches 8,5 Prozent aller Tore nach Eckstößen. Ecken die auf den kurzen Pfosten gespielt wurden zogen übrigens deutlich mehr Tore nach sich als solche, die auch den langen Pfosten kamen.

Doppel-Pass: Ein doppelter Pass

Nur etwa einem Prozent aller Tore (Loy untersuchte alle 16 730 BundesligaTreffer zwischen 1989/90 und 2007/08) ging übrigens ein Doppelpass voraus!

Oh! Der Gefoulte schießt selber

Auch die Behauptung „der gefoulte Spieler sollte einen Elfmeter nicht selber schießen“ konnte Loy widerlegen. Egal ob dieser oder ein anderer Spieler den Strafstoß ausführt, die Erfolgsquote einer direkten Verwertung liegt bei 77 Prozent. Ebenso ist es nebenbei auch irrelevant, ob der Spieler in eine Ecke oder in die Mitte schießt.

Fazit:

„Wir sind Lichtjahre davon entfernt zu verstehen, wie der Fußball funktioniert, und es trennen uns sogar ganze Galaxien davon zu wissen, wie Erfolg im Fußball zustande kommt“, fasst Loy seine Erkenntnisse aus all den Untersuchungen zusammen.

Viele Trainer hängen sich an den altbekannten Weisheiten auf und laufen diesen auf Gedeih und Verderben hinterher. Ehrlicherweise muss aber jeder Fußballtrainer schon einmal erlebt haben, dass man einen Sieg / ein Remis / eine Niederlage schlichtweg nicht erklären kann. Glück und situativ angepasste Verhaltensweisen entscheiden so viel mehr als die aufgewärmten Platituden, die oftmals auf Fußballplätzen zu hören sind.

Selbstverständlich muss der Trainer eine Meinung haben, um seine Spieler anweisen zu können. Zu dieser Meinung muss er selbst gelangen, durch eigene Erfahrungen und Beobachten. Loy will allen Trainern dabei helfen und sie davor schütze, einfach die langläufige Meinung nachzureden und ohne Sinn und Verstand Vorgaben zu tätigen.

Von Dominik Langenegger

Schlagwörter: Sportwissenschaft, Fußball, Sport, Irtümer, Roland Loy, Dominik Langenegger, Weisheiten, Elfmeter