Arbeitssieg gegen Schottland
Im ersten Pflichtspiel nach dem WM-Titel tut sich die deutsche Elf gegen Schottland zwar recht schwer, hätte mit gezielterer Chancenverwertung aber schon in der ersten Hälfte alles klar machen können. Dass die Partie am Ende eng war, hatte zwei Gründe.
Zum einen schien Löws Mannschaft ein wenig die Körperspannung aus Brasilien abzugehen, was allerdings als völlig normal zu bewerten ist. Viele Spieler haben noch konditionelle Rückstände aufzuholen, zum jetzigen Zeitpunkt kann noch nicht alles klappen. Zum anderen muss die Partie in Dortmund für Schottland ein Traum gewesen sein: beim Weltmeister antreten, in einem Fußballtempel – da stimmt die Motivation. Dazu kommt, dass man der Mannschaft, die zuvor ein Jahr lang unbesiegt geblieben war, anmerken konnte, dass Trainer Strachan sie taktisch und technisch deutlich weiterentwickeln konnte. Von einem Spiel auf Augenhöhe konnte beim besten Willen dennoch keine Rede sein, zu dominant agierte der Weltmeister in den ersten 45 Minuten, in denen knapp 75 Prozent Ballbesitz für die Gastgeber zu Buche standen.
Taktisch hatte Löw sein Konzept behalten und mit Kroos und Kramer zwei Sechser aufgeboten. Kroos agierte jedoch sehr oft weiter vorn auf der Zehn, während Kramer zwischen Sechs und Acht pendelte, was die Formation faktisch zu einem 4-1-4-1 machte statt dem 4-2-3-1, die sie auf dem Papier war. Götze sollte die falsche Neun markieren, allerdings rochierte er mit Reus, Müller und Schürrle, so dass die anderen drei ebenfalls hin und wieder in den Strafraum der Gäste hineinliefen. So kamen vor der Pause einige gute Chancen zustande, allerdings war nur Müller erfolgreich – der seinen Lapsus aus der siebten Minute, als er völlig freistehend zentral fünf Meter vor dem Tor der Schotten den Kopfball neben das Gehäuse setzte, nach 17 Minuten mit einem weitaus komplexeren Kopfstoß wettmachte.
Naismith als Alleinunterhalter
Und Schottland? Spielte nominell ebenfalls im 4-2-3-1, allerdings hing Naismith als Stürmer zumeist völlig in der Luft, weil sich das Mittelfeld hinter ihm zu einer Fünferkette verdichtete. Abgefangene Bälle wurden meist lang auf Naismith gespielt, der sich dabei überraschend oft gegen Boateng und Höwedes behaupten konnte. Allerdings rückten seine Mitspieler zu selten und zu langsam nach, weswegen der Angreifer auf sich allein gestellt war. Einmal wäre er Höwedes entwischt gewesen, der Schalker bediente sich eines Fouls, um Naismith auszubremsen und hätte dafür mindestens Gelb sehen müssen. Kurz nach der Halbzeit tankte Naismith sich erneut durch und hatte den Ausgleich auf dem Fuß, die deutsche Abwehr gewährte dem Schotten ein ums andere Mal zu viel Platz.
Die Gäste wachten nun auf und agierten flinker und flüssiger, Deutschland fand keine Körperspannung und stand zumeist viel zu weit vom Gegner weg. Die Strafe war das 1:1 durch Anya, der über 50, 60 Meter allein auf Neuer zulief und überlegt einschob. Nur der Reaktionsschnelligkeit von Müller war es zu verdanken, dass der Weltmeister nach einer Ecke nur vier Minuten später wieder in Führung ging. In der Schlussphase gelang es den Deutschen, den Gegner vom eigenen Tor fernzuhalten, die Mannschaft war nun dem dritten Tor näher als der Gegner dem Ausgleich. Dennoch eine sehr couragierte Leistung der Bravehearts.