1053 Pässe, 84% Ballbesitz. Taktikreport: Bayer Leverkusen – Fortuna Düsseldorf
Auch im Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf prägten die spielfreudigen Leverkusener über 90 Minuten das Geschehen und fuhren einen ungefährdeten 2:0-Heimsieg ein. Dabei hatten es die Hausherren mit sehr defensiv eingestellten Gästen aus Düsseldorf zu tun.
Düsseldorfer Abwehr-Bollwerk
Fortuna-Trainer Friedhelm Funkel setzte im Auswärtsspiel bei den favorisierten Leverkusenern ganz klar auf die Defensive. So bot er nominell neun defensiv denkende Spieler im 4-2-3-1-System auf. Einzig die Offensivspieler Dodi Lukebakio im rechten Mittelfeld und Kenan Karaman im Sturmzentrum sollten vorne für Durchschlagskraft sorgen.
Dieser Ansatz erwies sich im Nachhinein als Fehler. Bezeichnend: Auf links agierte die Fortuna mit zwei Linksverteidigern. So verteidigte Debütant Markus Suttner vor dem eigentlich etatmäßigen Stammspieler Niko Gießelmann, der diesmal im Mittelfeld agierte. Und auch Fortuna-Kapitän Oliver Fink spielte als „Zehner“ im Zentrum eine Position weiter vorne als eigentlich üblich. Auf der Bank hatte Funkel mit Benito Raman, Marvin Ducksch, Rouwen Hennings und Winterneuzugang Dawid Kownacki gleich vier Angreifer als mögliche Einwechseloptionen.
Leverkusen spielbestimmend – Fortuna nur bei Standards gefährlich
Das von Bosz installierte 4-3-3 mit den sehr offensiven „Achtern“ Kai Havertz und Julian Brandt erwies sich gegen die kompakte Düsseldorfer Abwehr als das genau richtige Rezept. Leverkusen hatte über die komplette Spieldauer hinweg einen Ballbesitzwert von herausragenden 84% und ließ die Fortuna konsequent hinterherlaufen.
Am Ende standen 1053 Leverkusener Pässe (!) gegenüber 188 Pässen der Fortuna. Werte, die an Zeiten von Pep Guardiola bei Bayern München erinnerten. Leverkusen zeigte sich über 90 Minuten als wahre Passmaschine und schnürte die Fortuna oftmals bis weit in die eigene Hälfte ein. Zwar startete Düsseldorf mit einem Karaman-Kopfball (3.) nach Ecke und einem Suttner-Freistoß (22.) durchaus ordentlich, doch mit zunehmender Spieldauer verflog bei den Gästen sämtliche offensive Gefahr.
Nachdem Karim Bellarabi auf Seiten der Leverkusener früh verletzt runter musste und durch Stoßstürmer Alario ersetzt wurde, veränderte sich die Statik des Leverkusener Spiels. Der umtriebige Kevin Volland wich für Alario vom Sturmzentrum auf rechts aus und gab von da wenig später das perfekte Zuspiel auf Havertz zum 1:0 (18.).
Brandt und Havertz sind das Herzstück von Bayer 04
Die von Trainer Bosz bewusst offensiv gestaltete Achter-Position wird in Person der beiden Youngster Havertz und Brandt aktuell perfekt umgesetzt. Beide Spieler haben nach vorne alle Freiheiten und können – wie Havertz beim 1:0 – den tiefen Weg in die Box des Gegners machen.
Brandt und Havertz sind in ihren Rollen aber nicht nur torgefährlich, sondern leiten durch die Mitte fast jeden Leverkusener Angriff ein. Besonders für Julian Brandt kommt der Positionswechsel gelegen. Wurde er in der Vergangenheit oft auf dem Flügel eingesetzt, wofür ihm letztlich die letzte Geschwindigkeit fehlte, kann er nun im Zentrum mit seinen technischen Fähigkeiten und großem Spielverständnis das Spiel der Werkself als Ballverteiler dirigieren.
Beiden Akteuren wurde auch in diesem Spiel der Rücken durch „Sechser“ Charles Aranguiz freigehalten, der im defensiven Mittelfeld fast ausschließlich defensive Aufgaben zur Konterabsicherung erfüllt und dabei immer wieder Lücken stopft. Mit 12,62 Kilometern spulte der Chilene im Zentrum die größte Distanz aller 22 Akteure auf dem Platz ab.
Bayer 04 trifft zum richtigen Zeitpunkt
Als das Spiel Mitte der zweiten Hälfte etwas dahinplätscherte und die Fortuna durch die Einwechslung des quirligen Raman für Linksverteidiger Suttner wieder etwas mehr Mut nach vorne zeigte, machte Leverkusen auf eiskalte Art und Weise das vorentscheidende 2:0 durch Leon Bailey (66.).
Das taktische Konzept der Fortunen ging diesmal nicht auf. Die vielen langen Bälle auf Lukebakio oder Karaman konnte Bayer 04 leicht verteidigen und hatte so keinerlei Probleme, das 2:0 souverän über die Zeit zu bringen.
von Marcus Urban