Der moderne Abwehrspieler
Der moderne Fußball wird immer rasanter und technisch anspruchsvoller. Insbesondere im Defensivverbund lassen sich daher Änderungen verzeichnen, die vor wenigen Jahrzehnten noch nicht absehbar waren. Denn neben der reinen Verhinderung von Gegentoren werden die heutigen Abwehrspieler nicht nur als Initiatoren der eigenen Angriffe angesehen. Sie stellen vielmehr immer häufiger auch den Dreh- und Angelpunkt der Taktik dar.
Allerdings bedarf diese neue Befähigung auch eines besonderen Trainings. Die Ausbildung der Verteidiger erfolgt in allen körperlichen und geistigen Belangen. Die geschickte Vermeidung von Zweikämpfen gilt als Ziel, das schnelle Umschaltspiel als ständige Option nach dem Ballgewinn. Kriterien, die nur dank besonderer Hingabe erreicht werden können.
Was war ein Abwehrspieler früher?
Noch Ende der 1980er Jahre waren sich selbst erfolgreiche Erstligatrainer darin einig, dass die größten Investitionen für den Aufbau einer Mannschaft in der Offensive getätigt werden müssen. Beispielsweise in die Mittelfeldspieler und die Stürmer – zwei Positionen, die notwendig sind, um den Gegner gehörig unter Druck zu setzen. Nicht selten folgte daraus der Umkehrschluss, dass Verteidiger eher belanglos sind. Die würde man sich eben preiswert aus der zweiten Liga holen oder sie – etwas überspitzt formuliert – aus Holz schnitzen. Aussagen, die gerade erst drei Jahrzehnte alt sind und doch reichlich überholt wirken. Denn mittlerweile werden für die Abwehrspieler hohe Summen auf dem Transfermarkt ausgegeben. Und das aus gutem Grund: Die Defensivreihen übernehmen immer mehr Aufgaben für das Spiel. Sie reifen zu modernen Alleskönnern auf dem Platz heran und sind daher mit flexiblen Fähigkeiten und einer hohen Qualität in vielen Bereichen ausgestattet.
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Der moderne Abwehrspieler: Auch in der Offensive anzutreffen
Zwei Spielszenen aus den letzten Monaten verdeutlichen recht eindrucksvoll, wozu moderne Verteidiger im Fußball fähig sein sollten. Die erste war im Viertelfinalspiel der Weltmeisterschaft zwischen Deutschland und Frankreich zu bewundern. Bereits in der achten Minute stieg Abwehrspieler Mats Hummels hoch und köpfte das 1:0 für die Deutschen. Es sollte das einzige Tor in einer weitgehend zerfahrenen Partie bleiben – und dennoch den Weg des künftigen Titelträgers ebnen. Die zweite Situation erfolgte im Bundesligaspiel zwischen Köln und Hoffenheim. Beim Stande von 2:1 für die Domstädter erkämpfte Defensivtalent Jonas Hector den Ball in der Vorwärtsbewegung an der Mittellinie, zauberte ein technisch nahezu perfektes Solo bis in den Strafraum der Kraichgauer hinein auf den Rasen und schloss – mit etwas Glück – zur Vorentscheidung für die Kölner ab. Zwei Szenen, die eine neue Qualität der Verteidiger offenbaren: Diese sind nicht mehr nur in der Abwehr zu finden, sondern können ihre Eigenschaften auf dem gesamten Feld gewinnbringend einsetzen.
Zweikämpfe werden nicht mehr ausgefochten
Doch auch mit Blick auf die reine Defensivarbeit ergeben sich immer wieder neue Anforderungen. Die Abwehrspieler sollten nicht alleine fähig sein, im direkten Duell mit dem Gegner ein Durchbrechen desselben zu verhindern. Lag in früheren Zeiten das Kriterium noch darin, entweder den Gegenspieler oder den Ball nicht an sich vorbeiziehen zu lassen, so wird diese Eigenschaft nur noch selten gebraucht. Denn der moderne Abwehrmann plant vorausschauend. Er kann die Flugbahn des Leders sowie die Laufwege des Gegners einschätzen – und auf dieser Basis an Wissen einen Vorsprung erlangen. Mit einem klugen Stellungsspiel, mit Tempowechseln und besonderen Schrittabfolgen ist es ihm möglich, den Kontrahenten ins Leere rennen zu lassen und selbst die Kontrolle über den Ball zu gewinnen. Ein Zweikampf wird auf diese Weise bereits vor seiner Entstehung vermieden, knifflige Situationen entstehen gar nicht erst und Fouls können umgangen werden. Jedwedes Risiko wird reduziert.
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Der wichtigste Mann auf dem Platz?
Noch ein anderer Wandel stellt sich ein. In den früheren Jahrzehnten wurde der offensive Mittelfeldspieler als Regisseur angesehen. Besondere Ballzauberer wie Maradona oder Zidane galten als Spielentscheider. Sie konnten ihre Teamkollegen antreiben, eine Partie lenken und über Standards oder Einzelaktionen das ersehnte Tor erzielen. Heutzutage wird der Fokus aber seltener auf diese klassische Nummer 10 gelegt.
Immer häufiger sehen die Trainer das Potenzial zur Spieleröffnung in der Abwehr. Die hier postierten Spieler müssen daher nicht alleine die Gegentore vermeiden können. Vielmehr sind sie gefordert, über ein schnelles Umschalten auch die Angriffsbewegungen einzuleiten. Sei es mit langen Pässen und Flanken, mit kurzen Abspielen oder mit eigenen Läufen in die Offensive: Nahezu alle Angriffsbemühungen werden gegenwärtig in der Verteidigung initiiert. Hier liegt somit der Schlüssel zum Erfolg. Denn wie besagt ein Sprichwort des Fußballs so schön: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive die Meisterschaft!
Mit modernen Fähigkeiten ausgestattet
Was aber folgt für den einzelnen Abwehrspieler aus all diesen Kriterien? Er reift immer mehr zum Allrounder auf dem Platz heran. Reichte es in früheren Generationen noch, über ein starkes Kopfballspiel zu verfügen und kräftig grätschen zu können, so muss der heutige Verteidiger vieles können. Er ist schnell und laufstark, beweglich und technisch beschlagen, kann kurze Pässe ebenso wie lange Flanken an den Mann bringen, ist per Kopf und Fuß einsetzbar, erzielt eigene Tore und vermeidet Treffer des Gegners – darüber hinaus gilt er als Motor des Umschaltspiels. Es verwundert daher nicht, dass die Perfektionisten auf dieser Position nicht mehr viel gemein haben mit dem früheren Verteidiger, der etwas spröde, kantig und mental schlicht strukturiert wirkte. Abwehrspieler moderner Prägung gleichen dem Modellathleten, übernehmen Verantwortung und müssen als Denker und Lenker auch ihr Gehirn einsetzen. Hier entscheidet sich, ob eine Partie gewonnen oder verloren, das Saisonziel erreicht oder verpasst wird.
Die Anforderungen an das Training
Allerdings bedarf es einer jahrelangen Aufbauarbeit, um einen Spieler mit derartigen Eigenschaften auszustatten. Betrachtet man sich einmal die heutigen Stars, die im Abwehrverbund wichtige Aufgaben übernehmen, so haben diese nicht selten bis in ihre Jugend hinein noch andere Positionen auf dem Platz bekleidet. Etwa im Mittelfeld oder im Angriff. Hier erlernten sie die Fähigkeit, den Gegner auszudribbeln oder im Umgang mit dem Ball besonders begabt zu sein. Ein Können also, das sie nunmehr in der Verteidigung einsetzen. Das Training sollte folglich darauf abzielen, möglichst vielschichtig zu sein. Erst auf diese Weise können die Kicker bereits in jungen Jahren umfangreich geschult werden. Neben den körperlichen Attributen wie der Schnelligkeit oder der Zweikampfstärke nimmt dabei das Training mit dem Ball eine hohe Bedeutung ein. Denn der moderne Verteidiger lässt sich schon längst nicht mehr preiswert in den unteren Ligen finden. Er muss mit aller Raffinesse zu dem Spielentscheider aufgebaut werden, der er künftig sein soll.
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Bildquelle:
Laszlo Szirtesi / Shutterstock.com