Hoffenheim: taktisch und mental unterlegen
Mit Stuttgart, Augsburg, Hamburg und Hoffenheim sind bis dato vier Teams in zwei Spielen punktlos geblieben. Doch während der VfB (Wolfsburg und Bayern), die Augsburger (Schalke 04) und die Norddeutschen (Bremen) je mindestens einen stark eingeschätzten Gegner hatten, kamen die Hoffenheimer soeben gegen Aufsteiger Eintracht Frankfurt in der eigenen Arena mit 0:4 unter die Räder.
In der Vorwoche war man in Gladbachern mit 1:2 unterlegen, auf den ersten Blick kann man sagen, das sei zu erwarten gewesen. Man könnte jedoch auch sagen, dass die Borussia noch lange nicht auf der Höhe jener Kunst ist, die sie im vergangenen Jahr auf Platz vier führte, der zur Teilnahme an den Playoff-Spielen für die Champions League berechtigte – und wo die Fohlen unlängst zwei Mal zwar knapp und ansehnlich, doch immerhin eben zwei Mal verloren haben gegen Kiew. Doch braucht man das Gladbach-Spiel nicht so hoch zu hängen. Das 0:4 gegen Armin Vehs Frankfurter und vor allem das 0:4 im DFB-Pokal beim Viertligisten Berliner AK sprechen eine Sprache, die deutlich genug ist. Ein 0:4, das übrigens nicht durch eine Flut unberechtigter Platzverweise in der Verlängerung erzielt worden ist, sondern in ganz regulären 90 Minuten von den Berlinern erzwungen wurde gegen den selbsternannten Anwärter auf einen Platz im Europapokal. Was ist los in Hoffenheim?
Trainer Markus Babbel war ratlos nach diesem erneuten Tiefschlag für seine Truppe. Die begann in den 30 Minuten allerdings taktisch ziemlich gut und erspielte sich ein paar kleinere Chancen und eine größere, dann schien es, als ob den in Blau gewandten Hoffenheimern mit einem Mal die Konzentration abhandengekommen sei. Das Verschieben der Reihen untereinander klappte nicht mehr, was zwangsläufig zu Fehlern führt und dazu, dass Löcher entstehen. So war es auch gegen Frankfurt, als Delpierre zunächst noch klären konnte und dann selbst einen Fehler verursachte, der fast zum Gegentreffer führte. Dann musste der aus Stuttgart gekommene Innenverteidiger machtlos mit ansehen, wie sein Nebenmann Compper einen Meier-Schuss ins eigene Tor zum 0:1 abfälschte.
Durchgebrannte Sicherungen
Babbels Mannschaft geriet in Panik und sah nur vier Minuten später zu weiten Teilen dabei zu, wie Schwegler durchs Mittelfeld spazierte und aus etwa 23 Metern draufhielt – 0:2. Babbel reagierte in der Pause, brachte in Usami und Williams zwei Mittelfeldspieler für zwei Mittelfeldspieler, allerdings ohne taktisch umzustellen. Doch wer spielte, war egal, Hoffenheim fand kein Mittel gegen Vehs Taktik, mit eigenem Ballbesitz gegnerische Torchancen zu verhindern; am Ende hatten die Statistiker 63 Prozent Ballbesitz für die Eintracht ausgerechnet. Babbel wirkte zunehmend ratlos, und seinen Spielern brannten die Sicherungen durch.
Was sich ausdrückte durch die beiden gelb-roten Karten, die erste nach 70 Minuten für den tatsächlich erst vier Minuten zuvor eingewechselten Salihovic und drei Minuten später für Schröck (der immerhin von Anfang an spielte). Die Frankfurter ließen den Ball nun noch mehr zirkulieren als zuvor, sie hatten zwei Mann mehr auf dem Platz und dementsprechende Räume. Und die beiden Tore zum 0:3 und zum 0:4 sind zwangsläufig gefallen, Babbel wird sie wohl als nicht vermeidbar abgehakt haben. Was ihn stattdessen beschäftigen muss, ist die Frage, warum seine Mannschaft seine Vorgaben gegen einen Regionalligisten gar nicht, gegen Gladbach nur teilweise und gegen Frankfurt höchstens ein paar Minuten umsetzen konnte? Der bayrische Trainer der Kraichgauer gilt in der Szene immerhin als ein kleiner Taktikfuchs.
Hopp will Erfolge sehen
Doch nicht nur taktisches Geschick entscheidet Spiele, sondern auch mentale Stärke. Und da sieht es bei den Hoffenheimern desolat aus nach nun – saisonübergreifend – sechs Pleiten in Serie. Ohne auch nur ein winziges Erfolgserlebnis, etwa einen Punkt zu ergattern bei einem Spiel, können taktische Konzepte und Kniffe des Trainers ohne Effekte verpuffen. Zudem droht Babbel ein Problem, weil er Kapitän Andreas Beck ohne Rücksprache einfach aus der Mannschaft nahm und dies damit begründete, der Spieler solle lernen, mit so etwas umgehen zu müssen. Das kann man im Prinzip schon mal machen, doch wenn es dann eine solche Packung setzt wie gegen Frankfurt, dann gerät der Trainer in Vernehmungsnot. Und was die Sache nicht besser macht: Noch vor wenigen Wochen hatte Babbel eine ähnlich geartete Vorgehensweise des Bundestrainers in Bezug auf Hoffenheims Torwart Tim Wiese lautstark gerügt.
Zudem wird sich Babbel im andauernden Fall ausbleibender Erfolge in Hoffenheim der Frage stellen müssen, warum der ganz nach seinem Verlangen zusammengestellte Kader so gar nicht funktioniert. Hatte er in der Rückrunde der letzten Spielzeit noch mangelnde Siegermentalität bei den Spielern ausgemacht, so wollte er damit indirekt sagen, dass es ja nicht sein Kader war. Diese Ausrede fällt nun flach für Babbel, in Hoffenheim haben sie die Mannschaft nach seinen Vorstellungen umgekrempelt. Derzeit fehlen jegliche Ansätze, wie der Krise begegnet werden kann, und am nächsten Spieltag geht es nach Freiburg. Wenn Hoffenheim dort auch verliert, dann muss Babbel sich etwas einfallen lassen. Spätestens dann. Denn auch, wenn man es in Hoffenheim seit langem leugnet, irgendwann will Dietmar Hopp zählbare Erfolge sehen von seinem Lieblingsspielzeug TSG 1899 Hoffenheim.