TOP-THEMA | Spanische Nachwuchsfußballer „sprechen“ durch die Art ihres gespielten Passes
Wenn der Pass mit Dir spricht! Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich das Passspiel in verschiedenen Ländern trainiert wird. Besonders deutlich wird der Unterschied, vergleicht man die Ausbildungsansätze im Nachwuchsbereich zwischen Spanien und Deutschland. Sehr auffällig dabei ist, obwohl Deutschland einen höheren Passspielfocus in der Ausbildung im Nachwuchsbereich verfolgt, zeigt Spanien ein deutlich besseres Passspiel im Nachwuchs. Wie kommt das?
Dieser Artikel stellt die verschiedenen Ausbildungsansätze der Länder gegenüber, beleuchtet insbesondere den kommunikationsintensiven Bereich Spaniens und schlägt Trainingsformen zur spielerischen Schulung des Passspiels vor. Was sich sehr schnell zeigt, ist die Tatsache, dass für spanische Nachwuchsspieler der Pass selbst ein effektives Kommunikationsmittel ist: Mit dem gespielten Ball weiß der Ballempfänger, welche effektiven Handlungsfolgen in Frage kommen und für das Team gewinnbringend sind.
Gerade mit zunehmendem Spieltempo wird eine Kommunikation mit Hilfe des gespielten Pass immer essentieller. In der spanischen Nachwuchsausbildung wird dies methodisch vorbereitet. So werden die technischen mit den taktischen Komponenten verbunden.
Das Passspiel als effektives Kommunikationsmittel
Im modernen Fußball, hat sich das Passspiel immer mehr zu einem wirksamen Instrument für den Erfolg entwickelt. Passspiel und der damit verbundene Ballbesitz verringert die Möglichkeiten auf einen Torerfolg für den Gegner deutlich und lässt gleichzeitig die eigenen Möglichkeiten steigen. In diesem Sinne kann das Passspiel als eines der wichtigsten aufgabenorientierten Kommunikations-mittel im Fußball bezeichnet werden.
Deutschland vs. Spanien – Die Passspielausbildung im Vergleich
Wenn man im Fußball von einer durch das Passspiel dominierten Spielidee spricht, muss man sofort an das Tiki-Taka von Barcelona unter Pep Guardiola denken. Der Spanier hat es in seiner Zeit bei Barcelona auf die Spitze getrieben.
Deutschland mit höherem Passspielfocus während der Ausbildung im Nachwuchsbereich, dennoch zeigt Spanien ein deutlich besseres Passspiel im Nachwuchs.
Die beiden Ausbildungsansätze im Schwerpunkt des Passspiels unterscheiden sich deutlich voneinander. Der DFB gibt in seinen Leitlinien in der Nachwuchsausbildung einen großen Stundenumfang beim Ausbildungsschwerpunkt Passspiel an. Wo hingegen in Spanien auf das Passspiel so explizit gar kein Schwerpunkt liegt.
Richtung der Spielfortsetzung durch Pass bekannt
In der spanischen Ausbildung setzt man vor allem auf Spielformen. Alle Schwerpunkte werden nach Möglichkeiten in Spielformen trainiert. Die dafür typische Trainingsform in Spanien ist das Rondo. Bei dieser werden im Vergleich zur deutschen Passschleife gleichzeitig mehrere Aspekte die geschult. So wissen die Spieler während einer Passschleife immer aus welcher Richtung der Pass kommt und in welche Spielrichtung das Spiel fortgesetzt werden soll.
Es ist also weder Vororientierung, noch beispielsweise eine Umstellungsfähigkeit notwendig. Bei der spielerischen Form im Rondo ist weder Spielrichtung noch eine Passabfolge festgelegt. Dies hat den Vorteil, dass bei den Spielern mehrere Fähigkeiten gleichzeitig geschult werden. So liegt in den Spielformen der Schwerpunkt auf Spielfähigkeit, Vororientierung und Kommunikation. Alle drei Punkte stehen in direkter Verbindung mit einem sauberen Passspiel.
Neben Spielfähigkeit und Vororientierung, die offensichtlich in Spielformen wettkampfnaher und besser geschult werden als in statischen Passschleifen, steht auch die Kommunikation im Mittelpunkt. Hierbei ist aber nicht nur das gesprochene Wort gemeint, da dieses auch in Passschleifen mehr oder minder Anwendung findet. vielmehr soll sich hier auf die Kommunikation mit Hilfe des Balles bezogen werden. Es spricht nicht der Mund, sondern der Ball spricht.
Ein Pass auf den starken Fuß hat eine andere Bedeutung als auf den schwachen
Eine Kommunikation mit Hilfe des gespielten Pass wird mit zunehmendem Spieltempo immer essentieller. In der spanischen Nachwuchsausbildung wird dies methodisch vorbereitet. So werden die technischen mit den taktischen Komponenten verbunden.
Es wird beispielsweise in einer der ersten Stufen festgelegt, dass ein Pass auf den starken Fuß eine andere Bedeutung als ein Pass auf den schwachen Fuß hat. Wobei hier auf eine polyvalente Ausbildung geachtet wird, sodass sowohl der vermeintlich schwächere Fuß als auch der starke Fuß zur Spielfortsetzung je nach Kommunikation verwendet werden.
Schärfe, Position und Anspielart geben dem Passempfänger die notwendigen Information mit
So weiß der Passempfänger allein durch das bloße Anspiel, welche Anschlußaktion die beste Lösung ist, entweder eine Pralle oder das Aufdrehen und öffnen des Spiels mit einer Spielfortsetzung. Hierfür wird zur Kommunikation mittels des Balles die Passschärfe genutzt. So heißt ein Pass mit weniger Schärfe, dass man aufdrehen soll. Ein scharfer Pass bedeutet Pralle und extrem scharfer Pass, dass man den Ball durchlassen soll.
Im Laufe der Ausbildungsstufen werden dann die grundlegenden technischen Anforderungen immer mehr mit taktischen Aspekten vereint. So gibt es taktisch gesehen andere Lösungsansätze am linken als am rechten Flügel oder auch ein Pass mit Aussage hat beim defensiven Mittelfeldspieler eine andere Bedeutung als beim Stürmer.
Diese Art der Kommunikation bedeutet aber auch, dass sowohl Passempfänger als auch Passgeber eine ständige Vororientierung für Raum und Gegner haben müssen. Eines der besten Beispiele hierfür ist der Spanier Thiago Alcántara der beim FC Bayern München spielt. Beobachtet man den kreativen Mittelfeldspieler während des Offensivspiels, sieht man eine ständige, fast unaufhörliche Bewegung des Kopfes in alle Richtungen zu Orientierung im Raum.
Genannte Kommunikation mit Hilfe des Anspiels und die Vororientierung vereint bedienen letztendlich eine verbesserte Spielfähigkeit. Durch diese Kombination von technischen und taktischen Komponenten schon in der fundamentalen Talentausbildung, liegt Spanien im direkten Vergleich zu Deutschland in Sachen Passspiel um einiges voraus.
Nichts desto trotz muss auch gesagt werden, dass in Deutschland in Gegenwart und Zukunft versucht wird ebenso konzeptionell mit spielerischen Trainingsformen die Ausbildung mehrerer miteinander verknüpfter Komponenten zu schulen.
Trainingsformen zur spielerischen Schulung des Passspiels
1) aus 4 gegen 2 wird 4 gegen 6
– im kleinen Feld 4 gegen 2
– rotes Team bekommt einen Punkt bei 8 Zuspielen
– blaues Team muss versuchen den Ball zu erobern und umzuschalten
– Umschaltaktion auf das große Feld -> 4 gegen 6
– blaues Team muss 6 Zuspiele schaffen bevor die Tore „freigeschaltet“ sind
– 6 Zuspiele gibt einen Punkt & Torerfolg einen weiteren Punkt
– rotes Team versucht jetzt in Unterzahl den Ball zu erobern (= 1 Punkt) oder den Torerfolg zu verhindern
Variationen:
– Zuspielanzahl zum Punkterfolg erhöhen
– Überzahl-/Unterzahlverhältnis anpassen
– Feldgröße & Feldform variieren
– nur bestimmte Minitore nach Zuspielanzahl freigeben
2) 4+6 gegen 4 mit Felderwechsel
– 3 Teams á 4 Spieler einteilen
– Torhüter besetzen die Außenzonen
– 2 neutrale Spieler
– zwei Teams positionieren sich in einer Spielfeldhälfte
– das dritte Team verteilt sich an den Seitenlinien
– 4+6 gegen 4 in einer Spielfeldhälfte
– Felderwechsel ist möglich, wenn beide Torhüter ohne zwischenzeitlichen Ballverlust angespielt wurden
– Pässe zwischen den neutralen Spielern an den Grundlinien ist untersagt
– nach Ballverlust ist Aufgabenwechsel und der Ballbesitz wechselt
– Aufgabenwechsel nach 3-5 Minuten Spielzeit
Variationen:
– Kontakte begrenzen
– Felder dürfen nach festgelegter Anzahl an Pässen gewechselt werden
– Abseits beim Felderwechsel