U23-Mannschaften auf dem Prüfstand: Was spricht für eine Abmeldung und was dagegen?

War die Meldung einer U23 Auswahl früher noch eine Grundbedingung für die Profivereine, um eine Lizenz zu erhalten, ist eine solche zweite Mannschaft heute keine Pflicht mehr. Etwa anderthalb Jahre nach der richtungsweisenden Entscheidung lohnt sich ein Blick auf den Status quo. Welche Klubs haben ihre U23 abgemeldet und wer bleibt diesem Nachwuchskonzept treu? Hier sind die Pros und Contras zu dieser hitzigen Debatte!

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Zur Saison 2014/15 nahm die DFL eine Regeländerung vor, die den deutschen Fußball in Sachen Nachwuchsarbeit auf den Kopf stellen sollte. Damals hatte die Deutsche Fußball Liga dem Antrag von Bayer 04 Leverkusen stattgegeben, ihr U23 Team abzumelden. Seitdem sorgt dieses Thema bei nahezu jedem Verein für reichlich Diskussionsstoff. Bisher blieb die befürchtete Massenabmeldung von U23 Mannschaften zwar aus, doch mit Vorreiter Leverkusen, Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98 machten bereits drei aktuelle Erstligisten von diesem Recht Gebrauch. Auch die Zweitligisten VfL Bochum, Union Berlin und der FSV Frankfurt schlugen einen anderen Weg ein. „In jedem Verein gibt es unterschiedliche Strukturen und Ausbildungsschwerpunkte. Dem haben wir Rechnung getragen“, lautete damals die Begründung von Liga-Präsident Reinhard Rauball.
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Pro Abmeldung: Größere Nähe und direktere Heranführung

Da Bayer Leverkusen den Stein ins Rollen gebracht hatte, macht es Sinn, sich zunächst einmal mit den Beweggründen der Werkself auseinanderzusetzen. Während die U23 für den einen oder anderen Verein eine Zwischenstation zwischen Jugend- und Profiauswahl darstellt, entwickelte sich die zweite Mannschaft aus Leverkusener Sicht in den vergangenen Jahren eher zu einem unnötigen Umweg für die Spieler. „Wir mussten erkennen, dass unseren Top-Talenten der Sprung in die Bundesligamannschaft nicht über eine zweite Mannschaft in der vierten Liga gelingen kann“, argumentierte Sportdirektor Rudi Völler. Demnach sei das Niveau in den Regionalligen nicht hoch genug, sodass die Leistungsentwicklung der Talente stagniere. Zwar schafften Bayers Jugendspieler hin und wieder den Aufstieg ins Profigeschäft, doch der Großteil wechselte von Leverkusens U23 zu einem anderen Verein. Oft fehlte den Akteuren die Nähe zum Team des Bundesligisten, der Weg in den A-Kader schien zu weit. Kaum einem verheißungsvollen Fußballer gelang der Durchbruch. Anders wäre es laut Völler, wenn man die Top-Talente nur noch direkt aus der U19 in die erste Mannschaft integrieren würde. Doch würden diese Spieler dann genügend Einsatzzeit erhalten? Eine Möglichkeit wäre es, die betroffenen Protagonisten zu verleihen. In diesem Fall könnten sich der jeweilige Kicker bei einem anderen Verein weiterentwickeln und dennoch für die Zukunft ein Thema bleiben.

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Pro Abmeldung: Weniger Kosten und einheitliche Spielphilosophie

Neben den sportlichen Gesichtspunkten spielen natürlich auch wirtschaftliche Gründe eine große Rolle, warum einige Fußball Klubs ihre zweite Mannschaft aus dem Verkehr gezogen haben. Bei Eintracht Frankfurt war man beispielsweise nicht mehr bereit, die zu hohe Stadionmiete für die Ligaspiele der U23 zu bezahlen, da nur wenige Spieler den Sprung ins A-Team schafften. Mit der Abmeldung des vermeintlich überflüssigen Teams stehen nun mehr finanzielle Mittel zur Verfügung, mit der die U19 gefördert werden kann. Ähnliche Gedankengänge drangen auch aus Bochum an die Öffentlichkeit, wo man gewillt war, den eingesparten Etat ins Nachwuchsleistungszentrum zu stecken. Eine Rolle für das U23-Aus beim VfL Bochum spielte auch der Wunsch des Klubs, eine einheitliche Spielphilosophie ins Leben zu rufen. Je mehr Mannschaften und je mehr Umwege, desto schwieriger sei dieses Ziel zu erreichen. „Wir wollen eine klare und attraktive Philosophie, die sich durch alle Mannschaften zieht, von der Jugend bis zu den Profis“, erklärte Sportdirektor Christian Hochstätter. Statt auf Pflichtspiele in einer der unterklassigen Ligen setzt der VfL inzwischen vermehrt auf Testspiele gegen möglichst stärkere Gegner, auch wenn der Terminkalender dies nicht immer zulässt. Die Idee von einer zweiten Mannschaft verlor für viele Erst- und Zweitligisten zudem an Attraktivität, da Reservisten des A-Kaders hier nur selten zum Zuge kommen konnten. Zum einen liegt das an der Altersbeschränkung, zum anderen an der Tatsache, dass U23-Punktspiele häufig nahezu parallel zu den Partien der Bundesliga stattfinden.

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Contra Abmeldung: Kein Weg zurück und weniger Spielpraxis für Talente

Eines ist doch klar: Entscheidet sich ein Verein dafür, den Fußball in Bezug auf die U23 einzustellen, muss er sich seiner Sache sehr sicher sein. Schließlich wäre die Rückkehr einer zweiten Mannschaft in die 3. Liga oder die Regionalliga nur schwer möglich und, wenn überhaupt, nur mit einem hohen finanziellen Aufwand realisierbar. Aus Vereinssicht mag es sinnvoll erscheinen, auf einen Umweg zu verzichten und Spieler direkt aus der U19 hochzuholen. Doch wie möchte man sicherstellen, dass die Talente genügend Erfahrungen sammeln können? Verleiht man zu viele Fußballer aus der eigenen Jugend, kann man schnell den Überblick verlieren und hat die Ausbildung nicht mehr in der eigenen Hand. Die mangelnde Spielpraxis wird am Beispiel eines verheißungsvollen Torwarts am deutlichsten, dem Pflichtspiele mit der U23 guttun würden. Die Aussichten, als vierter oder gar fünfter Keeper in der Bundesliga zum Einsatz zu kommen, sind mehr als gering. In diese Richtung argumentiert auch DFB-Teammanager Oliver Bierhoff: „Der deutsche Fußball war immer ein gutes Vorbild für den Durchlauf von Jugendspielern in den Profibereich. Man muss immer Wege finden, dass junge Spieler, die nicht in der Bundesliga eingesetzt werden, auf hohem Niveau getestet werden.“

Wettbewerb sinnvoller als Testspiele

Apropos hohes Niveau: Die Gefahr für Talente, sich an die Spielweise in der dritten oder vierten Liga zu gewöhnen, ist nicht wegzudiskutieren. Dennoch sollte in Betracht gezogen werden, dass Partien auf Wettkampfbasis in der Regel mehr aus Fußballern herausholen können als Testspiele. Langfristig gesehen wird kaum ein Talent daran wachsen, mit seinem Team ausschließlich um die „goldene Ananas“ zu spielen. Das Ziel, den Aufstieg zu schaffen oder sich bis zur letzten Sekunde gegen den Abstieg zu stemmen, ist für jeden ambitionierten Fußballer eine wichtige Erfahrung und kann auf dem Weg zum Profi prägend sein. Für eine U23 spricht zudem, dass der Verein so auf die Möglichkeit zurückgreifen kann, frisch genesene Akteure wieder an Pflichtspiele heranzuführen.

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Fazit: Die Entscheidung der DFL, den Vereinen die Entscheidung zu überlassen, scheint die richtige gewesen zu sein. Eine Massenabmeldung ist bisher nicht erkennbar, jeder Klub geht verantwortungsvoll mit dieser zukunftsorientierten Frage um. Wie der Blick auf die Pros und Contras zeigt, entscheidet letztlich die jeweilige Philosophie des Vereins über die Notwendigkeit eines solchen Teams.

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