Die Effizienz fehlt
Im 19. Vergleich verliert die DFB-Elf erstmals gegen Polen – eine unnötige Niederlage des Weltmeisters. Löws Mannschaft ist dem Gegner taktisch und in allen Statistiken überlegen. Nur im entscheidenden Kriterium hat Deutschland das Nachsehen.
Nämlich bei den Toren, was der Bundestrainer und einige seiner Spieler in den Interviews nach der Partie auch direkt erkannt hatten. 28:5 Torschüsse standen für die Deutschen in Warschau zu Buche, wobei die Polen ihre beiden ernsthafteren Chancen direkt nutzten. Dabei waren jeweils aber auch individuelle Fehler der deutschen Hintermannschaft im Spiel. Beim 1:0 durch Milik hatte es erst Durm versäumt, den Ball ins Aus zu köpfen, die drei weiteren Verteidiger Hummels, Boateng und Rüdiger waren nicht ideal positioniert – und zu allen Überfluss kam Neuer beim Herauslaufen zur Flanke von Piszczek zu spät aus seinem Tor. Beim 2:0 ließ sich Durm von Lewandowskis körperlichem Einsatz beeindrucken – auch, wenn da möglicherweise ein Foul im Spiel gewesen ist.
Aus taktischer Sicht war die Begegnung interessant, beide Mannschaften begegneten sich im 4-2-3-1, doch die Spielidee dahinter war grundverschieden. Die Gäste setzten auf Ballbesitz und Spielkontrolle, die Polen einzig und allein aufs schnelle Umschalten. Als falsche Neun agierte Müller, der jedoch nicht seinen besten Tag erwischt hatte und in diesem Spiel auf dieser Position falsch eingesetzt war. Zu viele Laufwege von Müller aus dem Zentrum heraus irritierten eher die Mitspieler als die Gegner. Als er dann doch einmal von Schürrle in den freien Raum geschickt wurde, war Müller mit Ball am Fuß zu langsam und ließ sich von zwei zurückgeeilten polnischen Verteidigern abdrängen.
Piszczek überragend
Ärgerlich für den Bundestrainer war zudem, dass Müller den Strafraum generell weiträumig mied, auf die Flügel auswich (wo allerdings schon der schwache Schürrle und der starke Debütant Bellarabi agierten), hinter der unauffälligen Zehn (Götze) musste Kroos praktisch alles allein machen, weil Kramer sich erst nicht richtig traute und später verletzt ausschied. Für ihn kam Draxler, der jedoch gegen eine nach dem 1:0 noch engmaschigere Abwehr der Polen kaum Akzente setzen konnte. Mit zunehmender Spieldauer versuchte die deutsche Mannschaft, mit Fernschüssen zum Erfolg zu kommen, was auch nicht funktionierte. Dennoch herrschte auch in der zweiten Hälfte ein klares Chancenplus für die Gäste, Podolskis herrlicher Volley-Lattenschuss hätte den Torerfolg verdient gehabt. Podolski hatte in der 77. Minute den immer mehr abfallenden Schürrle ersetzt.
Dass die Polen kurz vor dem Ende das 2:0 erzielten, mussten die Deutschen riskieren. Doch bisweilen schien es der Weltmeister am letzten Einsatz vermissen zu lassen. Die Gastgeber konnten das deutsche Powerplay in manchen Situationen zu einfach auflösen. Außerdem herrschte in Löws Mannschaft eine zu starke Asymmetrie, die die Polen erkannten. War der rechte Flügel mit Rüdiger und Bellarabi offensiv wie defensiv stabil, so fiel die linke deutsche Seite mit einem ineffizienten Schürrle und dem zweimal unglücklich agierenden Durm deutlich ab. Daran hatte allerdings auch Polens Piszczek vom BVB einen großen Anteil, der ungeheuer zweikampfstark war und fast alle seiner Duelle mit Schürrle, Müller und Götze für sich entschied. Gegen Irland muss für Löws Team am Dienstag nun dringend ein Sieg her.