Spieler mit Sonderaufgaben betrauen – Möglichkeiten und Grenzen
Früher war es gängige Praxis, dass ein Trainer einen Spieler abstellte, der sich ausschließlich um den gegnerischen Spielmacher kümmerte. Das ist heute nicht mehr üblich, denn in den modernen Spielsystemen ist es kaum noch möglich, einen Spieler aus dem Gesamtverbund herauszunehmen, um ihn mit einer Sonderaufgabe zu betrauen. Dennoch kann es durchaus Situationen geben, in denen es die beste Lösung ist, einen Spieler mit einem ganz speziellen Auftrag auf den Platz zu schicken. Dabei sollten Sie allerdings viele Faktoren berücksichtigen, damit die Chance auf Erfolg steigt und nicht sinkt.
Defensive Sonderaufgaben sind eher problematisch
In modernen Spielsystemen ist der Defensivverbund der wesentliche Faktor für den Gesamterfolg. Pressing und Gegenpressing funktionieren nur dann, wenn sich das gesamte Team an der Abwehrarbeit beteiligt und wenn sich jeder Spieler richtig bewegt. Es wäre geradezu fatal, wenn ein Trainer einen Spieler aus diesem System herausnehmen würde, um einen speziellen Gegenspieler zu decken. Das würde zwangsläufig dazu führen, dass der gesamte Deckungsverbund auseinanderbrechen würde. In alten Spielsystemen war dies anders, denn solange noch mit einer klaren Zuordnung im Mittelfeld gespielt wurde, war es problemlos möglich, einen besonders geeigneten Defensivspieler dem stärksten gegnerischen Offensivspieler zuzuordnen.
Individuelle Vorbereitung auf den Gegner
Anstatt eine defensive Sonderaufgabe zu vergeben, sollten Sie besser jeden einzelnen Spieler auf den Gegner einstellen. Beispielsweise können Sie Ihre Außenverteidiger dazu ermutigen, sehr offensiv zu spielen oder aber dazu auffordern, sehr defensiv zu stehen und nur gelegentlich nach vorne zu stoßen. Mit diesem taktischen Feintuning können Sie Ihre Mannschaft sehr effektiv auf einen bestimmten Gegner vorbereiten, ohne dass Sie gleich die ganze Organisation durcheinander werfen. Bei jeder Maßnahme sollten Sie sich aber unbedingt überlegen, was die Auswirkung auf das Gesamtsystem sind. Beispielsweise wäre es wahrscheinlich keine gute Idee, einen Innenverteidiger damit zu betrauen, einen offensiven Mittelfeldspieler zu bewachen, der regelmäßig auf die Außenpositionen geht.
Defensive Sonderaufgaben für Stürmer
Die Stürmer sind in modernen Spielsystemen die ersten Verteidiger. Deswegen kommt ihnen eine ganz besonders wichtige Rolle zu. Beispielsweise können Sie Ihre Stürmer anweisen, die Innenverteidiger auf eine ganz bestimmte Weise anzulaufen, damit der Pass zum schwächsten Glied innerhalb der gegnerischen Defensivkette gespielt werden muss. Wenn der Ball dann bei diesem vermeintlich schwächsten Spieler angekommen ist, können Sie durch Pressing den Druck erhöhen und vielleicht den Ball erobern. Sie können Stürmer aber zum Beispiel auch anweisen, sich sehr tief fallen zu lassen, wenn Sie nicht vorne angreifen möchten, sondern stattdessen aus einer tief gestaffelten Defensive Konter fahren möchten.
Offensive Sonderaufgaben haben großes Potenzial
Viele Trainer übersehen, dass es auch in der Offensive die Möglichkeit gibt, Sonderaufgaben zu verteilen. Beispielsweise kann es ein sehr wirksames Mittel gegen einen starken offensiven Außenspieler sein, den eigenen Außenverteidiger sehr offensiv auszurichten. Die Sonderaufgabe besteht dann darin, den sehr guten gegnerischen Angreifer in der eigenen Defensive zu binden. Eine andere Sonderaufgabe könnte beispielsweise darin bestehen, einen Stürmer ganz bewusst immer zu einem bestimmten Innenverteidiger zu schicken, der dafür bekannt ist, seinen Freiraum sehr effektiv für den Spielaufbau zu nutzen. Wenn der Stürmer diesen Spieler ganz bewusst immer wieder beschäftigt, kann dieser sich nicht wie gewohnt entfalten.
Eine Sonderaufgabe während des Spiels verteilen
In einer gut funktionierenden Mannschaft können Sie auch während des Spiels einen Spieler mit einer Sonderaufgabe betreuen. Wenn Sie beispielsweise sehen, dass der gegnerische Innenverteidiger als verkappter Spielmacher agiert (Prominentes Beispiel: Mats Hummels), können Sie Ihre Stürmer ganz gezielt darauf ansetzen, diesen Innenverteidiger bei gegnerischen Ballbesitz zu decken bzw. immer wieder zu attackieren. Wenn Sie Spieler haben, die dazu in der Lage sind, sich sehr schnell auf neue Situation einzustellen, erhöht das Ihre Chancen beträchtlich. Noch besser wäre es allerdings, wenn die Spieler selbst auf dem Platz reagieren würden und die nötigen Umstellungen ganz ohne Trainer schaffen würden. Wenn das geschieht, hat Ihre Mannschaft bereits ein sehr hohes Niveau erreicht.