SpoWi-Ecke: Von der Messung von Kreativität und Spielintelligenz
Der Trend geht zunehmend dazu alle sportlichen Parameter aufzunehmen und auszuwerten. Die Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und viele weitere Faktoren werden gemessen, skaliert und schließlich verwendet, um etwaige Defizite auszumerzen.
Das wirklich Interessante am Fußballsport hingegen, der eine kreative Geistesblitz, die Gewandtheit und der Einfallsreichtum, in einer bestimmten Situation mit einer überraschenden und erfolgreichen Lösungsmöglichkeit aufzuwarten hingegen, findet hier kaum Anklang. Die Kreativität und Spielintelligenz kann schwerlich gemessen werden. Beide Merkmale sind aber nach vorherrschender Meinung auch wichtige Einflussgrößen für die Talentsuche und Talentauswahl. Aus diesem Grunde versuchten Daniel Memmert und Jörg Daniel dies 2005 in einer Studie an diversen DFB-Stützpunkten zu ändern.
Zielgruppe: 12- bis 13-jährige leistungsstarke Talente
An sieben ausgewählten DFB-Stützpunkten in Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz (Leutershausen, Münchweiler, Neustadt, Pfingstberg, Speyer, St. Ilgen, Steinsfurt) wurde bei 195 Talenten der Jahrgänge 1991 und 1992 die fußballspezifische Kreativität und Spielintelligenz bestimmt.
Erhebung durch Spieltestsituationen
Spieltestsituationen bestehen aus schlichten Spielformen mit genau definierten Einflussgrößen (Regeln, Spieleranzahl etc.). Die Laufwege und sonstiges taktisches Verhalten der Teilnehmer wird auf Video aufgenommen, in einem konzeptorientierten Rating von zwölf Experten bewertet und festgehalten. Laut Memmert & Roth, 2003 konnte Ojektivität, Reliabilität und Validität in zahlreichen Vorstudien gesichert werden.
Die beiden Spieltestsituationen werden im Folgenden kurz erläutert (siehe Grafiken).
Spieltestsituation Lücken ausnutzen:
In einem acht mal sieben Meter großem Feld wird eine mittlere Zone mit einem Meter Breite abgesteckt. Ziel des Spiels ist es für die zwei Spieler der einen Seite den Ball zu den zwei Mitspielern auf der anderen Seite zu passen. Die drei mittig postierten Gegner dürfen ihre Zone nicht verlassen und müssen versuchen dies zu verhindern und Lücken effektiv schließen.
Spieltestsituation anbieten und orientieren:
In einem 9×9-Meter großem Spielfeld mit einem Startquadrat (1x1m) müssen drei Spieler versuchen möglichst lange den Ball in den eigenen Reihen zu halten und sich zuzupassen. Mit dem Ball am Fuß darf jedoch nicht gelaufen werden. Ziel der gegnerischen Mannschaft, die ebenfalls aus drei Spielern besteht, ist es, dies zu verhindern. Der Startpunkt, nachdem dies gelingt, ist stets jeweils wieder im Startquadrat.
Kreativität und Spielintelligenz, Ergebnis:
Über die Zeitdauer der Untersuchung von einem halben Jahr konnten keine prägnanten Zuwächse im Bereich der Kreativität und Spielintelligenz erreicht werden. Immerhin haben sich 39 Spieler hinsichtlich ihrer taktischen Kreativität verbessert, fünf Jungs sogar um mehr als 20%.
Bei insgesamt 36 Talenten wurde hingegen ein Rückgang der Spielintelligenz diagnostiziert. Dieser kann entweder altersbedingt oder mit sonstigen Faktoren begründet werden, die allerdings in der Studie kaum thematisiert werden, wie beispielsweise das Training im Heimatverein, die Freizeitbetätigung oder die Teilnahme an Auswahlspielen.
Kreativität und Spielintelligenz, Fazit:
Kreativität und Spielintelligenz sind keine definitiv messbaren Variablen! Das scheint zumindest auch diese Studie zu bestätigen, die einen sehr guten Versuch unternimmt, aber kaum das komplexe Gefüge abbilden kann, welches bei einem Menschen spontane Ideen und Problemlösungsstrategien hervorruft.
Nichtsdestotrotz müssen individual- und gruppentaktische Elemente im Trainingsbetrieb Platz finden, um genau solche erwarteten Verhaltensweise aufzuzeigen. Sobald diese antizipierten Situationen auftreten können die Spieler dann etwas Neues ausprobieren und damit für die vielumjubelte Überraschung und Spontaneität sorgen.
Von Dominik Langenegger