Fußballtrainer Anweisungen: Studie „Spielen“ oder „Dribbeln“?

Der richtige Einsatz von Fußballtrainer Anweisungen für die Entwicklung technischer, taktischer und physischer Fähigkeiten im Fußball ist von hoher Bedeutung. Doch was ist richtig? Welches Maß an verbalen Anweisungen müssen Fußballtrainer wählen, um junge FussballerInnen bestmöglich in ihrer Entwicklung zu unterstützen? Die folgende Studie beschäftigt sich explizit mit diesem Trainerverhalten.

Trainerverhalten entscheidend für Lerneffekt

Vor allem im Kinder- und Jugendbereich des Amateurfußballs fällt auf, dass TrainerInnen durch ein hohes Maß an Instruktionen Einfluss auf das Geschehen in Spielformen nehmen. Doch führt dies oft nur gut gemeinte Verhalten zu den gewünschten Ergebnissen? Dazu, junge SpielerInnen besser zu machen? Um sich zu verbessern, bedarf es vor allem eines: maximalen Lerngelegenheiten! Diese können im Fußball als maximale Ballwiederholungszahlen definiert werden.

Umso häufiger junge FussballerInnen also einen Pass spielen, auf das Tor schießen oder dribbeln, desto mehr Lerngelegenheiten besitzen sie.

Folglich stellt sich die Frage, bei welchem Verhalten von TrainerInnen werden maximale Lerngelegenheiten geschaffen? Um diese Frage wissenschaftlich zu beantworten, wurde in der benannten Studie der explizite und implizite Ansatz statistisch verglichen.

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Fußballtrainer Anweisung „Spielen“ führt zu weniger Dribblings

Der explizite Ansatz meint hierbei, dass TrainerInnen aktiv, durch standardisierte Coachingpunkte, Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen. Hingegen wird unter dem impliziten Ansatz ein Einfaches „spielen lassen“ verstanden, bei welchem nicht aktiv Einfluss genommen wird. Gespielt wurde jeweils ein 4 gegen 4 auf vier Minitore mit einer Spielzeit von 12 Minuten. Es wurde in drei Blöcken gespielt. Dabei kamen 36 Spieler der Jahrgänge 2007 bis 2011 zum Einsatz, welche allesamt dem Amateurfußball zuzuordnen sind. Am Ende konnten 36 Minuten Spielzeit beider Bedingungen miteinander auf relevante Aktionsvariablen wie Pässe, Schüsse und Dribblings verglichen werden.

Die quantitative Videoanalyse zeigte, dass der explizite Ansatz zu mehr Pässen führt. So wurden pro Spiel durchschnittlich 92.33 Pässe gespielt. Beim impliziten Ansatz hingegen wurden durchschnittlich 90.00 Pässe gespielt. Der implizite Ansatz führte durchschnittlich zu mehr Schüssen (24.00 zu 20.66) und zu mehr Dribblings (33.00 zu 24.00), als der explizite Ansatz. Deskriptiv sind somit Unterschiede im Hinblick auf die Lerngelegenheiten erkennbar. Entscheidend bei wissenschaftlichen Untersuchungen ist jedoch die statistische Signifikanz. Also, ob ein Ergebnis auch durch Zufall entstanden sein könnte oder nicht. Statistische Signifikanz wies nur die Anzahl der Dribblings aus.

Folglich kann damit argumentiert werden, dass der explizite Ansatz, also die Einflussnahme von TrainerInnen, zu signifikant weniger Dribblings führt.

Da die standardisierten Coachingpunkte darauf ausgelegt waren, die SpielerInnen – wie in der Praxis des Amateursports meist üblich – dazu anzuleiten, den Ball zu spielen, anstatt mit ihm zu dribbeln, ist dies eine plausible Erklärung. Beispielhaft ist hier der verwendete Coachingpunkt „Ball laufen lassen – viele Pässe“ zu nennen.

Chance für mehr Straßenfußballer und Unterschiedsspieler

Die Studie zeigte somit, dass sich TrainerInnen in Spielformen bewusst zurücknehmen sollten, um maximale Dribbling-Lerngelegenheiten zu schaffen. Dadurch könnte es gelingen, in Zukunft wieder mehr Straßenfußballer und Unterschiedsspieler auszubilden. Dies bedarf, Kinder- und Jugendliche als HauptdarstellerInnen des Spiels wahrzunehmen und sich selbst davon zu lösen. Möchte man als TrainerIn dennoch – in zurückgenommener Weise – Einfluss auf das Spiel nehmen, so ist es wichtig, Coachingpunkte in prägnanter und kindgerechter Sprache zu verwenden.

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Hintergründe zur Studie „Spielen“ vs. „Dribbeln“

Der studierte Sport- und Wirtschaftslehrer sowie Trainer der VfB Stuttgart Fußballschule, Ricco Moser, befasste sich in seiner Studie Fußballtrainer Anweisungen mit den Auswirkungen des Trainerverhaltens im Kinder- und Jugendfußball auf relevante Aktionsvariablen. Moser erkannte als Ausgangspunkt der Studie eine vor allem im Amateurfußball vorherrschende Problematik: TrainerInnen nehmen in Spielformen eine sehr präsente Rolle ein. Dabei versuchen sie, Kinder und Jugendliche durch ein hohes Maß an simultanem Coaching zu beeinflussen. So werden junge FussballerInnen häufig dazu angeleitet, den Ball zu spielen, anstatt mit ihm zu dribbeln.

Moser: Das Trainerverhalten hemmt die Entwicklung der Spielintelligenz

Den Kindern und Jugendlichen werden Entscheidungen auf dem Platz zu oft abgenommen und somit das eigenständige Denken verhindert. Diese Beeinflussung sei von den TrainerInnen keinesfalls negativ gemeint, im Gegenteil. Doch genau hier sieht Moser das Problem. Das Verhindern des eigenständigen Denkens hemmt die Entwicklung der Spielintelligenz und führt dazu, dass das Lernen immer mehr einem passiven, also expliziten Lernprozess gleicht.

Moser bevorzugt daher Spielformen, die das provozieren, was gelehrt werden soll. Innerhalb dieser Spielformen soll ein Einfaches „spielen lassen“, also ein impliziter Lernprozess, stattfinden. Ausgehend von der beschriebenen Problematik setzte sich Moser mit den genannten Ansätzen wissenschaftlich auseinander.

Wissenschaftliche Quelle: Wein, H. (2016). Spielintelligenz im Fußball kindgemäß trainieren (4. überarbeitete Auflage). Meyer & Meyer Verlag.

Autor:                                   Ricco Moser

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