Fußballtraining in der F- und G-Jugend
Zu Beginn der fußballerischen Ausbildung stehen eine vielfältige Bewegungserfahrung, ein unbewusstes Lernen und Spiel-Spaß im Vordergrund. Für die Vermittlung expliziter, taktischer Inhalte gibt es in einem F Jugend Training und G-Jugend Training dagegen keinen Platz. Warum das so ist, klären wir in diesem Beitrag. Du erfährst wie das ideale Fußballtraining für Kinder zwischen 6 und 9 Jahren aussieht.
Lernprozesse Kinderfußball
Zum Einstieg setzen wir uns mit dem Begriff des „Lernens“ im Sport auseinander. Als Trainer hast du 2 Möglichkeiten, um die Lernprozesse deiner Spieler zu steuern – Zum Einen gibst du Spiel- und Übungsformen vor, in welchen deine Spieler Entscheidungen treffen als auch umsetzen. Du gestaltest als Trainer die Lernumgebung (Training). Zum Anderen beeinflusst du durch dein Verhalten und Instruktionen (Coaching) die Wahrnehmung und die Entscheidung deiner Spieler. Du kannst also durch Übungs- und Spielformen sowie das Coaching Einfluss auf die Lernprozesse deiner Spieler nehmen. Beim Training findet ein implizites Lernen statt, während ein Coaching zu einem explizitem Lernen- diese Form des Lernens erfolgt durch die bewusst Aufnahme von Informationen.
Das implizite Lernen
Implizites Lernen ist „Lernen, ohne es zu merken“. Es geschieht beiläufig und deine Spieler eigenen sich Wissen & Fertigkeiten unbewusst und spielerisch an. Dabei ist es notwendig, dass du komplexe Zustände im Training schaffst – Zustände, welche eine Vielzahl an Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten sowie ständig wechselnde Situationen bietet. Diesen Zustand kannst du am Besten mit Spielformen kreieren.
G Jugend oder F Jugend Training: implizit oder explizit Lernen?
Wenn du eine Mannschaft in der G- oder F-Jugend trainierst, fällt die Antwort auf diese Frage eindeutig aus – setzte auf ein implizites Lernen. Das hängt mit der Entwicklung des präfrontale Kortex zusammen. Dieser Teil des Gehirns ist verantwortlich für Funktionen wie vorausschauende Planungen oder Risikoabschätzungen von Entscheidungen. Diese Funktionen sind eine wesentliche Voraussetzung für das implizite Lernen. Der präfrontale Kortex reift jedoch erst mit dem 11-12. Lebensjahr, weshalb jüngere Kinder besser unbewusst und spielerisch lernen.
Viel spielen & wenig üben
Wie bereits erwähnt, bietet sich für ein implizites Lernen vor allem das Training in Spielformen an. Die Lernprozesse werden dabei weniger durch das Coaching, sondern vielmehr durch Gestaltung des Spielerform gesteuert – beispielsweise durch die Veränderung der Zielsetzung, der Feldgröße & -form, des Untergrunds oder der Spieleranzahl in einer Spielform.
Auch wenn Spielformen den größten Anteil beim Training der G- & F-Jugend ausmachen sollten, kannst du natürlich trotzdem Übungsformen in dein Training mit einfließen lassen. Jedoch solltest du besonders bei diesen jungen Jahrgängen auf folgende Punkte beim Durchführen deiner Übungsformen achten:
- Die Übungsform lässt sich einfach vermitteln
- Spaß ist gegeben
- Der Ball ist immer Spiel
- Sehr kurze bzw. keine Standzeiten
Mit allzu langen Standzeiten – sei es durch ausschweifende Erklärungen oder durch die Gestaltung der Übung – tust du weder dir als Trainer, noch deinen Spieler einen Gefallen. Kinder in diesem Alter haben eine geringere Wahrnehmungsfähigkeit und obendrein einen natürlichen Bewegungsdrang, welchen im Alltag der Kinder sowieso meist zu kurz kommt.
G Jugend oder F Jugend Training – Das Coaching
Wir haben bereits gelernt, dass sich explizite Lernprozesse in der G- & F-Jugend nicht wirklich realisieren. Folglich haben Handlungsanweisungen, Hinweise oder Korrekturen keine nachhaltige Wirkung und obendrein sogar negative Konsequenzen für deine Spieler.
„Im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren ist es besser, man hat gar keinen Trainer als einen schlechten Trainer“
Arsene Wenger
Explizite Anweisungen führen zu einer Einschränkung des Aufmerksamkeitsfokus der Spieler. Ein entdeckendes Training ohne einschränkende Instruktionen, ermöglicht hingegen einen weiten Aufmerksamkeitsfokus der Spieler. Dieser weite Fokus ist eine wesentliche Voraussetzung für eine starke Entwicklung der Spielintelligenz. So konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden, dass Kinder zwischen 6 und 11 Jahren ein hohes Maß an Spielintelligenz entwickeln, wenn sie ohne Instruktionen und in sportspielübergreifenden Spielformen üben1. Auf den Aspekt „Sportspielübergreifen“ werden wir im Verlauf des Beitrages noch eingehen.
Was ist die Rolle des Trainers?
Wenn Instruktionen in dieser Altersklasse kontraproduktiv sind, stellt sich die Frage nach der Aufgabe des Trainers – Wie kannst du deine Kicker unterstützen?
- Du kannst eine Lernumgebung kreieren, welche den Spielern Spaß und Begeisterung für den Fußballsport bietet. Somit trägst du dazu bei, dass die ersten Erfahrungen im Fußball positiv sind und die Spieler längerfristig dem Fußball treu bleiben.
- Du kannst die Entwicklung deiner Spieler mit der Gestaltung des Trainings beeinflussen – konfrontiere deine Spieler mit Herausforderungen, welche sie fordern aber nicht überfordern. Gestalte Spielformen so, dass deine gewünschten Herausforderungen/Schwerpunkte in den Vordergrund rücken. Plane das Training so, dass alle Spieler ausreichend Ballaktionen sammeln, vielfältige Bewegungserfahrungen machen und wenig Leerlauf stattfindet.
„Ein Trainer kann seinen Spielern sagen, dass sie kombinieren oder direkt spielen sollen, oder er kann Situationen schaffen, durch die sie dazu gezwungen werden.“
Christoph Biermann
- Du kannst ein guter Beobachter sein. Ein Trainer muss nicht nonstop aktiv an der Seitenlinie sein und ständig Input geben. Nehme dich regelmäßig zurück und gebe deinen Spieler den Freiraum eigenständig zu handeln. Aus dieser Position heraus kannst du auch deutlich besser wahrnehmen und Erkenntnisse gewinnen.
- Sei ein Unterstützer deiner Spieler & kein Instruktor, welcher ständig, konkrete Handlungsanweisungen gibt. Anstatt auf explizite Anweisungen zu setzen, hilfst du deinen Spielern eigenständige Entscheider zu werden und „am Ball“ zu bleiben.
- Wenig Eingriff & Input. Berücksichtige die limitiere Wahrnehmungsfähigkeit deiner Spiele. Das bedeutet, dass du deine Spieler nicht allzu frequentiert und komplex coachen solltest. In jüngeren Jahrgängen passiert es immer wieder das Spieler inhaltlich überfordert und überfrachtet werden – beim Coaching gilt also: Weniger ist mehr.
- Lebe das vor, was du von deinen Spielern willst. Einen deutlich nachhaltigeren Effekt als Worte haben deine Handlungen. Du kannst mit überkreuzten Händen und lustloser Mine am Spielfeldrand stehen oder deine Begeisterung für den Fußball vorleben.
- Auf den einzelnen eingehen. Schenke jedem deinem Spieler Aufmerksamkeit und gibt deinem Team nicht das Gefühl, dass manche Spieler wichtiger und weniger wichtig sind. Erkenne die individuellen Fortschritte deiner Spieler an und passe die Aufgaben/Herausforderungen an das Können der einzelnen Spieler an.
Vielfältige Bewegungserfahrung
Wer ein herausragender Stürmer werden will, sollte am Besten ausschließlich Fußball spielen und das am Besten auch nur als Angreifer – klingt einleuchtend, ist aber falsch. In jüngeren Jahrgängen sollte auf eine frühe Spezialisierung verzichtet werden und vielmehr auf vielfältige Bewegungserfahrungen gesetzt werden – statt fester Positionen und Einschleifen, sollte lieber auf Abwechslung gesetzt werden.
Dadurch wird nicht nur einen Mehrwert für die sportliche Leistungsentwicklung sondern auch für die Gesunderhaltung des Sportlers. Eine Vielzahl der heutige Profisportler im Mannschaftssportarten hat in jüngeren Jahrgängen nicht nur Fußball gespielt, sondern parallel eine zweite oder sogar dritte Sportart ausgeübt. Diese sportspielübergreifende Training führt natürlich zwangsläufig zu einer vielfältigen Bewegungserfahrung.
Die 10 wichtigsten Punkte für deine Trainingsgestaltung in der F- & G-Jugend
1.) Implizites Lernen: es wird spielerisch & unbewusst gelernt
2.) Spielen > Üben
3.) Coaching: Sei ein Unterstützer & kein Instruktor – schränke den Aufmerksamkeitsfokus deiner Spieler nicht ein und bilde gute Entscheider & Umsetzer aus.
4.) Coaching: weniger ist mehr – berücksichtige die limitierten Wahrnehmungsfähigkeit deiner Spieler und überfrachte sie nicht mit Informationen.
5.) Wenig bis keine Standzeiten – Lass den natürlichen Bewegungsdrang deiner Spieler zu.
6.) Lebe vor, was du von deinen Spielern sehen möchtest.
7.) Gehe auf den Einzelnen ein.
8.) Der Ball ist immer im Spiel.
9.) Vielfältige Bewegungserfahrung statt Spezialisierung & Einschleifen
10.) Sorge für Spaß.
Autor: Luis Österlein
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https://www.iat.uni-leipzig.de/datenbanken/iks/sponet/Record/4065623