Premier League: 3 erfolgreiche Eckballvarianten in der Standardanalyse

Egal ob Eckbälle, Einwürfe, Freistöße oder Anstöße, Standardsituationen sind ein wichtiger Bestandteil eines Fußballspiels. Wenn der Ball ruht, kann sich jede Mannschaft sortieren und auf die kommende Spielfortsetzung vorbereiten. Mit Analysen des Gegners kann man sich auf dessen Varianten einstellen und somit besser darauf vorbereiten, ihn verteidigen zu können. In diesem Artikel soll es jedoch um Varianten für die eigene Offensive gehen.

Dabei beschränken wir uns auf drei Eckballvarianten aus der englischen Premier League, die in den letzten Wochen zum Erfolg für das jeweilige Team geführt haben. Es werden dabei sowohl die Ausgangsstellung und Laufwege betrachtet. Wichtig dabei zu erwähnen ist noch, dass die Varianten auch abhängig vom Verteidigungsstil des Gegners sind. Verteidigt dieser beispielsweise den Raum bei einer Ecke, so kann es schwer sein, den Rückraum durch Laufwege freizubekommen. Das wäre dann zum Beispiel beim mannorientierten Verteidigen einfacher und besser zum Einsetzen geeignet.

Kurze Ecke Manchester City vs. FC Liverpool

Im Spiel zwischen Manchester City und dem FC Liverpool vom 22.12.22 im englischen Pokal konnte die Mannschaft von Pep Guardiola das Spiel durch einen Treffer nach einer Ecke für sich entscheiden und somit in die nächste Runde einziehen. Ein weiteres Argument dafür, dass Trainer sich mehr mit Eckballvarianten beschäftigen sollten, um somit die Chancen auf eigene Erfolge auch in engen Partien zu erhöhen. Ausgangslage in der vorliegenden Spielszene ist, dass Kevin de Bruyne eine Ecke herausholen kann. Er läuft anschließend direkt weiter, um zuerst den Ball einsammeln zu können und dann die Ecke schnell ausführen zu können. So kann Manchester City die Unordnung in der gegnerischen Abwehr ausnutzen.

Eckballvarianten Manchester City

Auf dem ersten Bild erkennt man die Ausgangssituation der schnell ausgeführten Ecke. Leider konnte die Kamera nicht den Zeitpunkt der Ausführung aufnehmen, was aber nicht weiter schlimm ist. Die Ecke wurde kurz ausgeführt, da Liverpool nicht sortiert war und außerdem nur einen einzigen Verteidiger auf dem Flügel in der Nähe der Ecke positioniert hatte.

Eckballvariante 2 Manchester City

So entsteht ein 2 vs 1 auf dem Flügel, das schwer zu verteidigen ist für den einzelnen Gegenspieler. Der ballführende Spieler kann seine Spielentscheidung abhängig vom Agieren des Gegenspielers machen. Deckt dieser mehr den freien Mitspieler und gibt so die Grundlinie frei, kann dort der Spieler mit Ball durchdribbeln. Die andere Option sehen wir hier: Der Gegenspieler lässt den Rückraum auf und der Ball kann so nach hinten abgelegt werden und de Bruyne kann in die Flankenzone unbedrängt dribbeln.

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In den ersten beiden Bildern erkennt man außerdem, dass in der goldenen Zone vor dem Tor eine klare Überzahl für die verteidigende Mannschaft herrscht. Das kommt dadurch, dass die Ecke so schnell ausgeführt wurde und die kopfballstarken Verteidiger noch nicht nachgerückt sind. Auch deshalb muss die Flanke in den Sechzehner herausgezögert werden, um mehr eigene Spieler dort platzieren zu können.

Eckballvariante 3 Manchester City

Jetzt kann man erkennen, dass de Bruyne als Flankengeber bei der Ballabgabe keinen Druck hat. Das Anlaufen von oben von Salah kommt zu spät. Wichtiger ist jedoch, was in der Zone vor dem gegnerischen Tor passiert: Durch eine kurz herausgespielte Ecke kann man immer wieder beobachten, dass sich die Abwehr in Richtung des Balles herausziehen lässt und so ihre Gegenspieler im Rücken verliert. Genau dieses Verhalten nutzt Manchester City hier aus. 2 freie Spieler laufen aus dem Rückraum auf den zweiten Pfosten.

Der rot markierte Punkt ist der Ort, auf den der Ball gespielt werden soll. Er kommt dabei über die gegnerische Abwehr hinweg, ohne dass diese, durch ihr Rausrücken, eine Chance haben, den Ball klären zu können, wenn dieser optimal gespielt wurde. Haaland ist der einzige Spieler im Sechzehner, der sich nicht zum zweiten Pfosten orientiert. Er bereitet sich darauf vor, dass die Flanke eventuell noch quergelegt werden könnte. Dies wird im nächsten Bild noch deutlicher.

Eckballvariante 4 Manchester City

Im letzten Bild dieser Standardvariante ist der Ball nun am zweiten Pfosten beim hereinlaufenden Kopfballspieler. Man erkennt außerdem die eben angesprochene Höhe der Liverpool-Abwehr, die dafür sorgt, dass sie die Flanke nicht klären können. Ake, als angespielter Spieler hat nun drei Möglichkeiten: die ersten beiden Eckballvarianten sind ein direkter Torabschluss durch einen platzierten Kopfball in eine der Ecken.

Die dritte Variante ist, dass er den Ball in den freien Raum querlegen könnte, um so die Torwahrscheinlichkeit noch zu erhöhen. In dieser Situation konnte Ake den Ball mit einem gut gesetzten Kopfball im Tor unterbringen und Manchester City somit in die nächste Runde schießen. Zusammenfassend lassen sich für diese Variante des Eckballs folgende wichtigen Punkte festhalten:

1. Wann ist diese Eckballvariante geeignet?

Diese Variante ist vor allem dann sinnvoll, wenn sich sowieso zwei Spieler in der Nähe der Eckfahne befinden, während der Ball dort ins Aus geht. Dabei muss aber auch die eigene Stärke nach direkten Flanken bei Ecken abgewogen werden. Sollte diese enorm groß sein, kann es sinnvoller sein zu warten, bis die kopfballstarken Spieler gut positioniert sind. Außerdem kann man die Variante nutzen, wenn es zu einer Unordnung in der gegnerischen Abwehr kommt und man diese ausnutzen möchte.

2. Auf was muss geachtet werden?

Nachdem sich die Spieler für diese schnelle kurze Variante entschieden haben, gibt es weitere Dinge zu beachten. Die beschriebene 2vs1 Situation am Flügel kann in zwei Varianten verlaufen, die bei der entsprechenden Abbildung erklärt wurden. Die Spieler sollten sich nicht darauf festlegen, den Ball unbedingt nach hinten in die Flankenzone ablegen zu wollen.

Gibt der Verteidiger die Grundlinie auf, ist es sinnvoller dort durchzustoßen. Dann entstehen andere Situationen, die in kommenden  Standardanalysen erklärt werden können. Bei der technischen Ausführung muss außerdem darauf geachtet werden, dass die Flanke auch wirklich hinter die Abwehr kommt und nicht vorher abgefangen wird. Die hereinlaufenden Spieler müssen mit der Variante auf den zweiten Pfosten vertraut sein und die Anzeichen dafür erkennen.

Kurz und knapp zusammengefasst bedeutet das:

Sinnvoll, wenn Gegner unsortiert
Eigene Standardstärke bei Ecken-Flanken reflektieren
2vs1-Situation entsprechend ausspielen
Flanke technisch gut ausführen
Spieler mit Variante vertraut machen

Flache Ecke 16er Crystal Palace vs. Bournemouth

In der zweiten Variante konnte Crystal Palace per Ecke das zweite Standardtor in der Partie gegen Bournemouth in der englischen Premier-League erzielen. Dabei handelt es sich weder um eine kurz ausgeführte Ecke, noch um eine Flankenhereingabe. Stattdessen ist es eine Variante, bei der der Ball flach an die Strafraumgrenze direkt von der Eckfahne gespielt wird und von dort direkt der Abschluss gesucht wird.

Eckballvariante 1 Crystal Palace

Man erkennt vor der Eckballausführung, dass Bournemouth vor dem eigenen Tor nur den Raum verteidigt. Im Gegensatz zu Liverpool aus dem ersten Beispiel, ziehen sie einen weiteren Spieler mit zur Ecke hin, um eine Unterzahl am Flügel zu verhindern und gleichzeitig eine halbhohe Flanke auf den ersten Pfosten abfangen zu können. Die Abwehr steht dabei im Strafraum recht tief. Crystal Palace hat nur einen Spieler im Fünfmeterraum positioniert.

Außerdem stehen vier Spieler zum Einlaufen auf Höhe des Elfmeterpunkts bereit. An der Strafraumkante auf der Seite, auf der die Ecke ausgeführt wird, ist ein sehr großer freier Raum. Was in diesem Standbild noch nicht deutlich wird, ist, dass im Rückraum zwei Spieler von Crystal Palace ohne Gegenspieler auf mögliche Abpraller spekulieren.

Eckballvariante 2 Crystal Palace

Im zweiten Bild ist der Zeitpunkt der Ausführung festgehalten. Im Zentrum sieht man verschiedene Laufwege der Angreifer. Durch diese Laufwege werden die Verteidiger mitgezogen und weiterer Raum im Sechzehner geschaffen. Genau in diesen Raum kann der Ball flach hineingespielt werden. Dieser wird zwischen den beiden Verteidigern, die die Unterzahl auf dem Flügel verhindern sollen, hindurchgespielt.

Im nächsten Standbild sieht man die angesprochene fehlende Verteidigung im Rückraum. Die hineingelaufenen Spieler haben erfolgreich den Raum weiter frei machen können, in dem sie die Gegenspieler mit sich gezogen haben. Der angespielte Spieler aus dem Rückraum kann den Ball im Strafraum ohne Bedrängnis frei annehmen und hat das Tor vor sich.

Eckballvarianten Crystal Palace

Im letzten Bild dieser Variante wird der erfolgreiche Abschluss dargestellt. Der Spieler kann sich dabei entscheiden, ob er den Ball annimmt oder einen direkten Abschluss sucht. Für den gegnerischen Torwart ist es schwer, durch die vielen Spieler unmittelbar in seinem Sichtfeld, den Ball deutlich sehen zu können.

Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Ball unhaltbar abgefälscht wird oder ein Abpraller für die Füße eines Angreifers fällt. Das kann aber ebenfalls als kleiner Nachteil gesehen werden, da die Schüsse somit auch leichter geblockt werden können. Auch hier sollen wieder die wichtigsten Punkte zusammengefasst werden.

1. Wann ist diese Eckballvariante geeignet?

Bei dieser Variante kommt es sehr auf die gegnerische Verteidigung an. Spielen diese in einer Raumverteidigung oder Manndeckung? Bei einer mit breiteren Abständen gespielten Raumverteidigung ist es möglich, dass Räume wie in diesem Beispiel nicht entstehen. Besser ist es für die Offensive, wenn die Verteidigung eine Mannverteidigung spielt, da es dann einfacher sein kann, die Gegenspieler mitzuziehen und somit den Raum schaffen zu können. Weiter ist diese Variante davon abhängig, inwiefern der Rückraum von der verteidigenden Mannschaft markiert wird. Allein ein Spieler kann dort die Variante stören.

2. Auf was muss geachtet werden?

Diese Eckballvariante ist vor allem für den Spieler im Rückraum technisch anspruchsvoll. Da wir in der Zielgruppe dieses Beitrags nicht von Champions League Niveau ausgehen, wäre es eventuell sinnvoller, den Ball vor dem Abschluss zu kontrollieren. Der Spieler im Rückraum sollte außerdem abschlussstark sein und dort mit Absicht positioniert werden. Auch wenn die Variante durch verschiedene defensive Anpassungen des Gegners nicht möglich ist und die Ecke als Flanke gespielt wird, kann der Spieler weiter im Rückraum auf Abpraller warten.

Kurz und knapp zusammengefasst bedeutet das:

Mann- oder Raumdeckung? Wichtig für das Mitziehen von Gegenspielern
Wie wird der Rückraum verteidigt?
Technisch anspruchsvoll für den Spieler im Rückraum

Flache Ecke 11er bei Manchester United vs. Nottingham Forrest

Im letzten Beispiel dieses Beitrags wird eine ähnliche Variante wie in Beispiel zwei vorgestellt. Manchester United konnte durch dieses Tor den Weg für einen Sieg im Spiel gegen Nottingham Forrest ebnen. Wie im Beispiel zuvor wird die Ecke wieder weder kurz ausgeführt, noch als Flanke geschlagen. Der Unterschied liegt hierbei zum einen in dem Raum, wo die flache Hereingabe einen Abnehmer findet und zum anderen in der Freilaufbewegung der Angreifer. Diese kann im Folgenden sehr gut anhand der Bilder beschrieben werden.

Eckballvarianten Manchester United

Mit dieser Kamera hinter dem Tor hat man einen optimalen Blick auf die Laufwege im Sechzehner. Dort erkennt man zweimal eine Manndeckung sowie ebenfalls zwei freie Verteidiger im Raum. Hinter der Höhe des zweiten Pfostens erkennt man eine 3vs3 Manndeckung. Außerdem erkennt man, dass im Vergleich zum Beispiel davor, der Rückraum abgesichert ist. Was jedoch im Vergleich zum Beispiel zuvor auffällt, ist der eingezeichnete freie Raum.

Eckballvariante 2 Manchester United

Im zweiten Standbild gibt es wieder viel zu erkennen und erklären. Die beiden freien Verteidiger sind noch ohne Gegenspieler. Der Spieler, der im Sechzehner am weitesten vom Tor entfernt ist, ist Rashford und der spätere Torschütze. Bewegung in dieser Situation kommt durch die gelb eingekreiste Paarung. In diesem Fall läuft Casemiro dem Ball entgegen und versucht scheinbar in den freien Raum einzudringen. Der linke Mitspieler von ihm, der im schwarzen Kasten gekennzeichnet ist, blockiert seinen Gegenspieler. So kann beim Gegner keine Übergabe in den Gegenspielern geschehen und es kommt zu einer Unordnung.

Eckballvariante 3 Manchester United

Man erkennt jetzt, dass Casemiro seinen Laufweg in die freie Zone abgebrochen hat. Nun stellen alle drei zentralen Spieler einen Block, um die Laufwege der Verteidiger verhindern zu können. In diesem Moment kann Rashford von ganz hinten auf Höhe des Elfmeterpunktes in den freien Raum nach vorne dringen und so seinen Gegenspieler überraschen und ihm davonlaufen.

Eckballvariante 4 Manchester United

Hier erkennt man die beschriebene Situation noch einmal von einer seitlichen Perspektive. Es ist gut zu erkennen, wie fast alle Spieler im gegnerischen Strafraum den freien Raum freiblocken. In diesen kann dann, wie bereits erwähnt Rashford seinen Gegenspieler loswerden und in diesen Freiraum eindringen und mit einem direkten Abschluss das Tor zum 2:0 erzielen. Durch die Positionierung des Spielers am Strafraumeck wird ein weiterer Gegenspieler gebunden, der den freien Raum ebenfalls nicht verteidigen kann, da er sonst seinen Gegenspieler aufgeben müsste.

Zum Abschluss werden jetzt die wichtigsten Punkte dieser Variante zusammengefasst:

1. Wann ist diese Variante geeignet?

Diese Variante ist ebenso wie die zweite eher bei einer Manndeckung der gegnerischen Mannschaft sinnvoll, weil so die Spieler besser gebunden werden können. Da Nottingham den Rückraum deckt, muss dieser Spieler noch weiter herausgezogen werden, um den Raum zu kreieren. Sollte der Gegner dort anders verteidigen, gibt es wiederum Optionen wie die zweite Variante aus diesem Artikel.

2. Auf was muss geachtet werden?

Diese Eckballvarianten verlangen ein optimales Timing. Die Spieler müssen wissen, wann welche Läufe zu machen sind und wie die unbeteiligten Spieler ihre Gegenspieler blocken können. Im Abschluss ist es ähnlich wie zuvor. Er ist technisch schwierig, aber in diesem Beispiel näher am Tor und deshalb etwas einfacher. Hier wird es durch die kurze Entfernung zum Tor schnell zu Gegnerdruck kommen und der direkte Abschluss scheint sinnvoller.

Weiter muss darauf geachtet werden, dass die Restverteidigung durch die vielen Spieler im Strafraum nicht vernachlässigt wird. Mit zu wenig Spielern kann es jedoch sein, dass die Gegenspieler nicht gut genug geblockt werden. Hier heißt es also Abwägen, was in der jeweiligen Spielsituation sinnvoll ist und inwieweit ein Risiko sinnvoll ist.

Kurz zusammengefasst bedeutet das wieder:

Manndeckung für das Binden der Spieler besser
Timing besonders wichtig!
Risikoabwägung

Autor: Marius Thomas / Redaktion: Goetz & Media | Sport

Trainingsübungen, um kreative Standardsituationen einzustudieren, können hier heruntergeladen werden:

Eckballvarianten und Standardsituationen