Spielaufbau verstehen und trainieren

Sauber von hinten herauskombinieren, den Gegner variantenreich ausspielen und viele Torchancen erspielen – das Spiel im eigenen Ballbesitz ist für jedes Team eine besondere Herausforderung. Gelingt es den Trainern und den Spielern diese zu bewältigen und ein gemeinsames Vorgehen zu erarbeiten, so bedeutet dies gleichzeitig Attraktivität, Freude und die Aussicht auf Tore und Erfolg. Entsprechend wollen wir uns hier dem Spielaufbau etwas näher widmen und schauen, welche Grundgedanken zu berücksichtigen sind.

Spielaufbau Fussballtraining

Ziele Spielaufbau: Nähe, Distanz und Linien

Hier ist der Ball – und nun?

Einfach und unkompliziert gedacht, geht es im eigenen Spielaufbau zunächst um verschiedene Zielsetzungen. Einerseits versucht die Mannschaft mit dem Ball (kontrolliert) in die gegnerische Hälfte zu gelangen und sich dort, in Vorbereitung auf das Herausspielen von Torchancen, dem gegnerischen Tor anzunähern. Gleichzeitig entfernt sie sich mit dem Ball vom eigenen Tor, schafft hier Distanz und somit erschwerte Angriffs-/Konterbedingungen für den Gegner.

Andererseits ist neben dieser räumlich gedachten Vorstellung die Idee zu verfolgen, den Gegner und seinen Verteidigungsverbund zu überspielen. Schauen wir uns mögliche Verteidigungsformationen an – beispielsweise ein 4-4-2, 4-1-4-1, 5-3-2 usw. – so sind diese in Linien organisiert. Im 4-4-2 verteidigen zwei Stürmer in der ersten Verteidigungslinie, gefolgt und unterstützt von vier Mittelfeldspielern.

Um den Gegner in seiner Verteidigungsformation zu überspielen und die oben benannte Tornähe zu erreichen, ist es notwendig hinter bzw. zwischen diese Verteidigungslinien zu gelangen. Dort gilt es offene Spieler zu finden, die das Spiel in die Tiefe fortsetzen, Verlagerungen einleiten und Angriffsmomente entwickeln. So ist eine Überlegung bezogen auf das genannte 4-4-2 beispielsweise, wie es gelingen kann, hinter die beiden Stürmer und/oder hinter das Mittelfeld des Gegners zu spielen und dort freie Spieler zu finden.

Kontrolle oder „ab dafür“

Zuvor bereits kurz erwähnt ist der Ansatz der Kontrolle im Spielaufbau. Das Spiel mit dem Ball erfordert – siehe weiter unten – verschiedene Fähigkeiten mit dem Ball und im Bereich des Entscheidens, auch und besonders unter hohem Druck. So besteht hierbei immer auch ein Risiko – der Ballverlust, der Konterangriff des Gegners. Je mehr der Spielaufbau darauf ausgelegt ist, Angriffssituationen mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit zu erspielen – kontrollierte und klare Angriffsmomente zu schaffen – umso mehr ist Geduld gefragt ebenso wie die Fähigkeit mit dem Risiko des Ballbesitzes umzugehen.

Andernfalls – wenn der Zufall eine größere Rolle spielen darf oder soll und das Risiko des Ballverlustes wie etwa in längeren Entwicklungspassagen reduziert werden soll, werden „halbe Situationen“ gespielt, wird schnell(er) in Richtung des gegnerischen Tores agiert und der gegnerische Verbund, beispielsweise eher mit hohen Anspielen, überspielt. Bereits hier entscheidet der Trainer (mit seinem Team) abhängig von Leistungsstand, eigenem Vermögen und Niveau zum Gegner. Wieder einmal individuell.

Das Handwerkszeug – Der Ball, mein Freund

Für den eigenen Ballbesitz und somit auch für den bewussten Spielaufbau, sind die technischen Fähigkeiten des Teams von großer Bedeutung. Die Spieler müssen das Dribbling, das variable Passspiel – flach, hoch, kurz ebenso wie lang und in verschiedenen Geschwindigkeiten – und die Annahme und Verarbeitung unterschiedlicher Pässe beherrschen. Da der Spielaufbau häufig unter Druckbedingungen stattfindet, der Gegner beispielsweise aktiv presst oder aber teilweise in und durch enge Räume hindurchgespielt wird, ist es notwendig, dass diese Techniken in entsprechenden Drucksituationen im Training regelmäßig geübt werden.

Verschiedene methodische Ansätze lassen sich hierbei gut kombinieren, um dieses Ziel zu erreichen. Kleine Technikübungen und Ballbesitzspiele bieten einen allgemeinen Rahmen, positionsorientierte Technik- und Entscheidungsübungen liefern individuelle Trainingsmöglichkeiten für einzelne Spieler und Positionen, große Spielformen unterschiedlicher Art schaffen eine Wettkampfnähe und ermöglichen so die Verbindung verschiedener Elemente und von Training zu Wettkampf.

Anspielbarkeit – Laufen, Stehen, Lücken finden

Das Freilaufen und die Aktivität im Spiel ohne Ball ist eine ebenso wichtige Säule des erfolgreichen Spielaufbaus. Auf der einen Seite vermeintlich selbstverständlich, sind jedoch selbst im Profifußball wiederholt Situationen zu beobachten, in denen unsauber und unzureichend freigelaufen/freigestanden wird – teilweise ein halber Meter fehlt – und somit gute Spielsituationen nicht genutzt werden können oder für das eigene Team sogar problematisch werden.

So gilt es, dies im Training sehr konsequent zu erarbeiten und zu wiederholen. Verschiedene Spielformen, spielnah ebenso wie kreativ und mit veränderten Herausforderungen (mehrere Spielrichtungen, mehrere Ziele, etc.), sind hier gut geeignet für die Schulung. Zusätzlich ist die aktive Begleitung der Spieler durch ein konzentriertes Coaching der Trainer wichtig, damit „Zentimeter und Momente“ wie oben beschrieben erkannt werden und ein sauberes und präzises Freilaufen entsteht.

Weiterhin ist in diesem Zusammenhang die variable Entwicklung des Freilaufens von Bedeutung: Wann benötigt es ein einfaches Angebot für den Mitspieler – vor dem Gegner, ohne Raumgewinn – um den Ball abspielen zu können? Wann kann ich mich im Rücken des Gegners bewegen, um eine Linie zu bedrohen und zu überspielen? Welche Lücken bietet der Gegner an und wie können wir als Team diese gemeinsam nutzen? Je bewusster und variabel die Mannschaft im eigenen Freilaufen ist, umso vielversprechender sind die Möglichkeiten für einen erfolgreichen Spielaufbau und das Spielen des Balles.

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Spielaufbau/Positionsspiel – die gemeinsame Ordnung

Unabhängig von der Benennung einzelner Positionen ist die gemeinsame Anordnung der Spieler auf dem Feld in den verschiedenen Situationen des Spiels und hier des Aufbaus wichtig für dessen Erfolg. In Abhängigkeit zum Ort des Balles werden bestimmte, wechselnde Räume des Feldes – nah wie fern – besetzt, um kurze ebenso wie weite und lange Fortsetzungsoptionen zu haben und den Gegner in seiner Struktur vor Entscheidungssituationen zu stellen.

Verteidigt er den einen Passweg, eröffnet sich wiederum der andere Passweg. Deckt er den einen Spieler, wird der andere Spieler zum Überspielen frei bzw. muss wiederum durch den nächsten Verteidiger gedeckt werden. Eine genaue und abgestimmte Positionierung erzeugt entsprechend Verteidigungsdruck auf den Gegner und ist, gepaart mit einem guten Freilaufen und einer schnellen und sauberen Ballbewegung, somit der Schlüssel, um den Gegner zu überspielen.

Spielaufbau Positionsspiel

Eine einheitliche Lösung und Schablone für das Positionsspiel gibt es hierbei nicht, vielmehr geht es um wiederkehrende Prinzipien, interessante Räume und die Anpassungsfähigkeit beispielsweise in Bezug auf die gegnerische Formation. In der Kombination aus Positionierung, Freilaufen und sauberem Spiel mit dem Ball können so kurzzeitige Überzahlsituationen oder offene, kleine Gleichzahlmomente (1 gg. 1, 2 gg. 2) erreicht werden, die den Übergang in die Torchance bieten bzw. aus Sicht des kontrollierten Spielaufbaus als „Angriffsmomente“ bezeichnet werden können. Und dann gilt es: Mit Tempo und Punsch zum Tor.

Spielaufbau Variabilität – bitte mehr als Plan A

Damit der Spielaufbau gelingt, ist es ratsam verschiedene Lösungen zu beherrschen und dem Team zu vermitteln. Nur den langen Ball spielen zu können, scheint auf Sicht ebenso wenig
erfolgsversprechend wie der auferlegte Zwang, lediglich kurz und flach von hinten heraus zu lösen. Einer verteidigenden Mannschaft kann es nie gelingen, alle Fortsetzungsoptionen vollständig zu unterbinden, sie ist lediglich in der Lage, einige zu verhindern oder zu erschweren, zu manchen „einzuladen“ oder besondere Drucksituationen entstehen zu lassen. Ist das eigene Team dann wiederum festgelegt auf Lösung A oder B und sieht Option C nicht, ist es ebenso problematisch wie beispielsweise eine klare Dribbellösung nutzen zu können, das Dribbling aber technisch schlicht nicht zu beherrschen.

Spielaufbau Spielverlagerung

Welche Lösungen kann es geben? Der Spielaufbau im Gesamten verbindet verschiedene Elemente und Lösungsansätze. Das flache Passspiel von Position zu Position wird verbunden mit weiten Verlagerungen in ballferne und freie Spielfeldbereiche. Der lange Diagonal- oder Chipball überbrückt schnellt den gegnerischen Verbund und erreicht direkt den Raum hinter der letzten Verteidigungslinie.

Weil von dem Stürmer in der ersten Verteidigungslinie der Querpass zum zweiten Aufbauspieler verstellt ist und der zentrale Mittelfeldspieler manngedeckt wird, überdribbelt der Aufbauspieler die erste Verteidigungslinie und gelangt so vor das gegnerische Mittelfeld. Die zentralen Räume ebenso wie die Halbräume werden von dem Gegner in seiner Struktur zugestellt. Geschicktes Anspielen der Flügel und schnelle Verlagerungen schaffen Durchbruchsmomente.

Und wie oben geschildert sind diese Beispiele eine Begründung dafür, verschiedene Techniken zu beherrschen, verschiedene Stilmittel der Fortsetzung zu nutzen und im eigenen Spielaufbau dem Team eine möglichst weite Wahrnehmung zu vermitteln. Plan A oder B oder C?

Spielaufbau – ein paar Geheimtipps

Alle Richtungen nutzen – querfeldein

Häufig wird ein attraktives Fußballspiel verwechselt mit dem unaufhörlichen Spiel in eine Richtung. Visier runter, Angriffsmodus an und ab nach vorne. Jeder Ball wird nach vorne gespielt, der Gegner ständig unter Druck gesetzt – der Wunsch nach Übermacht und Chancen im Minutentakt. Abhängig davon wie zufällig der Spielaufbau der eigenen Mannschaft werden soll, ist ein durchaus anderer Ansatz empfehlenswert.

Nicht jeder Ball kann nach vorne gespielt werden – weil es durchaus keine sinnvollen und freien Optionen geben kann, der Gegner den nahen Spielraum zugestellt hat oder vielleicht sogar hohen Druck auf den Ball erzeugt. Und so kann und darf zu einem variablem Spielaufbau das Spiel mit dem Ball in verschiedene Richtung dazu gehören. Mit Ausnahme der begrenzenden Feldlinien kann nach rechts, links, vorne oder hinten gepasst werden. Ebenso kann in diese Richtungen gedribbelt werden.

Ein Innenverteidiger kann Drucksituationen durch ein Dribbling in Richtung des eigenen Tores sehr gut auflösen und im Zusammenspiel mit dem Torwart den Verteidigungsdruck auflösen. Ein Außenverteidiger kann bei verstelltem Flügel durch Pass- oder Dribbelaktionen nach innen neue, kreative Situationen entstehen lassen. Steckt hinter dem Spiel in all die möglichen Richtungen ein Sinn, so entstehen gute neue Lösungen – für das Angreifen des gegnerischen Tores im passenden Moment.

Der Überzahlspieler hinten drin

Keine Neuerung mehr und mittlerweile fast schon erwartet, ist die Einbindung des Torhüters in den eigenen Spielaufbau. Als 11ter Aufbauspieler kann er insbesondere in den ersten Spielfeldbereichen immer wieder eingebunden werden, um Überzahlsituationen gegen die ersten Verteidiger des Gegners herzustellen.

Spielaufbau Torwart

Gleichzeitig ist er wie in dem gerade beschriebenen Beispiel eine wichtige Verlagerungsposition für die Aufbauspieler des eigenen Teams und dient als Rückspieloption und Hilfe bei Pressingdruck. Damit der eigene Keeper diese Rolle – sofern gewünscht – im Wettkampf mit Sicherheit und Selbstbewusstsein ausfüllen kann, ist es notwendig, im Trainingsbetrieb auf eine Einbindung in passenden Trainings- und Spielformen zu achten. Wie alle Fähigkeiten des eigenen Teams, gilt es auch diese gezielt und stetig zu entwickeln. Die Qualität des Mitspielens ist in der Regel nicht einfach da.

Störfaktor Gegner

Der eigene Spielaufbau sollte für das Team in den Ideen und Prinzipien grundsätzlich umsetzbar sein. Grundsätzlich meint man hier, unabhängig vom Gegner und der Formation sollte die Mannschaft mit dem Ball und im Spielaufbau in der Lage zu sein, Torchancen vorzubereiten. Gleichzeitig spielt der Gegner auf dem Feld in seiner Anordnung und in seinem Verhalten natürlich eine wichtige Rolle. Verteidigt eine Mannschaft eher zentrumsorientiert, gilt es die freien Räume und Lösungen beispielsweise auf den Flügeln und aus der Verlagerung gezielt wahrzunehmen und auf dem Feld zu nutzen.

Spielaufbau Gegner

Verteidigt ein Team sehr früh, dabei aber nicht geschlossen zwischen den Verteidigungslinien, sollten die Spieler und der Trainer dies ebenso erkennen und spezifisch nutzen können. So bedarf es entsprechend gefestigter Grundprinzipien und Verhaltensweisen des eigenen Teams ebenso wie einer Anpassungsfähigkeit und Flexibilität für den eigenen Spielaufbau, um in möglichst vielen Spielen „erfolgreich“ sein zu können.

Und wie so häufig und immer gilt der Gedanke, dass es keinen einheitlichen Plan „Erfolgreicher Spielaufbau“ gibt. Weder für alle Teams und Altersklassen noch für das eigene Team über eine Spielzeit. Der Trainer und seine Kollegen sind gefragt, das eigene Team zu verstehen und mit ihren Spielern und im Rahmen der Möglichkeiten passende Lösungen zu erarbeiten. Ein letzter Satz: Mut zum Spiel mit dem Ball – und Geduld, damit es sich entwickeln kann.

Trainingsübung zum Spielaufbau

Spielaufbau Übung

Trainingshilfen
4 Dummys, 8 Hütchen, wenn möglich 2 verschieden farbige Bälle bereitlegen.

Organisation
Aufbau einer 4 er Kette mit den Dummys, die Positionen ca. 10m entfernt mit Hütchen aufbauen, Aufstellen gemäß Abbildung.

Übungsablauf
Die Endlos-Passform beginnt beim Spieler Schwarz/Grau und Spieler Blau, die jeweils ihre Passwege in ihren Farben abgebildet haben. Nach ihrem Pass wechseln sie auf ihrer Seite die Position. Nach 5 Minuten die Positionen tauschen. Alle Anspieler müssen direkt spielen.

Variationen
Mit 4 Bällen spielen.

Coaching-Tipps
Achten Sie auf die richtigen Passfüße.

Diese Einheit ist eine Übungsform aus der Trainingsserie „Moderner Spielaufbau – die Spielauslösung“, die hier heruntergeladen werden kann.

Spielaufbau Trainingsserie

Redaktion: Goetz&Media