Eine einseitige Angelegenheit
Dass der FC Bayern München das Spitzenspiel in Leverkusen dominierte, war am Samstagabend nicht der Aufreger an sich. Dass die Münchner allerdings so klar dominierten, wie sie es dann taten, das war die eigentliche Überraschung in einem Spitzenspiel der Bundesliga, das es so noch selten gegeben hat.
Da traf der zuhause bis dahin verlustpunktfreie Club aus Leverkusen auf einen FC Bayern, der in der Tabelle auch nur einen Punkt mehr gesammelt hatte. Von jenem Moment an, als die Aufstellung des Rekordmeisters über die Bildschirme flackerte (ohne Mandjukic, dafür mit Müller als „falscher Neun“), konnte man sich ausrechnen, dass es die Gastgeber aus dem Rheinland wohl schwer haben dürften. Immerhin sind die Münchner mit Mandjukic als „echter Neun“ taktisch ein wenig besser zu berechnen.
Wenn Trainer Guardiola allerdings Müller auf diese Position schiebt, bedeutet das für die Abwehr des Gegners fast laufend Konfusion pur. Schon der englische Spitzenclub Manchester City hatte das erfahren, drei Tage, bevor nun auch Bayer Leverkusen in den zweifelhaften Genuss kam, gegen die Münchner antreten zu müssen. Das große taktische Plus der Bayern dabei ist, dass Müller vorne nicht zu fassen ist, er taucht ständig woanders auf. Lässt sich mal hinter die offensive Viererreihe fallen, die am Samstag aus Ribéry, Schweinsteiger, Kroos und Shaqiri bestanden hat (und hinter der Lahm die Sechs quasi allein spielte). Wechselt auf links hinüber, dann auf rechts, um sofort danach wieder im Strafraum aufzutauchen. Die Abwehrreihe von Bayer Leverkusen hatte ihre Müher mit Müller (und der Ballzirkulation)
Geht die taktische Variabilität zu Lasten des Torerfolgs?
Weil auch alle anderen Spieler, inklusive der Defensivspezialisten, genügend Flexibilität an den Tag legten, waren die Gastgeber gegen die Münchner taktisch komplett überfordert. Es ging der Werkself nur darum, den Schaden zu minimieren, abgefangene Bälle wegzudreschen, um die Bayern nicht gleich wieder vor dem eigenen Gehäuse zu haben. Meistens misslang das. Am Ende zählten die Statistiker 78 Prozent Ballbesitz für die Gäste, Leverkusen wurde phasenweise vorgeführt, schwindlig gespielt – und konnte nach der Partie dennoch glücklich sein. Denn dieses 1:1 musste sich anfühlen wie ein Sieg, für die Bayern dagegen wie eine Niederlage.
Die Münchner ließen Chancen liegen ohne Ende, und nachdem sie in der 29. Minute durch Kroos höchst verdient in Führung gegangen waren, genügte Bayer 04 ein winziger Moment der Unachtsamkeit inklusive eines Patzers von Manuel Neuer, um postwenden den Ausgleich zu erzielen. Wie schon zuvor beim mageren 1:0 gegen Wolfsburg scheint es sich zu bestätigen, dass die taktische Variante mit Müller zwar Ballbesitz und Chancenplus, nicht jedoch Tore einbringt. Für die Bundesliga ist das – noch? – ein gutes Zeichen. Genauso wie die völlig unverdiente Niederlage der Dortmunder, die in Mönchengladbach ähnlich dominierten wie die Münchner Rivalen und das Toreschießen dabei ebenfalls völlig vergaßen.