Mal was Anderes – Kreativtraining im Fußball
Das Fußballtraining soll es jedem Spieler erlauben, sein eigenes Potential in den 90 Minuten auf dem Platz auszuschöpfen. Damit dies gelingt, muss sich ein jedes Training auch an den Herausforderungen eines Fußballspiels orientieren. Der Fußball fordert vom einzelnen Spieler nicht nur eine hohe Leistungsfähigkeit in den hauptsächlich physischen Leistungsfeldern Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Beweglichkeit. Stattdessen werden Fußballer im Spiel auch koordinativ gefordert, müssen gezielte Techniken einsetzen und taktische Maßnahmen umsetzen. Eben hier wird es interessant. So ist der Einsatz von Technik oder die Umsetzung taktischer Maßnahmen kein Teil eines festen Ablaufplans, sondern kann ebenfalls mit Kreativtraining erfolgreich gefördert werden.
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Stattdessen reagieren Fußballer in allen Spielsituationen flexibel und kreativ auf die Spielsituation. Dabei profitieren sie einerseits von ihrer Erfahrung, andererseits aber auch von ihrer Fähigkeit sich auf Unvorhergesehenes einzustellen. Ein optimales Training wird diesen Herausforderungen gerecht und sollte auch eine Schulung kreativer Elemente beinhalten. Der folgende Artikel klärt, welche Bedeutung Kreativtraining im Fußball hat, an welche Regeln sich der Trainer dabei halten sollte und wie eine konkrete Umsetzung aussehen kann.
Gründe für das Kreativtraining
Der wohl wichtigste Grund, zwischendurch auch einmal ein etwas anderes Training abzuhalten, ist die Motivation der Spieler. Training kann schnell als ein monotoner und anstrengender Zwang wahrgenommen werden. Ein Kreativtraining schafft hingegen spielnahe oder komplett neue Spielsituationen, die als unterhaltsam oder herausfordernd erlebt und in der Folge auch konzentriert umgesetzt werden. Das Fußballtraining macht den Spielern dann schlicht Spaß und sie verausgaben sich, ohne das Training als psychische Belastung oder Stresssituation wahrzunehmen.
Des Weiteren profitiert aber auch die Mannschaft als Team von einem solchen Training. Häufig sind die Spieler gezwungen in kreativen Spielformen mehr zu kommunizieren oder in ungewohnter Weise als Mannschaft zu agieren. Dies begünstigt einen engeren Gruppenzusammenhalt und eine entspannte Atmosphäre im Mannschaftsgefüge.
Ein Kreativtraining hängt zudem, wie bereits angedeutet, eng mit anderen leistungsrelevanten Faktoren eines Fußballers zusammen. Im Falle der Technik erlaubt eine solche Vorgehensweise ein kreatives Techniktraining mit vielfältigen Bewegungsaufgaben. Die Umsetzung taktischer Grundlagen wird hingegen in ungewohnten und neuartigen Situationen erprobt. So decken Spieler im Fußballtennis etwa ebenfalls in der Abwehr freie Räume zu und üben sich im ständigen Verschieben.
Kreativtraining im Jugendbereich
Insbesondere im Kinder- und Jugendfußballtraining nimmt das Kreativtraining eine Sonderstellung ein. So greifen bei Kindern natürlich auch die genannten Faktoren, die Kreativtraining als unbekannte Herausforderung, spannendes Spiel oder Möglichkeit des Kennenlernens anderer Spieler nutzen.
Hinzu kommt jedoch auch noch deren Entwicklungsstadium. Kinder und Jugendliche, insbesondere vor und während der Pubertät, befinden sich in einem sensiblen Stadium für die Entwicklung koordinativer Fähigkeiten. Namentlich handelt es sich hierbei um die Differenzierungsfähigkeit, Orientierungsfähigkeit, Rhythmisierungsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit und Gleichgewichtsfähigkeit. Diese bilden die Grundlage für die späteren koordinativen Fähigkeiten und Fertigkeiten und damit auch die Fußballtechnik. Die Trainingswissenschaft ist sich dabei einig, dass Kinder möglichst breit gefördert und unterschiedlichste Bewegungsformen erproben sollten. Kindern, die „nur“ den Fußballverein besuchen, bleibt eine solche breite Förderung verwehrt, solange sich der Fußballtrainer nur direkt am Fußballspiel oder einem fußballnahen Techniktraining orientiert. Stattdessen sollten Kinder im Kreativtraining spielerisch unterschiedlichste Bewegungsaufgaben lösen und sich dabei vielfältig im Raum bewegen und mit anderen kooperieren.
Regeln für das Kreativtraining
Beim gezielten Einbringen kreativer Elemente sollte jeder Fußballtrainer einige Regeln befolgen, welche das Training selbst, aber auch dessen Einbettung in die Trainingsplanung betreffen.
1. Kreativtraining sollte Teil des regulären Trainings werden und nicht nur ein Zusatz, um beispielsweise die Spieler in der Vorbereitungszeit zu unterhalten. Entsprechende Bewegungs- und Spielaufgaben können dabei Teile des Technik- und Taktiktrainings ersetzen.
2. Das Kreativtraining sollte vor allem im ersten Teil einer Trainingseinheit erfolgen. Um die häufig fordernden oder unbekannten Herausforderungen zu meistern, müssen sich die Spieler konzentrieren und ausgeruht sein. Natürlich kann von dieser Angabe auch abgewichen werden, wenn gezielt das Spielen unter Erschöpfung in kreativer Weise angesteuert werden soll. Daneben kann eine kreative Bewegungsaufgabe auch ein gelungener Abschluss sein, der die Stimmung nochmals auflockert und dem Fußballtrainer erlaubt, die Einheit entspannt zu beenden.
3. Ein Kreativtraining sollte nur selten in Form einfacher Bewegungsaufgaben abgehalten werden. Stattdessen empfehlen sich kooperative oder wettkampfartige Spielformen, bei welchen kreative Elemente zum Einsatz kommen.
4. Für einen Trainer kann es zudem sinnvoll sein, die Mannschaft mit einem ganzen Repertoire anspruchsvoller Aufgabenstellungen und Spielformen vertraut zu machen. In der Folge können diese dann schnell wieder aufgegriffen werden, wodurch der Trainingsfluss gewahrt wird.
5. Kreative Spielformen können leicht in den Regeln und Vorgaben modifiziert werden, wodurch sich ganz neue Schwerpunkte ergeben.
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Kreativtraining kreativ gestalten
Im Falle von Kreativtraining können bewährte oder neue Bewegungsaufgaben und Spielformen leicht angepasst und erweitert werden. Hierzu stehen dem Fußballtrainer und dessen Spieler verschiedene Möglichkeiten offen.
Zum einen können Spiele durch Veränderungen der Raum-, Zeit- und Sozialstruktur verändert werden.
Werden etwa Bewegungsaufgaben unter Zeitdruck, auf Sand oder bei Nachahmung eines Partners ausgeführt, ändern sich diese häufig deutlich in Zielsetzung, Komplexität und Trainingsreiz.
Des Weiteren kann aber auch am Fußballer selbst angesetzt werden. Hier bietet es sich an, Einschränkungen zu schaffen, welche die Wahrnehmung oder die Möglichkeiten der Bewegungsausführung betreffen. Denkbar wäre hier etwa das Verdecken eines Auges oder die Ausführung von Teilbewegungen auf nur einem Bein.
Letztlich kann Kreativtraining aber auch als ein Prozess verstanden werden, bei welchem nicht nur die Inhalte oder Lösungsmöglichkeiten, sondern auch die Spieler kreativ werden. So macht es bei vielen Spielformen insbesondere im Jugendbereich Sinn, dass die Teilnehmer selbst das Spiel und dessen Regeln modifizieren können. Praktikabel ist es zum Beispiel, dass ein Team nach jedem Treffer eine neue Regel einführen darf.
Die praktische Umsetzung – Übungen und Spielformen
Bei der praktischen Umsetzung des Kreativtrainings im Fußballtraining stehen dem Fußballtrainer zwei Hauptmöglichkeiten offen, welche nun exemplarisch verdeutlich werden.
Induktives Kreativtraining
So kann sich Kreativtraining einerseits in Form eines induktiven Lernprozesses vollziehen. In diesem Fall wird der Sportler durch den Fußballtrainer in eine Lage versetzt, in welcher er selbst nach Lösungen für ein Problem suchen muss. Bei der Lösungssuche werden verschiedenste Handlungsmuster und Varianten von Fußballtechniken erprobt. Konkret fallen in diese Kategorie alle Formen von Zweikampfspielen, Parteiballspielen und Fußballspiele mit eigenen Regeln.
Eine kreative Mischform aus Zweikampf- und Parteiballspiel wäre das Feldfangen. Hier bewegen sich etwa zehn Spieler innerhalb eines abgesteckten Felds. Im Feld selbst befinden sich wiederum fünf Bälle. Ein Fänger versucht nun innerhalb kürzester Zeit alle anderen Spieler abzuschlagen.
Gefangene Spieler müssen sich aus dem Spielfeld begeben. Spieler, die gerade einen Ball führen beziehungsweise in ihrer Kontrolle haben, können jedoch nicht abgeschlagen werden. Sobald diese Grundform durch den Fußballtrainer vermittelt wurde und beherrscht wird, kann das Spiel erweitert werden. Nun werden seitens des Fußballtrainers die zwei Befehle „Ball“ und „Mann“ vorgestellt. Erfolgt die Ansage „Mann“, vollzieht sich das Spiel in gerade dargestellter Weise. Sobald der Fußballtrainer bei diesem induktiven Techniktraining „Ball“ vorgibt, werden seitens des Fängers nicht mehr die anderen Spieler, sondern die Bälle gejagt. Sobald diese berührt werden, gilt ein Ball als entfernt. Dieses ständige Wechselspiel zwischen Ballkontrolle und Raumsuche im Falle des Entkommens, der Wettkampfcharakter, der Zeitdruck sowie der ungewohnte Ablauf zwingen die Spieler, intuitiv und kreativ nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.
Der Klassiker – Fußballtennis
Fußballspiele mit eigenen Regeln im Fußballtraining teilen mit dem Fußballspiel das Spielgerät und die Regel, dass der Ball nur mit dem Fuß gespielt werden darf. Ansonsten unterscheiden sich diese häufig deutlich vom Fußball und setzen in Hinblick auf ein Techniktraining im Fußballtraining neue, interessante Akzente. Ein Klassiker wäre hier das Fußballtennis.
Bei diesem werden zwei Felder im Kreativtraining festgelegt, welche durch ein Netz getrennt werden. Steht dem Fußballtrainer kein Netz im Amateurbereich zur Verfügung, reichen hierfür auch ein bis drei abgelegte Tore aus. Ziel des Spiels besteht darin, den Ball in das gegnerische Feld zu spielen, ohne dass der Gegner den Ball gemäß den festgelegten Regeln zurückspielt. Der Anstoß erfolgt stets durch einen Abschlag von der eigenen Grundlinie. Eine leichte Variante dieses Techniktraining im Fußballtraining wäre das „Aufsetzerfußballtennis“.
In diesem Fall darf der Ball pro Ballannahme einmal aufkommen. Dabei ist es unerheblich, ob der Ball direkt vor der ersten Annahme, während eines Passes innerhalb eines Teams oder vor dem Angriffsschuss aufkommt. Einmal beherrscht, können die Regeln beliebig verändert werden, um das Kreativtraining zu intensiveren. So können etwa der Ballkontakt verboten, bestimmte Spielmuster vorgegeben oder Zwischenaufgaben gestellt werden. In einer komplexen Finalform im Fußballtraining kann das Fußballtennis etwa in einem sieben gegen sieben ohne Bodenkontakt erfolgt, wobei mindestens drei Spieler den Ball vor dem Angriffsspiel berühren müssen, der Angriffsspieler vor Wiederaufnahme am Spiel ein 1 gegen 1 außerhalb des Spielfelds bestreiten muss, die Spieler den Ball innerhalb eines Angriffs mindestens einmal mit dem Kopf spielen müssen und Angriffe mit dem schwachen Fuß doppelt zählen.
Die hier genannte Komplexität ist einerseits progressiv anzustreben, indem Regeln graduell über viele Trainingseinheiten erweitert werden. Andererseits lässt sich hier aber auch erkennen, wie viel kreativen Spielraum ein solches Spiel bietet, so dass insbesondere junge Spieler bei der Regelschaffung im Fußballtraining motivierend einbezogen werden können.
Deduktives Kreativtraining
Neben den induktiven Formen des Kreativtrainings kann ein solches Fußballtraining auch in Form eines deduktiven Kreativtrainings erfolgen. Deduktiv bedeutet, dass Neues, in diesem Fall eine Fußballtechnik oder Verhaltensmuster, explizit in einem festen Bewegungs- oder Handlungsmuster erlernt wird. Dabei lernen die Spieler, in bestimmter Form auf eine bestimmte Situation zu reagieren.
Insbesondere Finten, etwa die Schere, der Ausfallschritt oder der Rivelino, lassen sich im Fußballtraining so gezielt vermitteln. In der Praxis kann der Fußballtrainer hierfür zum Beispiel Sektorenspiele einrichten, in welchen die Spieler zunächst Hütchen und später zunehmend aktive Verteidiger mit zuvor demonstrierten Tricks überwinden müssen. Doch auch Schattenspiele eignen sich, um neue Bewegungsmuster durch einen Partner zu lernen und den eigenen Bewegungsschatz zu erweitern.
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Kreativtraining im modernen Fußballtraining
Ein gezielt angesteuertes Kreativtraining im Fußballtraining durch den Fußballtrainer erlaubt es dem Fußballtrainer demnach, Spieler aller Niveaustufen gezielt auf die Anfordernisse des modernen, schnellen und technikversierten Fußballs vorzubereiten und Fußball als ein Spiel zu begreifen, in dem Kreativität die Lösung vieler Probleme erlaubt.
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Bildquelle: vicdd / 123RF Standard-Bild