Videoanalyse im Fußball – worauf kommt es an?

Mit dem folgenden Artikel Videoanalyse Fußball soll ein wertvolles Tool in der Trainerarbeit beleuchtet werden, welches die inhaltliche Arbeit mit dem Team nicht nur ergänzt oder erweitert, sondern vor allem intensiviert und verbessert. Mit den ersten Wochen der Saison im Gepäck gibt es mittlerweile für jeden Trainer und sein Team vielfältige Ansatzpunkte und Möglichkeiten für den weiteren Prozess.

Videoanalyse Fußball Schnittstellenball

Die Videoanalyse in Zusammenarbeit mit dem Team 

Jede Maßnahme, die der Trainer gemeinsam mit seinem Trainerteam wählt und in sein Arbeiten mit seinen Spielern einbezieht, sollte der Entwicklung und Verbesserung seiner Mannschaft und ihrer Leistungsfähigkeit dienen. Die Videoanalyse kann hierbei ein sehr wertvoller und nachhaltiger Bestandteil sein bzw. werden.

Durch eine regelmäßige, gezielte und nachvollziehbare Analyse kann es neben dem Trainieren, Üben und Coachen auf dem Platz gelingen, das Verständnis der Spieler und des Teams für das Spiel und ihr Bewusstsein für Abläufe, Entscheidungen und Zusammenhänge auf dem Feld zu entwickeln. Dadurch wird es möglich, sie zu eigenständigem, intelligentem und bewusstem Handeln zu bewegen.

Grundsätzlich kann mittels Videoaufnahmen sowohl das eigene Spiel als auch das Spiel des Gegners analysiert werden – bezogen auf den Nachwuchs- und Amateurfußball konzentrieren wir uns im Folgenden verstärkt auf den ersten Ansatz.

videoanalyse_spielform_fussball

In Anbetracht der verschiedenen Altersbereiche lässt sich festhalten, dass eine gezielte Videoanalyse – beispielsweise regelmäßig im Wochen- und Monatsverlauf durchgeführt – etwa ab der U15 bzw. der (älteren) C-Jugend Sinn macht. Grundlage ist, dass die Spieler in ihrer persönlichen Entwicklung über entsprechende Wahrnehmungs- und Reflexionsfähigkeiten verfügen und eine gewisse Reife erlangt haben, um sich über den eigenen Tellerrand und das klassische Gefüge aus Ball – eigenes Tor – gegnerisches Tor hinaus mit dem Spiel zu beschäftigen. Für den Kinder- und jüngeren Jugendfußball sollten weiterhin andere Themen der Vermittlung im Vordergrund stehen.

Analyse Taktik Fußball

Wie gelingt eine gute Videoanalyse – worauf kommt es an?

Stell deine Spieler und das Team in den Mittelpunkt.

Bei der Analyse des eigenen Spiels und der Handlungen der eigenen Spieler sollte es nicht darum gehen, dass der Trainer durchgehend sein Wissen und seine Überzeugungen präsentiert. Vielmehr geht es darum, dass die Spieler – ähnlich wie durch das Coaching auf dem Feld – das Warum ihrer Handlungen hinterfragen und verstehen. Dies gelingt, in dem der Trainer seinen eigenen Redeanteil bewusst reduziert und seinen Spielern Raum zu Erklärungen, Aussagen und zum Austausch gibt. Insbesondere mit gezielten Fragen und dem offenen Eingehen auf folgende Antworten kann der Trainer steuern und zugleich seine Spieler in die Rolle der aktiven Analysten bewegen.

Analysiere positiv.

Einfach psychologisch gedacht und erlebt, streben die Spieler nach der Bestätigung für gutes und richtiges Verhalten. Erhalten sie diese, wächst hieraus die Motivation zur Wiederholung und des weiteren Wachstums. Entsprechend sollte eine Videoanalyse immer ehrlich und authentisch Szenen des Gelingens, des guten Verhaltens und des Erfolgs in den Vordergrund stellen. Ergänzend dazu ist es dann – aus einer Atmosphäre der Wertschätzung heraus – ebenso möglich, bessere oder andere Lösungen für einzelne Szenen zu besprechen.

Verknüpfe das Spiel mit dem Training mit dem Video.

Das gesamte inhaltliche Arbeiten mit dem Team sollte verbunden und aufeinander aufbauend sein. Für die Nachvollziehbarkeit und das Ergründen des Warums – siehe oben – ist es daher ratsam, dass im Training auf dieselben Dinge hingewiesen wird wie im Spiel und dieselben Aspekte auch in der Videoanalyse Bedeutung haben. So kann das Anspiel des passenden Fußes in einer kleinen Spielform im Training gecoacht werden, in der Videoanalyse des letzten Spiels positiv während einer gelungenen Ballpassage gelobt werden und im nächsten Spiel aus dem gewachsenen Bewusstsein heraus zum Torerfolg führen.

Sei kurz und prägnant.

Wie in vielen Bereichen des Entwickelns geht es auch bei der Videoanalyse um Kontinuität, Qualität und das richtige Maß. Erfahrungsgemäß sind rund zwanzig Minuten Analyse bei drei bis vier analysierten Szenen ein gutes Maß der Orientierung. Überlange Analysen mit endlosen Monologen des allwissenden Trainers langweilen die Spieler und führen häufiger nicht zum gewünschten Ziel – siehe oben.

Stelle den Inhalt vor das Ergebnis.

Nicht bei jedem Tor wurde alles richtig gemacht, nicht jeder Ballverlust ist Beweis eines katastrophalen Verhaltens der eigenen Spieler und des Teams, nicht jedes Gegentor gleichbedeutend mit einer reinen Fehlerkette. Die Videoanalyse ermöglicht sowohl dem Trainer als auch den Spielern unterhalb der Ergebnisoberfläche – Tor, Gegentor, gelungene Aktion, nicht gelungene Aktion – die Details und Zusammenhänge zu verstehen und dadurch genau darin besser zu werden.

Warum genau gewinnen wir in dieser Situation den Ball? Warum genau gelingt uns hier aus unserem Spielaufbau der Durchbruch in den Rücken der Abwehr? Warum genau kann Spieler X sich unter Gegnerdruck mit dem Ball behaupten und das Spiel verlagern? Es gilt gewissenhaft und detailorientiert zu agieren und sich von Pauschalitäten zu lösen bzw. fernzuhalten.

Videoanalyse Angriffsspiel

Wie gelingt mir eine nachvollziehbare Videoanalyse?

Lass die Spieler anschauen.

Der Trainer hat sich – mit seinen Kollegen – das Spiel und die Szenen mehrfach angeschaut, kennt sie bereits in- und auswendig. Zwei bis drei Durchläufe geben nun den Spielern die Gelegenheit, ebenso ein Gefühl und einen Überblick für relevante Aspekte zu bekommen. Danach kann im Team gemeinsam analysiert werden.

Sei variabel in der Vermittlung.

Nein, der Trainer muss nicht alles wissen und allen zeigen, dass er alles weißt. In einer Analyse ist der Trainer selbst der verantwortliche Analyst, erklärt, fragt und leitet durch die Sitzung. Beim nächsten Mal übernimmt der Trainerkollege diesen Part, der Chefcoach zieht sich zurück. Vielleicht lassen sich die Spieler ebenso einbinden – es gibt Raum zur Kreativität.

Angriffsszenen, Verteidigungsszenen, Torszenen, Erfolgsszenen – verschiedene Themen und Inhalte können in den Vordergrund gestellt werden. Dadurch kann der Trainer seinem Team so umfassend all das vermitteln, was zum Spiel gehört und was auf dem Feld wichtig ist.

Ebenso spielen auch andere Dinge eine Rolle: Wie ist eigentlich das Aufwärmen? Wie verhalten wir uns nach einem geschossenen Tor? Wie sind unsere Körpersprache und unser Verhalten nach einem Gegentor? Der Trainer erweitert den Blick und fördert so seine Mannschaft.

Nutze die komplette Bandbreite – Teamanalyse, Gruppenanalyse, Einzelanalyse

Die Videoanalyse ist ein wirklich wertvolles Tool, um in die Köpfe der Spieler zu gelangen bzw. sie in ihrer eigenen Verantwortung und Aktivität für das Spiel zu fördern. Je kleiner die dabei angesprochene Gruppe, umso individueller und feiner im Detail kann die Vermittlungsarbeit erfolgen. Entsprechend dienen Teamanalysen dazu, große Zusammenhänge zu begreifen, in Individualanalysen kann detailliert an dem Profil, den Fähigkeiten und Eigenarten einzelner Spieler gewirkt werden.

Sei vorbereitet.

Eine gute Organisation ermöglicht einen reibungslosen und entspannten Ablauf für das Trainerteam und die Mannschaft. Ein abgedunkelter Raum, eine Leinwand oder freie Wandseite, funktionierende Technik – Beamer, Laptop, Möglichkeiten der Verdunklung, eventuell ein Pointer – sind grundlegend. Hinzu kommen weitere Aspekte wie eine eindeutige Sicht für alle Spieler, ausreichend Sitzmöglichkeiten, ein möglichst ungestörtes Umfeld im Verlauf der Analyse und eine klare Absprache im Trainerteam.

Der Trainer sollte sich gewissenhaft vorbereiten, die Szenen werden vorab geschnitten bzw. die Timecodes notiert. Ein Notizzettel ist nicht nur in Ordnung, er erleichtert die Moderation während der Analyse. Was möchte der Trainer zeigen, worauf arbeitet er mit der Mannschaft in der Analyse hin. Eine klare Idee und Vorstellung sind wichtig, gleichzeitig gilt es sich ebenso offen für den Input des Teams zu zeigen.

Videoanalyse Hinterlaufen

Wie analysiere ich den Gegner – ein paar Anmerkungen

Grundsätzlich ist die Herangehensweise für die Analyse des gegnerischen Spiels ähnlich, die vorgestellten Punkte können wesentlich übertragen werden. Bei der Gegneranalyse darf der Redeanteil aus dem Trainerteam verändert und höher sein, da die Spieler wenig bis gar keine Gelegenheit haben, sich in die Abläufe und Handlungen einzusehen. Entsprechend wird aus der Vermittlung des Spiels mehr eine Vorstellung und Präsentation. Nichtsdestotrotz ist darauf Wert zu legen, dass die Spieler weiterhin in die Lösungsfindung eingebunden werden und durch ihr Verständnis zu stabilen Verhaltensweisen auf dem Platz gelangen.

Unabhängig davon ob ein oder zwei oder fünf gegnerische Spiele analysiert wurden, gibt es keine absoluten Feststellungen und Ergebnisse. Vielmehr ist eine Gegneranalyse die Vorstellung von verschiedenen Möglichkeiten – Team A agiert häufig so, wählt immer wieder diese Lösung; wie könnten wir damit umgehen? Wenn das eigene Team unter Garantie auf den einen Ablauf und die eine gegnerische Lösung fokussiert wird, wird es möglicherweise blind für Änderungen und Anpassungen auf dem Feld.

Entsprechend sollte der eigenen Handlungsfähigkeit, der Eigenständigkeit und auch der Flexibilität des eigenen Teams in der Verknüpfung aus Eigenanalyse und Gegneranalyse immer eine große Bedeutung geschenkt werden.

Und nun: Verbessert eure Spieler und eure Teams, Trainer. Seid detailliert, inhaltsbezogen und arbeitet über die Zeit für das Spiel und die Entwicklung eurer gemeinsamen Ideen. Viel Spaß und Freude! 

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