Die Spowi-Ecke: Die psychische Belastung von Schiedsrichtern

Die Beteiligten stehen unter Druck. Bereits Kinder und Jugendliche erfahren oftmals selbstauferlegten oder von Außen herangetragenen Stress, der sich in Erwartungshaltungen oder überhöhten Anforderungen zeigt. Ebenso tragen Vereinsmitarbeiter, Trainer und Verantwortliche eine Last, die häufig als überfordernder Druck äußert. In allen Liga- und Altersstufen wird diese Anspannung oftmals auf denjenigen übertragen, der im Spiel für die Einhaltung der Regeln zuständig ist: der Schiedsrichter.

Die Untersuchung

Dieter Teipel, Reinhilf Kemper und Dirk Heinemann untersuchten aus diesem Grunde die psychische Belastung von Schiedsrichtern in niedrigen und hohen Spielklassen und versuchten somit ein Bild zu zeichnen vom Anforderungsprofil des Unparteiischen.

Die 260 untersuchten Referees

Das wissenschaftliche Trio untersuchte insgesamt 260 männliche Schiedsrichter, die in Juniorenligen bis hin zur Bundesliga tätig waren. Hierbei wurde unterschieden in 99 Unparteiische aus niedrigen Spielklassen (Jugend bis Bezirksliga Herren) und 161 Spielleitern aus hohen Ligen (Landesliga bis Bundesliga). Dabei ist zu erwähnen, dass die Referees aus den hohen Spielklassen durchschnittlich 6,17 Jahre älter waren und 7,50 Jahre mehr Erfahrung hatten als diejenigen, die aus den unteren Ligen kamen.

Mit einem spezifischen Fragebogen untersuchten Teipel und Co. die wahrgenommene Belastung im Alltag, vor, während und nach dem Spiel. Diese Dabei lag eine sieben Punkte umfassende Skala von 1 „nicht belastend“ bis 7 „sehr belastend“ vor.

Ergebnisse

Für die untersuchten Schiedsrichter aus hohen Ligen war die körperliche Vorbereitung auf ein Spiel sehr wichtig, also die Lebensführung und das Verhalten im Alltag. Sie führten die psychisch und physische Vorarbeit als deutlich belastender an, als ihre Kollegen aus den unteren Spielklassen.

Vor dem Spiel nahmen die Unparteiischen aus niedrigeren Ligen viele Aspekte als belastender wahr. Die Kontrolle der Spielerpässe, die Kenntnis um ein bedeutsames Spiel für die Gastmannschaft und eine größere Zuschauerkulisse wurde als Drucksituation erkannt. Für die Schiris aus den höheren Klassen waren diesbezüglich eine weite Fahrt zum Spielort und die Störung der mentalen Vorbereitung durch Vereinsbetreuer negativ beeinflussend.

Sehr stressvoll für die Schiedsrichter aus niedrigeren Ligen war während des Spiels die Wahrnehmung von Missfallenskundgebung von Zuschauern (nach einem nicht gegebenen Strafstoß z.B.) sowie Vorwürfe der Parteilichkeit. Die Kollegen aus höheren Gefilden gaben eine höhere Stressbeurteilung in Bezug auf das Überseiten einer Tätlichkeit, die Bewertung von (passivem) Abseits oder generell die fehlerhafte Kooperation mit Schiedsrichterassistenten.

Dies wird auf die „wesentlich stärker erlebte Belastung durch die Beobachtung und den Fehlernachweis“ zurückgeführt, also Medien, die solche Entscheidungen anschließend diskutieren und auseinandernehmen, also für Belastung nach dem Spiel sorgen. Solche nachgewiesenen Fehlentscheidungen in der Öffentlichkeit oder eine schlechte Bewertung durch den Schiedsrichterbeobachter wurden als Stressoren von den Höherklassigen angegeben.

Fazit

Schiedsrichter erleben ein Spiel laut dieser Untersuchung offenbar in vielen Aspekten differenzierter und intensiver als aktive Spieler und passive Zuschauer. In allen Ligen- und Altersstufen werden verschiedenste Drucksituationen erkannt und bestimmt teilweise auch gefürchtet.

Dem modernen Trainer fordert dieses Wissen eine angepasste Reaktion ab, die rational und respektvoll geäußert werden sollte. Damit das Spiel weiterhin seine Faszination behält, sind hierbei alle Beteiligten gefordert!

Von Dominik Langenegger