Damals! EM-Finale 96: Querpass-Festival, 4er-Kette und ein Golden Goal

Taktikreport Fußball-Klassiker: EM-Finale 1996 – Deutschland gegen Tschechien |

Als nächster Fußball-Klassiker soll folgend das Europameisterschafts Finale zwischen Deutschland und Tschechien von 1996 im alten Wembley Stadion aufgearbeitet werden.

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Deutschland in der 4er-Kette und mit monotonem Spielaufbau

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Die Deutschen spielten defensiv im für damalige Zeit modernen, aber dennoch üblichen Abwehrverbund mit einer 4er-Abwehrkette und dem dahinter absichernden Libero. Dies wurde komplementiert mit einem vor der Abwehr spielenden Vorstopper. In heutigen Spielsystemen wäre diese Position vergleichbar mit der Sechser-Position.

Der Spielaufbau der Deutschen sah stellenweise sehr monoton und einfallslos aus. Es wurden sehr oft Querpässe ohne jeglichen tiefen Raumgewinn gespielt. Ebenso auffällig, dass im Vergleich zu einer heutigen Spielweise, der Torwart in keiner Form in den Spielaufbau eingebunden wurde.

Die Spielweise des Gegners erschwerte das Offensivspiel der deutschen Mannschaft umso mehr. Es wurde zunehmend versucht durch Einzelaktionen das Spiel voranzutreiben. Hierbei sind sowohl Scholl als auch Sammer im Mittelfeld sehr auffällig gewesen.

Sammer als kreativer Ankerpunkt des deutschen Offensivspieles

Matthias Sammer entwickelte sich mit zunehmender Spieldauer immer mehr zum kreativen Ankerpunkt des Positionsangriffs. Zu Spielbeginn spielte Sammer noch die Libero-Position und wurde bei seinen Durchbruchsdribblings durch Babbel oder Eilts abgesichert. Doch spätestens mit dem Gegentor zum 0:1 Rückstand löste Sammer seine Libero-Position auf und wurde zum offensiven „Freigeist“. So gut wie jeder Angriff wurde entweder durch Sammer eingeleitet oder wurde über ihn gespielt.

Sowohl Defensiv, als auch Offensiv sind das gegenseitige Aushelfen, Kommunikation und Auflösen der Positionen bzw. der temporäre Positionswechsel deutlich zu erkennen.

Tschechien mit Manndeckung und schnellen Kontern

Die tschechische Mannschaft spielte mit einer auf defensive Stabilität bedachten Spielidee und gab dem Gegner mehr Spielanteile. So standen sie fast immer mit allen Spielern hinterm Ball, sobald der Gegner im Spielaufbau war und verschoben ballorientiert. Ebenfalls spielten sie eine direkte Manndeckung gegen einige deutsche Offensivspieler.

So wurde beispielsweise Jürgen Klinsmann immer direkt manngedeckt und oftmals sogar gedoppelt. Diese Maßnahme funktionierte und Klinsmann wurde so gut wie dauerhaft aus dem Spiel genommen.

Ihre Spielidee beinhaltete Offensiv das schnelle Kontern nach Ballgewinnen. Dies konnten die Tschechen auch teilweise sehr gut umsetzen. Durch schnelles Lösen vom Gegenspieler im Mittelfeld und gezielte tiefe Pässe konnten Chancen generiert werden.

Das Golden Goal zum Titelgewinn

Der eingewechselte Oliver Bierhoff erzielt nicht nur das zwischenzeitliche 1:1, sondern auch in der fünften Minute der Verlängerung das entscheidende Golden Goal. Mit einem hohen weiten Ball aus der Abwehr wird das Mittelfeld überbrückt. Bierhoff und Klinsmann als Stürmer bekommen den Ball. Bierhoff gewinnt das Kopfduell und kann den Ball verlängern. Klinsmann geht nach und flankt in den Strafraum.

Fazit:
Deutschland gewinnt gegen ein körperbetont spielendes tschechisches Kollektiv durch lange Bälle, eine Standardsituation und kreative Einzelleistungen mit 2:1.

Das DFB-Team mit B. Voigts als Cheftrainer schreibt somit 1996 in London Fußballgeschichte und gewinnt als erste Mannschaft durch ein Golden Goal ein EM-Finale.