Fußballtrainer Halbzeitansprache – wie mache ich es richtig?

Die erste Hälfte des Spiels ist gespielt – Halbzeit und Halbzeitansprache: Fußballtrainer und Team haben nun individuell und gemeinsam die Gelegenheit, sich auf den zweiten Teil einzustimmen; zu bestätigen, zu korrigieren, zu verändern. Ein genauerer Blick auf die verschiedenen Möglichkeiten der Umsetzung und ein paar Tipps und Anregungen für die Praxis folgen.

Halbzeitansprache eines Fußballtrainers

Halbzeitansprache: Die Situation und das Ziel?

Die ersten 35, 40 oder 45 Spielminuten liegen hinter allen Beteiligten. Angestrengt, euphorisiert, erschöpft oder genervt geht es in die Kabine. Das Zwischenergebnis schwebt im Rücken oder ist als Last auf dem Weg mit dabei. Es sind rund 15 Minuten Zeit, sich vorzubereiten auf den folgenden Part des Spiels.

Und hier liegt bereits der Schlüssel einer gelungenen Halbzeitbesprechung – es geht in dem gemeinsamen Austausch um die Vorbereitung auf das Kommende, weniger um das (alleinige) Verarbeiten und Aufarbeiten des Zurückliegenden. Der Blick nach vorne steht im Fokus.

Damit diese Vorbereitung gelingt, ist es häufig empfehlenswert, allen Beteiligten ein wenig Zeit für sich zu geben. Die ersten drei, vier oder fünf Minuten gehören den Spielern für sich, den Trainern für sich. In dieser Zeit kann jeder Akteur auf seine ganz eigene Weise in der Pause ankommen – etwas trinken oder snacken, Gedanken sortieren, sich frisch machen, emotional in einen ausgeglichenen Bereich gelangen.

Der Trainer kann sich mit seinen Kollegen beraten, die Ansprache und den Austausch mit den Spielern vorbereiten. Welche Themen werden angesprochen, was wird der Mannschaft im Gesamten kommuniziert, wo finden Einzelgespräche statt? Welche Prinzipien werden aufgegriffen, wie wird die Mannschaft angesprochen? Ist Ruhe und Besonnenheit notwendig oder eher das Übertragen von emotionaler und körperlicher Energie?

Ansprache Fußballtrainer

Die Umsetzung in der Halbzeit – vorbereiten und handeln

Kontaktzeit

Etwa vier bis fünf Minuten direkte Kontaktzeit mit dem Team sind für den Trainer in einer Halbzeit realistisch. Die Menge an Informationen, die das Team in diesem kurzen Zeitfenster des Austauschs aufnehmen und effektiv verarbeiten kann, ist begrenzt. Dies sollte sich der Trainer immer wieder bewusst machen.

Informationen sammeln

Entsprechend ist er mit seinen Kollegen während des Spiels und in der Halbzeit aufgefordert, prägnant verwertbare und sinnvolle Themen für seine Spieler zu finden und diese zu vermitteln. Welche Hinweise und welche Handlungsoptionen helfen dem Team oder einzelnen Spielern ihr Leistungspotential in der folgenden Halbzeit abzurufen? Welche Erinnerungen unterstützen dabei, die eigene Leistung zu bestätigen oder beispielsweise in wichtigen (Schlüssel-) Situationen erfolgreich zu handeln.

Pauschalitäten („Jungs, da muss mehr kommen!“) oder eine ewige Rückschau („In der Szene, Luis – da hast du den Ball nach links gepasst, hättest aber besser rechts spielen sollen, und dich dann wieder hier zeigen müssen…!“) sind kontraproduktiv. Wertvolle Vorbereitungszeit wird verschwendet.

Die genaue Analyse wiederholt auftretender Spielsituationen, die Lösung über konkrete Handlungsdetails – Positionsspiel, technisches Handeln, Entscheidungsverhalten oder taktische Maßnahmen – und die Kombination mit Trainiertem, mit eigenen und bekannten Prinzipien ist hier eine passende Kombination.

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Handlungsanweisungen

„Lasst uns das Spiel immer wieder schnell von Flügelzone zu Flügelzone verlagern. Dadurch bekommen wir unsere Außenstürmer in 1 gg. 1 – Situationen oder können über die Halbräume hinter das Mittelfeld spielen.“

Wichtig in diesem Zusammenhang sind drei Fragen: Welche Themen und Aspekte haben Bedeutung und werden angesprochen? Wie genau erfolgt die Vermittlung? Welche Informationen sind für die gesamte Mannschaft hilfreich, wo sind Details und Hinweise nur für einen oder einzelne Spieler (-gruppen) sinnvoll?

Halbzeitansprache eines Fußballtrainers

Die Vermittlung der Halbzeitansprache 

Visualisieren

Bezüglich der Vermittlung ist das gezielte Visualisieren hilfreich – mittels Tafel, Skizzen, Bildern oder vielleicht sogar Videos können Szenen und Verhaltensweisen für die Spieler nachvollziehbar gemacht werden. Es empfiehlt sich unbedingt, diese Werkzeuge neben dem rein gesprochenen Wort anzuwenden. Durch Bilder in die Köpfe!

Alle einbeziehen

Weiterhin ist es ratsam, die Halbzeitbesprechung im direkten Kontakt variabel zu gestalten. Die Aufgabenverteilung mit den Trainerkollegen bietet hier ebenso Möglichkeiten wie das Einbeziehen des Teams und der Spieler mit ihren erlebten Erfahrungen und Ideen – Kompetenzen ergänzen. Sicherlich sind hierfür eine gewisse, entwickelte Teamatmosphäre und Reife der Spieler von Nöten, andersherum fördert die Teilhabe an Idee und Strategie die emotionale und motivationale Bereitschaft aller. Auch in Halbzeit zwei.

Einer, ein paar oder alle

Im Sinne der flexiblen und effektiven Gestaltung der Besprechung ist die Unterscheidung zwischen teambezogenen Infos und Aspekten, die lediglich einzelne Spieler betreffen, wichtig. Bei der grundsätzlichen Idee, das Team in all seinen Bestandteilen bestmöglich für die zweite Spielhälfte vorzubereiten, kann es beispielsweise sinnvoll sein, dass der Trainer zur Fokussierung des Aufbauspiels gruppenbezogen mit den Spielern der eigenen Aufbaureihe spricht. Währenddessen sucht der Trainerkollege den Einzelaustausch mit einzelnen Spielern, um individuelle Ideen zu festigen. Im Anschluss kann es dann noch einen Appell an das gesamte Team geben, in dem emotional wie inhaltlich für alle fokussiert wird.

Andersherum kann es ebenso Spielverläufe geben, aus denen heraus Informationen ausschließlich für das gesamte Team gedacht sind – entsprechend gestaltet sich die Halbzeitansprache. Situative Umsetzung, immer in Abhängigkeit von dem erlebten Spiel und dem Bewusstsein und Gefühl für das eigene Team.

Fußballtrainer Ansprache

Die Maßnahmen in der Halbzeitpause 

Lob und Bestätigung

Grundlegend für den Austausch mit dem Team sollte es immer wieder sein, erfolgreiches und gutes Verhalten zu bestärken. Lobt eure Spieler, Trainer! Nehmt das Gute wahr und teilt es mit ihnen.  Umgesetzte Prinzipien, ein gutes Technikhandeln, eine hohe körperliche Bereitschaft, ein sauberes und intensives Zweikampfverhalten – schon im Detail gibt es viele Möglichkeiten und spielbestimmende Aspekte, die Berücksichtigung finden können. Durch Lob kann das Trainerteam die Motivation der Fortsetzung und der Wiederholung im folgenden Spielabschnitt fördern.

Fokussierung

Inhaltlich macht es abhängig von der Analyse der ersten Halbzeit Sinn, die wesentlichen Bausteine zu fokussieren. Schlüsselszenen werden dargestellt und in ihren Lösungsoptionen besprochen, nutzbare Spielräume aufgezeigt oder aber bekannte Prinzipien für die einzelnen Spielphasen wiederholt und in den Vordergrund gerückt. Die Spieler und das Team sollten mit einer klaren Idee und zielgerichteten Handlungsanweisungen auf das Feld zurückkehren.

Kritische Analyse

Die Mannschaft spielt unterhalb ihrer Möglichkeiten, ist fehlerhaft, einzelne Spieler erreichen ihr Leistungsniveau nicht annähernd. Bekannte Situationen, die es ebenso zu lösen gilt. Team und Spieler haben in der Regel selbst ein Gefühl für diese Situation und ihre eigene Leistung – entsprechend ist es auch sinnvoll, als Trainerteam ehrlich und direkt zu sprechen. Auch Kritik als Vorbereitung auf die zweite Halbzeit kann sein – wenn sie sachlich bleibt, wenn sie voraussetzt, dass es besser geht und wenn Möglichkeiten der Verbesserung folgen.

So kann der Trainer das Pressing, den Spielaufbau oder sonstige Inhalte kritisieren. Gleichzeitig sollte er dabei eben auch in der verfügbaren Zeit vorstellen und erarbeiten, wie es besser geht.

Emotionalisieren

Emotionalisieren und das Team motivieren, pushen oder heiß-machen für Halbzeit zwei wird häufig allein mit Laufstärke, Gebrüll und derben Worten verbunden.

Wichtig hierbei: Jeder Spieler ist unterschiedlich, jedes Spiel ebenso. Entsprechend kann nur diese eine Art der „Motivation“ nicht immer sinnvoll sein. Welche Form der Emotionen benötigt das eigene Team oder benötigen verschiedene Spieler?

Sind es Aggressivität und Entschlossenheit? Oder eher Geduld und Ruhe im eigenen Spiel? Geht es darum den Glauben an die eigenen Stärken zu fördern oder die Achtsamkeit vor einer überrumpelnden Reaktion des Gegners vorzubereiten?

Abhängig von der Antwort sollte das Trainerteam in Wortwahl, Inhalten, eigener Sprache und Energie versuchen, zu unterstützen und Einfluss zu nehmen. Ist das Ziel klar, sind gemeinsame Bilder geschaffen, kann das Team entsprechend auch emotional bereit in Halbzeit zwei starten.

Personelle/strategische/taktische Anpassungen

Spielerwechsel ebenso wie Anpassungen der Grundausrichtung oder der Anordnung des Teams auf dem Feld sind weitere Möglichkeiten der Vorbereitung des Teams. Aufgrund von Krankheit oder Verletzung macht beispielsweise ein Tausch Sinn. Veränderungen der Aufstellung oder der Grundformation können dazu führen, dass das Team leichter Prinzipien oder Ideen umsetzt und die eigenen Stärken besser in das Spiel einbringen kann.

Ein interessanter, weiterer Gedanke in diesem Zusammenhang ist, dass die Halbzeitpause auch dem Gegner die Möglichkeit der Anpassung gibt. Geschickte und gekonnte Strukturveränderungen und angepasste Verhaltensweisen können hier einen überraschenden Vorteil bedeuten.

Das richtige Coaching eines Fußballtrainers

Halbzeitansprachen „Immer wieder sonntags“

Schubladen, Vorurteile und doch auch immer wieder erlebte Praxis in den Kabinen Deutschlands – so manches gilt es zu vermeiden, wenn die Ansprache in der Halbzeit gelingen soll.

Der Chef spricht – er weiß es einfach

Im Sprint geht es in die Kabine, der Trainer ist bereit. Kaum hat sich der letzte Spieler auf seinen Platz gesetzt, beginnt seine Show. Die erste Halbzeit wird analysiert, im Detail nacherzählt. Und natürlich gibt es passend dazu unzählige Lösungen – eigentlich wäre es so einfach: 11 Trainer auf dem Platz in Halbzeit zwei und das Spiel wird gewonnen, gedreht und alles läuft nach Plan. 15 Minuten sind rum, noch Fragen? Na dann los, macht, was ich euch gesagt habe.

Der Orkan

Die Tür knallt, der Mülleimer fliegt durch die Kabine, im besten Fall werden vorher noch die Kabinenfenster geschlossen. Laut, derbe und mit Aggressivität geht es zur Sache, bezogen auf die erste Halbzeit und ebenso als Marschroute für die zweite Hälfte. Auf sie mit Gebrüll, erst sind die eigenen Spieler dran, später und auf dem Feld dann der Gegner. So der Auftrag für den Trainer und von dem Trainer.

Vernichtung – des eigenen Teams

Schlecht, katastrophal, unterirdisch, peinlich. Wer seid ihr eigentlich? Wofür trainieren wir? Was könnt ihr überhaupt? Und dafür komme ich sonntags zum Platz. Tja, dann schaut mal, wie ihr den Karren in Halbzeit aus dem Dreck zieht.

Weitere Szenarien sind nicht ausgeschlossen – dabei geht es anders mit den beschriebenen Ideen einer gelungenen Halbzeitbesprechung: Vorbereitung aus einer situativen Analyse, sachlicher Austausch, emotionale Unterstützung und das Begleiten des Teams durch konkrete Ideen, Vorschläge und Erinnerungen. Trainer, seid Trainer und Coaches in der Halbzeit mit euren Teams – und keine Richter, Henker oder Besserwisser. Viel Spaß und gute Ideen für die letzten Ansprachen dieser Saison.

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