Warum Amateurtrainer sich nicht uneingeschränkt am Profitraining orientieren sollten
Fährt man einmal durch die Republik und schaut sich auf den unzähligen Fußballplätzen von der Kreisliga bis zur Bundesliga um, wird man sehr viele Gemeinsamkeiten feststellen. Das ist auch kaum verwunderlich, denn immerhin spielen ja alle Fußball, wenn auch auf sehr unterschiedlichem Niveau, das gleiche Spiel. Allerdings kann es durchaus vorkommen, dass vor allem im unteren Amateurbereich Übungen durchgeführt werden, die in den 1970er Jahren vielleicht einmal modern waren, aber schon lange im Profibereich keine Rolle mehr spielen. Das ist nicht gerade schön, aber umgekehrt ist es auch nicht unbedingt ein Vorteil, wenn ein Amateurtrainer sich einen Profiverein zum Vorbild nimmt.
Was das Amateurtraining vom Profitraining unterscheidet
Ein grundsätzlicher und sehr wesentlicher Unterschied zwischen Amateur- und Profitraining ist der Trainingsumfang. Im reinen Amateurbereich ist es nicht möglich, einen ähnlichen Zeitaufwand zu betreiben wie bei einem Profiverein. Wenn die Spieler jeden Tag arbeiten gehen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, bleibt nur noch der Abend für das Training übrig. Zudem muss der Trainer berücksichtigen, dass die Spieler durch körperlichen oder psychischen Stress auf der Arbeit nicht die gleiche Leistungsfähigkeit haben können wie ein Profi, der sein ganzes Leben dem Sport unterordnen kann.
Wenn ein Amateurtrainer aber deutlich weniger Zeit für das Training aufwenden kann als ein Profitrainer, müssen auch die Trainingsziele andere sein. Vor allem ist es wichtig, möglichst viele Trainingsziele in den Trainingseinheiten zu vereinen. Amateurtrainer sollten beispielsweise Konditionstraining möglichst immer mit anderen Übungen verbinden, da reines Konditionstraining sehr zeitaufwändig ist. Für einen Profitrainer, der seine Spieler morgens in den Wald schicken kann und nachmittags oder abends dann eine zweite Trainingseinheit ansetzen kann, in der die Taktik im Mittelpunkt steht, mag das kein großes Problem sein. Ein Amateurtrainer, der zwischen zwei und fünf Trainingseinheiten in der Woche ansetzen kann, kann es sich nicht leisten, die Hälfte dieser Zeit mit purem Konditionstraining zu belegen.
Die Qualität der Spieler und der Mannschaft berücksichtigen
Ein Amateurtrainer arbeitet mit Spielern, die weit entfernt sind von der Perfektion. Wäre es anders, wären die Spieler vermutlich Profis geworden. Während ein Profitrainer viele Dinge bei seiner Mannschaft voraussetzen kann, weil die Spieler meistens schon in Top-Jugendmannschaften gespielt und eine sehr gute Ausbildung genossen haben, muss ein Amateurtrainer immer davon ausgehen, dass er Spieler in seiner Mannschaft hat, die technisch und taktisch nicht besonders beschlagen sind. Erstaunlicherweise wird gerade dieser Bereich aber in vielen Amateurmannschaften kaum im Training beachtet. Dabei wäre ein gutes Technik- und Taktiktraining sehr gut dazu geeignet, relativ schnell große Fortschritte mit einer Mannschaft zu erzielen.
Ein guter Trainer schaut sich seine Spieler und die Mannschaft an und findet heraus, an welcher Stelle die größten Defizite sind. Ein großes Defizit ist immer auch mit einem großen Potenzial verbunden. Wenn Sie beispielsweise eine Mannschaft übernehmen, die im defensivtaktischen Bereich sehr schlecht agiert, können Sie mit einigen guten Trainingseinheiten bereits deutliche Fortschritte erzielen. Vielleicht ist aber auch mangelnde Kondition oder schlechtes Offensivspiel das größte Defizit. Sie sollten sich nicht an irgendwelchen Vorgaben aus dem Profibereich orientieren, sondern ganz gezielt auf Ihre Spieler und Ihr Team eingehen.
In der Vorbereitung (beinahe) professionell arbeiten
Die Vorbereitung auf die neue Saison ist, zumindest in ambitionierten Amateurvereinen, die Phase der Saison, in der Sie als Trainer beinahe unter professionellen Bedingungen arbeiten können. Sie können deutlich mehr Trainingseinheiten ansetzen als sonst und dementsprechend auch mehr Trainingsinhalte vermitteln. Allerdings sollten Sie sich auch in der Vorbereitung überlegen, ob Sie die Zeit in erster Linie wirklich dazu nutzen möchten, Kondition zu bolzen. Wenn überhaupt, sollten Sie das Konditionstraining nur in der ersten Vorbereitungsphase zum Schwerpunkt machen. Gute Amateurmannschaften unterscheiden sich von weniger guten vor allem durch taktische und spielerische Qualitäten, weniger durch konditioneller Vorteile.