Spielaufbau im 4-3-3 System: Wie schlägt man ein 4-3-3?

Das 4-3-3 ist ein System, welches den europäischen Spitzenfußball im letzten Jahrzehnt stark geprägt hat – Real Madrid konnte in dieser Formation gleich 3-mal in Folge die Champions League gewinnen. Vorne stürmten Benzema, Ronaldo und Bale. Im Mittelfeld gaben Modric und Kroos den Takt vor, während Casemiro vor der Abwehr abräumte.

Liverpool gewann die europäische Königsklasse 2019. Auch Klopps Team agierte fast im kompletten Turnierverlauf im 4-3-3. Aber das sind noch nicht alle Teams, welche den Champions League-Titel im vergangenen Jahrzehnt mit dieser Formation gewannen – auch der FC Barcelona holte 2011 und 2015 den Champions League Titel im 4-3-3.

Spielaufbau Liverpool im 4-3-3 System

Spielaufbau Liverpool im 4-3-3 System

Spielaufbau im 4-3-3

Diese Erfolge sind selbstverständlich zu sehr großen Teilen auf die Qualität der Einzelspieler zurückzuführen. Nichtsdestotrotz lohnt es sich, das 4-3-3 genauer unter die Lupe zu nehmen – immerhin vertrau(t)en Zidane, Klopp und Guardiola bei ihren Erfolgen auf dieses System.

Wir möchten einen praxis- und anwendungsnahen Blick auf den Spielaufbau im 4-3-3 werfen. Dafür haben wir 2 gängige, gegnerische Grundordnungen ausgewählt. Im Folgenden werden wir zeigen, wie man diese Grundordnungen im 4-3-3 „knacken“ kann.

Der Gegner verteidigt im 4-3-3

Agiert auch der Gegner im 4-3-3, ergibt sich im Spielaufbau folgendes Problem: die gegnerischen Außenstürmer stellen die Außenverteidiger in den Deckungsschatten. Die Schnittstellen zwischen den gegnerischen Außenstürmern und dem Mittelstürmer sind zwar bespielbar aber der Raum ist mit den beiden Achtern und dem Sechser des Gegners im Zentrum sehr eng.

Gegner spielt im 4-3-3

Lösung 1: Aufbau mit einer flachen 4

Eine Möglichkeit, das gegnerische Pressing zu umspielen, ist das Aufbauen mit flachen Außenverteidigern. Dafür lassen sich die Außenverteidiger auf die Höhe der Innenverteidiger fallen.

Spielaufbau im 4-3-3

 

Die gegnerischen Außenstürmer stehen nun vor einem Dilemma. Stellen diese die Außenverteidiger weiterhin in den Deckungsschatten, kann der Innenverteidiger problemlos nach vorne stoßen und den eigenen Außenstürmer einsetzen. Im Idealfall rückt der eigene Außenverteidiger und der ballnahe Achter mit dem Zuspiel auf den Außenstürmer sofort in Richtung Ball nach. Dadurch kann der offensive Außenspieler den Ball klatschen lassen kann und der Passempfänger kann offen zur Spielrichtung agieren.

Hält der gegnerische Außenstürmer dagegen seine Position, kann der Innenverteidiger den Außenverteidiger einbinden. Durch die flache Positionierung ist der Anlaufweg für den gegnerischen Außenstürmer dann sehr lang – folglich hat der Außenverteidiger genug Zeit, um den Ball zu verarbeiten und entlang der Linie zu spielen.

Lösung 2: Diagonale Flugbälle auf die ballferne Seite

Das ballbesitzende Team im 4-3-3 hat gegen einen verteidigenden Gegner im 4-3-3 eine Überzahl auf den Außenbahnen – zumindest im Rücken der gegnerischen Außenstürmer. Durch eine geschickte Raumaufteilung und Bewegungen in die Tiefe kann dieser Raum sehr gut genutzt werden.

4-3-3 System Diagonale Bälle

Eine Möglichkeit einen hochstehenden Gegner im 4-3-3 zu überwinden, sind diagonale Flugbälle auf die ballferne Seite. Dafür bewegt sich der eigenen Außenstürmer zunächst parallel zur Kette, um dann in den Rücken des gegnerischen Außenverteidigers zu starten. Zeitgleich startet der eigene Außenverteidiger entlang der Linie. Kann der gegnerische Außenverteidiger sich rechtzeitig nach hinten absetzen, kann immer noch der eigene Außenverteidiger in der Breite bedient werden. Verschläft der gegnerische Außenverteidiger, sich nach hinten abzusetzen, kann der eigene Außenstürmer im Rücken der Kette bedient werden.

Doch auch wenn der Gegner tiefer steht, können die diagonalen Flugbälle genutzt werden – und zwar für ein Spiel auf den 2. Ball. Dies sollte jedoch gut vorbereitet werden. Dafür sollte(n)…

  • …eine Überzahl in der Nähe des Zielspielers (ballferne Außenstürmer) geschaffen werden.
  • …Anschluss an die Gegenspieler in der Tiefe hergestellt werden, damit diese nach einem Ballverlust nicht aufdrehen können.
  • …die ballfernen Spieler zügig ins Zentrum einschieben.
  • …eine ausreichende Restverteidigung gewährleistet werden – mindestens Gleichzahl, besser Überzahl.

Tipp: Lass deine Innenverteidiger die Seite tauschen, wenn der linke Innenverteidiger ein Linksfuß und rechte Innenverteidiger ein Rechtsfuß ist. Die gegnerischen Außenstürmer laufen von außen nach innen an – dadurch können sich die Innenverteidiger für den Flugball von den Gegenspielern wegbewegen.

 Der Gegner verteidigt im 4-1-4-1

Gegner Verteidigung im 4-1-4-1

Teams, die im 4-3-3 agieren, spielen gegen den Ball oftmals im 4-1-4-1 System – dafür ziehen sich die Außenstürmer zurück auf die Höhe der Achter. Dies könnte beispielsweise eine Reaktion auf die diagonalen Flugbälle auf die Außenspieler sein. Durch das 4-1-4-1 hat der Gegner keine Unterzahl mehr auf den Flügeln. Doch auch gegen ein 4-1-4-1 gibt es effektive Lösungen im Spielaufbau.

Im 4-1-4-1 wird oftmals versucht, die ballferne Seite abzuschneiden. Dafür läuft der Mittelstürmer einen Innenverteidiger im Bogen an und der 8er schiebt raus. Dadurch gerät der Innenverteidiger unter Druck und kann das Spiel nur noch sehr schwer verlagern – der Innenverteidiger wird zu einer Lösung nach vorne gezwungen, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen dafür gut sind.

Um dieses Problem zu umgehen, kann der Sechser zwischen die Innenverteidiger abkippen. Dadurch kann die ballferne Seite nur noch schwer abgeschnitten werden und der gegnerische Mittelstürmer hat sehr weite Wege zu den Innenverteidigern, da diese mit dem Abkippen des Sechsers breiter agieren.

Mit dem Abkippen schieben außerdem die Außenstürmer in den Halbraum und die Achter aus den Halbräumen ins Zentrum.

Lösung: Das Bespielen der Halbräume

Ähnlich wie beim 4-4-2 sind auch im 4-1-4-1 die Halbräume die Schwachstellen. Dort entstehen oftmals Zuständigkeitsprobleme zwischen den zentralen und den äußeren Mittelfeldspielern und Passwege in die Tiefe.

Durch die 3 Aufbauspieler wird es für den Gegner schwer, Druck aufzubauen. Dadurch können die Innenverteidiger das Spiel immer wieder Verlagern und in den Halbräumen andribbeln. Schieben die gegnerischen Außenbahnspieler früh auf die Außenverteidiger raus, kann der eigene Außenstürmer im Halbraum angespielt werden.

Der Außenverteidiger kann den Pass auf den Außenstürmer mit einem Laufweg in die Tiefe unterstützen. Durch den Tiefenlaufweg muss der gegnerischen Außenverteidiger auch den Raum in seinem Rücken absichern – folglich wird er eher in der Kette bleiben und der Außenstürmer kann im Halbraum zwischen den Linien aufdrehen.

Geht der gegnerische Außenverteidiger dem Ball trotzdem nach, kann der Innenverteidiger die Kette einfach überspielen – in diesen Fall ist der gegnerische Außenverteidiger in der Vorwärtsbewegung und der eigene Außenverteidiger hat einen klaren Tempovorteil auf dem Weg zum Ball.

Falls der äußere Mittelfeldspieler sehr lange den Halbraum hält, kann der Innenverteidiger einfach den Außenverteidiger einbinden. Dieser kann dann beispielsweise den Außenstürmer im Rücken der Abwehr einsetzen.

Tipp: Zentrale Mittelfeldspieler haben auch bei Ballbesitz oftmals die Angewohnheit, einfach nur mit dem Ball zu verschieben. Dies ist gegen den Gegner im 4-1-4-1 jedoch kontraproduktiv. Halten die 8er das Zentrum, binden sie im Idealfall auch dort die zentralen Mittelfeldspieler des Gegners. Dadurch ist der Halbraum für die Innenverteidiger leichter zu bespielen.

 Autor: Luis Österlein

Das 4-3-3 System trainieren:

Für das Training des 4-3-3 empfehlen wir die Trainingsserie „Spielaufbau im 4-3-3 System optimieren“, die hier heruntergeladen werden kann.